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Von Bielefeld zu Pep GuardiolaDie wunderbare Reise des Stefan Ortega

Lesezeit 4 Minuten
Pep Guardiola (l.), Startrainer von Manchester City, gibt dem deutschen Torhüter Stefan Ortega Anweisungen im FA-Cup-Finale gegen Manchester United.

Pep Guardiola (l.), Star-Trainer von Manchester City, gibt dem deutschen Torhüter Stefan Ortega Anweisungen im FA-Cup-Finale gegen Manchester United.

Vor einem Jahr stand Stefan Ortega noch in Bielefeld im Tor, jetzt feiert er mit Manchester City große Erfolge.

Der sportliche Erfolg hatte am vergangenen Wochenende die privaten Pläne von Stefan Ortega und seiner Partnerin Sabina durchkreuzt. Eigentlich hätte der Torhüter bereits am Samstag in Hamburg vor dem Traualtar stehen und seine langjährige Freundin heiraten sollen, doch parallel gab es einen nicht ganz unwichtigen Termin in Wembley, und dort in dem vielleicht bekanntesten Stadion der Welt.

Der gebürtige Hesse stand für Manchester City im FA-Cup-Finale gegen den Stadtrivalen United zwischen den Pfosten. In der Nachspielzeit musste der Pokal-Torhüter der „Sky Blues“ noch einmal alles aufbieten. Und rettete seinem Team den 2:1-Sieg über die Zeit.

Lange und ausgelassen feiern konnte Ortega den Cup-Gewinn allerdings nicht, noch in der Nacht flog er von Luton nach Hannover, reiste weiter nach Hamburg und ehelichte dann am Sonntag im größeren Kreis seine Sabina. Die Flitterwochen müssen indes warten, denn Ortega träumt mit City nun vom Triple. Nach dem Gewinn der Meisterschaft und des FA-Cups geht das Team von Trainer Pep Guardiola am Samstag (21 Uhr) als Favorit ins Finale der Champions League gegen Inter Mailand.

Der Werdegang des 30-Jährigen ist vielleicht kein klassisches Fußballer-Märchen, aber auf jeden Fall ein außergewöhnlicher. Denn vor rund 13 Monaten hatte Ortega sportlich noch mit den Tränen zu kämpfen. Mitte Mai 2022 hatte er das Tor beim DSC Arminia Bielefeld gehütet, doch auch der überragende Keeper konnte den Bundesliga-Abstieg nicht verhindern. Unmittelbar nach dem letzten Spiel hatte sich Ortega, dessen Vertag ausgelaufen und der somit ablösefrei war, emotional von den Fans seines langjährigen Klubs verabschiedet. Was der Torhüter damals noch nicht wusste: Während Arminia mittlerweile in die 3. Liga durchgereicht wurde und in der kommenden Saison der SC Verl der Derby-Gegner ist, steht Ortega beim derzeit wohl besten Klub der Welt unter Vertrag.

Stefan Ortega (M.), deutscher Torhüter von Manchester City, posiert mit seinen Kölner Beratern Jörg Neblung (r.) und Daniel Valdivieso (l.) mit dem engischen Meisterpokal.

Stefan Ortega (M.), deutscher Torhüter von Manchester City, posiert mit seinen Kölner Beratern Jörg Neblung (r.) und Daniel Valdivieso (l.) mit dem engischen Meisterpokal.

Größeren Anteil daran hat ein Kölner Spielerberater. Jörg Neblung brachte Ortega bei City unter. „Natürlich gab es damals für Stefan auch einige andere Optionen“, erinnert sich Neblung. Er wurde gleich bei mehreren Bundesligisten gehandelt. Sogar beim FC Bayern, doch hinter dem allgegenwärtigen Manuel Neuer, dessen schwere Verletzung damals keiner erahnen konnte, sahen Ortega und Neblung wenig Perspektive. Schalke 04 machte ernst, doch die Knappen galten schon damals als potenzieller Absteiger. Ortega lagen zwei lukrative Angebote von Mittelklasse-Klubs aus der Premier League vor, doch mit dem ersten Kontakt mit Manchester City war auch das hinfällig.

Dabei kam Ortega zugute, dass sein Berater Neblung Citys Sportdirektor Txiki Begiristain bereits seit fast 20 Jahren kennt, als der Baske beim FC Barcelona Sportdirektor war. Neblung hatte sich damals um die Belange des 2009 verstorbenen Torhüters Robert Enke gekümmert, der bei Barça unter Vertrag stand. Jetzt verhandelte der 55-Jährige wieder mit Begiristain. Erst lagen die Vorstellungen recht weit auseinander, doch man einigte sich schließlich, ab dem 1. Juli 2022 war Ortega ein City-Profi.

Hätte man mir das vor zwei Jahren gesagt, ich hätte denjenigen ausgelacht
Stefan Ortega

Und er war einer mit Aussicht auf Einsätzen. Zwar ist bei den Sky Blues der brasilianische Nationaltorhüter Ederson (29) die erste Wahl, doch angesichts der Vielzahl der Spiele und der eigenen Klasse hatte sich Ortega etwas ausgerechnet. Am Ende der Saison standen für ihn 15 Pflichtspiele zu Buche. Ortega war bei den Pokalspielen gesetzt, doch auch in der Premier League stand er gegen Saisonende in drei Partien zwischen den Pfosten, hielt stark und kassierte nur ein Tor – wie in allen FA-Cup-Spielen zusammen.

Der Wechsel zu City ist für Ortega voll aufgegangen. Mehr noch: „Wir stehen im Champions-League-Finale, haben bereits zwei Titel eingesammelt, bei einem war ich maßgeblich daran beteiligt. Hätte man mir das vor zwei Jahren vorausgesagt, hätte ich denjenigen laut ausgelacht. Das war bis hierhin ein großartiges Jahr, für das ich sehr dankbar bin“, sagt Ortega dem „Kölner Stadt-Anzeiger“.

Große Ziele: „Ich will mehr, ich bin nicht satt“

Ortega sei in England noch einmal zu einem besseren Torhüter geworden und mache Druck auf Ederson, meint Neblung. Ortega sagt zu seinen Zielen: „Das ist einfach: Ich will mehr, ich will spielen, ich bin nicht satt. Für mich geht es mit dem ersten Tag der Vorbereitung wieder darum, noch besser zu werden und es dem Trainer so schwer wie möglich zu machen, mich nicht ins Tor zu stellen. Das treibt mich an – und zwar täglich. Ab Montag ist aber erstmal Urlaub angesagt, den brauche ich auch“, sagt Ortega, der bis 2025 bei City unter Vertrag steht.

Ortega ist in der besten Liga der Welt so richtig auf den Geschmack gekommen, doch die Tristesse in Ostwestfalen lässt ihn nicht los. Kein Wunder, schließlich war er mit Ausnahme von drei Jahren bei 1860 München seit der Jugend für Bielefeld aktiv. „Bei aller Freude über unsere Erfolge mit City kann mich das alles nicht über den Abstieg der Arminia hinwegtrösten. Ich bin im Herzen immer noch Armine und ich wünsche dem Klub, dass er so schnell wieder den Weg nach oben einschlägt.“