Bundesliga-KolumneJoshua Kimmichs späte Einsicht

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Joshua Kimmich fehlt dem FC Bayern bereits seit Anfang November.

Köln – Der 2:1-Arbeitssieg des FC Bayern gegen Mainz  war am Sonntagmittag bereits kein Thema mehr. Erneut stand Nationalspieler Joshua Kimmich im Mittelpunkt des Interesses. Man hätte dem Bayern-Star am liebsten zugerufen, dass er alles einfacher und anders hätte haben könne.  

Ja, zumal der 26-Jährige nach hoch emotionalen Debatten und seiner Corona-Infektion plötzlich die Kehrtwende ankündigte: Kimmich will sich nun doch impfen lassen. Laut ZDF bedauerte der Mittelfeldspieler, sich nicht früher zu dem Piks entschlossen zu haben: „Generell war es für mich einfach schwierig mit meinen Ängsten und Bedenken umzugehen, deshalb war ich auch so lange unentschlossen.“

Könnte Kimmichs Kehrtwende nun  eine öffentliche Signalwirkung in der Impffrage haben? In Deutschland sind immer noch knapp 30 Prozent der Einwohner nicht vollständig geimpft.

Weitaus besser wäre es gewesen, wenn Kimmich sein „Ja“ bereits vor Wochen gegeben hätte. Da wäre ihm, seinem engsten Umfeld und auch seinem Arbeitgeber sicherlich einiges erspart geblieben. Kimmich hatte Ende Oktober erklärt, er habe „persönlich noch ein paar Bedenken, gerade, was fehlende Langzeitstudien angeht“ und verzichtete auf die Impfung. Das hatte zuerst Folgen für den FC Bayern, der in den vergangenen Wochen wiederholt von Ausfällen ungeimpfter Corona-Kontaktpersonen betroffen war. Kimmich, der letztmals am 6. November für seine Mannschaft aufgelaufen war, wurde dann selbst positiv getestet. Und seine Corona-Infektion hat mehr Folgen als erwartet, denn wegen Lungenproblemen kann er erst im neuen Jahr wieder spielen. Zudem wäre es für die bundesweite Impfkampagne deutlich besser gewesen, wenn sich der bekannteste Impfverweigerer Deutschlands bereits vor Wochen und vor seiner Infektion zu einer Impfung durchgerungen hätte. Kimmichs Einsicht kommt spät, zu spät.

Das Siegtor gegen Mainz erzielte ein kürzlich geimpfter Nationalmannschaftskollege:  Jamal Musiala (18). Und er vergrößert die Hoffnung des FC Bayern auf weniger Corona-Turbulenzen im kommenden Jahr weiter. Das hätte wiederum Folgen für die Liga.

Trotz aller Widrigkeiten zuletzt stehen die Münchner erneut praktisch als Herbstmeister fest und bauten ihren Vorsprung auf Borussia Dortmund innerhalb von zwei Spieltagen von einen auf sechs Punkte aus. Erst bezwangen sie den BVB im Topspiel auf fremdem Platz mit 3:2, dann profitierten sie vom erneuten Patzer des Rivalen beim 1:1 bei Aufsteiger Bochum. „Das ist jetzt ein weiter Vorsprung, das wird sehr, sehr hart“, meinte BVB-Torhüter Gregor Kobel und sprach  von einer „Scheißposition“. Trotz drückender Überlegenheit  reichte es für Borussia nur zum späten Ausgleich durch Joker Julian Brandt (85.). Der machte „nicht nur Pech“ verantwortlich, sondern fehlenden Biss: „Am Ende musst du es auch wollen, musst mit mehr Überzeugung in die Bälle rein.“

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Und das ist wohl auch ein wesentlicher Unterschied zum FC Bayern, der auch nach neun Meisterschaften in Folge wie kein anderes Team in Deutschland  die notwendige Gier verkörpert.

Ganz ähnliche Charaktereigenschaften besitzt allerdings auch Dortmunds Superstürmer Erling Haaland, der man mittlerweile auf dem Platz den Frust ansieht, dass der BVB mit den Bayern wohl wieder nicht Schritt halten kann. Haaland kann Borussia im Sommer dank einer Ausstiegsklausel von 75 Millionen Euro verlassen. Doch kann oder will ein Verein das rund 300-Millionen-Euro-Gesamtpaket aus Gehalt, Ablöse und Provisionen auch bezahlen? Der FC Bayern, so kündigte es Karl-Heinz Rummenigge an, wird nicht dieser Verein sein.

Es gibt ja so einiges, das sich in der Liga derzeit schwierig erklären lässt. Eines der größten Rätsel gibt  Borussia Mönchengladbach auf: Drei Niederlagen in Folge mitsamt einer Gegentorflut. Was ist da los?

Die Abwehr präsentiert sich vogelwild, der Angriff harmlos, ein Teamgedanke ist nicht zu erkennen. Resultat sind drei Pleiten mit 2:14-Toren in Folge. Borussia ist auf Platz 13 abgerutscht und hat nur zwei  Zähler Vorsprung zum Relegationsplatz. Kurz vor Weihnachten ist es höchst ungemütlich im Borussia-Park – und dies nicht nur für den neuen Trainer Adi Hütter. lars werner

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