Im Interview spricht der Präsident von Fortuna Köln über die vergangene Saison, die fehlende Unterstützung der Stadt Köln und die Aufstiegsreform 2025.
Hanns-Jörg Westendorf„Die Unterstützung der Stadt Köln bleibt für viele Vereine aus“

Hanns-Jörg Westendorf erhofft sich mehr Unterstützung von der Stadt Köln
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Herr Westendorf, die Saison ist seit einigen Wochen vorbei. Seitdem gab es einige personelle Veränderungen im Kölner Süden. Wie schätzen Sie das bisherige Transferfenster ein?
Hanns-Jörg Westendorf: Aktuell ist die Transferphase hektisch. Wir hatten 14 Abgänge. Bei einigen dachten wir zudem, dass wir sie halten könnten, etwa bei Stipe Batarilo. Wir haben inzwischen neun Spieler unter Vertrag genommen, wo wir eine beachtliche Mischung geschaffen haben, mit Kalibern wie Enzo Wirtz, Rafael Garcia oder Tom Geerkens. Das aber wird nicht ausreichen, daher wird in den nächsten Wochen noch etwas passieren. Wir müssen diesbezüglich aber auch beachten, was wir noch ausgeben können.
Die Offensive hat in den vergangenen zwei Wochen ein starkes, komplett neues Gesicht bekommen. Hinkt die Defensive da nicht etwas hinterher?
Aktuell haben wir in der Defensive jede Position besetzt, aber eben nicht zweifach. Matthias Mink hat da sicher noch etwas im Hinterkopf. Bis zum Trainingsauftakt in zwei Wochen kommen da noch ganz sicher zwei bis drei Spieler für die Defensive hinzu.
Hat sich die Fortuna ein Saisonziel gesetzt? Die bisherigen Neuzugänge verkörpern größere Ambitionen.
Ein Saisonziel haben wir aktuell nicht, da tun wir uns traditionell ja schwer mit (lacht). Wir setzen uns in der Vorbereitung zusammen, denn die Transferphase läuft relativ lang, da kann vieles passieren.
Fortuna erlebte durch gute Leistungen einen Zuwachs bei Zuschauern, aber gewann auch an Beliebtheit bei Sponsoren. Wie sieht die Entwicklung aus?
Die Sponsoring-Einnahmen sind dieses Jahr schon besser als in den vergangenen Jahren. Da wird wirklich gute Arbeit geleistet. Bei den Zuschauerzahlen bin ich tatsächlich überrascht, unser Schnitt lag bei etwas mehr als 3000. Da sieht man, dass Fortuna als Marke von vielen jungen Leuten in Köln angenommen wird. Da haben wir uns stark verbessert.
Sie kritisierten zum Saisonende öffentlich die Einstellung einiger Spieler. Was war geschehen?
Es fehlte der Einsatz und teils der Wille. Das Trainerteam, die Scouting-Abteilung und ich dachten alle das gleiche, dass zum Saisonende die Einstellung bei einigen Profis nicht stimmte. Das wollen wir natürlich verhindern. Inwiefern die neuen Spieler dann eine andere Einstellung mitbringen, kann man noch nicht sagen.
Nach einer starken Hinrunde erfolgte in der Rückrunde ein schon fast traditioneller Einbruch. Was muss sich ändern, damit das nicht mehr geschieht?
Wir müssen zuerst die Kaderbreite verbessern. Denn Verletzungen werden kommen. Das Zweite sind die Trainingsbedingungen, die wir verbessern müssen, besonders im Winter. Ein Trainingslager wäre eine Option, aber da müssen wir schauen, ob wir das finanziell stemmen können. Wir sind auch mit der Stadt Köln im Austausch, ob es Ausweichplätze gibt.
Sie erwähnen die Stadt Köln. Würden Sie sich mehr Unterstützung seitens der Verantwortlichen erhoffen? Denn der Jean-Löring-Sportpark macht doch teilweise einen maroden Eindruck.
Definitiv. Das gilt nicht nur für die Profis, sondern auch für die Jugend, die Frauenteams und den Breitensport. Wir haben als Verein ein großes, soziales Engagement. Doch die Unterstützung seitens der Stadt für viele Vereine bleibt aus. Die Verantwortlichen sind in der Lage, große Sportevents zu veranstalten, wohl aber nicht, Geld für den Kölner Breitensport zur Verfügung zu stellen. Große Vereine wie wir, die viele Mannschaften haben, sollten eher in den Fokus rücken. Die Events sind sicherlich schön für uns alle und die Stadt, aber die Priorisierung ist falsch. Das aber ist natürlich nicht der alleinige Grund, warum viele Kölner Vereine im Regen stehen. Wenn man sieht, wie der 1. FC Köln in der Stadt beim Aufstieg in die Bundesliga gefeiert wurde, muss man sich die Frage stellen, ob die Verantwortlichen der Stadt Köln genug für solche Aushängeschilder tun.
Welche weiteren Gründe gib es denn dafür?
Das hängt sicherlich mit der politischen Gemengelage in Köln zusammen. Die Partei der Grünen hat eine ambivalente Einstellung zum Sport. Viele der anderen Parteien würden den Sport mehr unterstützen. Zudem hat Oberbürgermeisterin Henriette Reker während Ihrer Amtszeit keine große Nähe zum Sport entwickelt. Beispielhaft ist die Situation der Hallensportler, die Hallen zum Trainieren brauchen. Die ist noch viel schlimmer als die der Fußballer. Da passiert nichts. Daher ist es kein Phänomen von Fortuna Köln, sondern ein Phänomen der Stadt Köln.
Jüngst wurde die Initiative Aufstiegsreform ausgerufen, die immer mehr Unterstützer erhält. Warum haben sich Fortuna Köln und Rot-Weiß Oberhausen der Reform angeschlossen?
Unser Ziel vereint uns mit den anderen 28 Mannschaften. Wir wollen vier Ligen mit vier Aufsteigern. Aus wirtschaftlicher Sicht sind fünf Regionalligen zu viel. Die wirtschaftliche Leistungsdichte und Ansprüche der Vereine sind dafür viel zu unterschiedlich. Bereits 2019 ging es um die Erhöhung der Aufsteiger. Da wurde bewertet, welche Regionen die meisten Fußballvereine haben. Die Regionen West und Südwest konnten die meisten vorweisen. Die Verbände aus Bayern, Nord und Nordost waren aufgefordert, ihre Regionalgrenzen zu verändern, damit dort zwei Ligen entstehen. Da fand man aber keine Einigung. Da sind die Aufstiegs-Playoffs dann ein Stück weit selbst verschuldet.
Wird durch das aktuelle System der Abstand zwischen Regionalliga-und Drittliga-Anforderungen größer?
Die derzeitige Struktur macht es uns wirtschaftlich auf jeden Fall schwer. Die Regionalliga ist eine der härtesten Ligen in Deutschland, wenn es um den Aufstieg geht. Man ist zudem ausschließlich regional tätig, überregionale Sponsoren sind schwierig zu finden. Die mediale Präsenz ist wenig ausgeprägt, besonders im Fernsehen.
In der Reform wird auch die Rolle der U-23-Mannschaften diskutiert. Eine eigene U23-Liga nach dem englischen Vorbild wird gefordert.
U-23-Mannschaften sind immer schwierig, sportlich kaum einzuschätzen und wirtschaftlich nicht interessant, weil sie wenig bis gar keine Zuschauer mitbringen. Wenn du dann sieben von den Mannschaften in einer Liga hast, ist das ein finanzieller Verlust für viele Vereine. Da muss eine Änderung her. Und das funktioniert nur in Zusammenarbeit mit DFB und DFL. Eine eigene Liga würde ich daher als Vorschlag begrüßen.