Kommentar zur NationalmannschaftFlicks Fehlstart gegen die Feierabend-Fußballer

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Bundestrainer Hansi Flick

Köln – Aufbruchsstimmung erzeugen. Das war das übergeordnete Ziel beim Debüt des neuen Fußball-Bundestrainers Hansi Flick. Die lähmende Schwere der letzten Jahre unter Joachim Löw sollte abgeschüttelt werden. Am besten mit einem furiosen Torfestival, getrieben von neuer Lust an schnellem Fußball, wie ihn der FC Bayern nach Flicks Amtsübernahme 2019 viele Monate lang ohne Pause gezeigt hatte. Gegner Liechtenstein schien prädestiniert dafür. Der nach zahllosen Krisen in Trümmern liegende DFB hatte eine sportliche Wiederbelebung herbeigesehnt.

Nach dem über weite Strecken peinlichen Auftritt der deutschen Nationalmannschaft beim 2:0 in St. Gallen gegen das 38 000-Einwohner-Fürstentum lässt sich allerdings festhalten: Flick hat mit seiner Elf das Ziel klar verfehlt, die Gesamtsituation ist trotz des Sieges nicht besser geworden – im Gegenteil. Ein paar gute Szenen in den ersten Minuten sowie zwei mit Toren belohnte Einzelaktionen gegen die wackeren Hobbyfußballer des Weltranglisten-189. sind eine blamable Ausbeute für eine Mannschaft, die die größten Titel des Weltfußballs als Anspruch hat.

Mangelnde Selbstkritik

Knapp 80 der 90 Minuten waren eine Verweigerung der Kreativität und somit eine Fortsetzung der trüben letzten Löw-Spiele. Viel Ballbesitz, weniger Tempo und noch weniger Ideen. Dafür umso mehr schlechte Flanken ins zumeist stürmerlose Zentrum. Nur Jamal Musiala und der zuletzt harsch kritisierte Leroy Sané sorgten für einige Muntermacher im sonst eintönigen Spiel. Insgesamt war die DFB-Elf als Kollektiv um Klassen schlechter als die Summe ihrer hochtalentierten Einzelteile. Das neue Spielsystem oder die wenigen gemeinsamen Trainingseinheiten dürfen nicht als Ausreden gelten, dafür kennt ein Großteil des Kaders Flick zu gut. Zumal der Gegner allenfalls gehobenes Verbandsliga-Niveau hatte.

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Die mangelnde Selbstkritik der deutschen Stars gibt ebenfalls zu denken.  Joshua Kimmich und Timo Werner verwiesen auf den tief stehenden Gegner („so noch nie erlebt“) anstatt auf die eigenen Defizite beim Knacken des Abwehrverbundes um Daniel Kaufmann, einen Reservisten des Schweizer Viertligisten USV Eschen-Mauren.

Während sich die Liechtensteiner als gefühlte Sieger nach Spielschluss im Stile von Feierabendkickern Bier und Bratwurst mit den Fans teilten, blickt Deutschland auf die beiden nächsten WM-Qualifikations-Spiele gegen Armenien (Sonntag) und Island (Mittwoch) voraus. Hansi Flicks bemerkenswerte Aussage, es sei „keine Selbstverständlichkeit bei der Mannschaft, dass sie überzeugt ist, Tore zu schießen“, lässt viel Raum zur Spekulation.

Dem Bundestrainer muss klar sein: Es ist noch viel mehr zu tun als ursprünglich erwartet.

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