SpielerberaterStrippenzieher auf der Tribüne

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Volker Struth (v.l.), Etienne und Patrick Mandy, Mino Raiola, Jorge Mendes

Köln – Es ist Transfersaison im europäischen Fußball, und Volker Struth ist sehr gefragt. „Im Moment telefoniere ich am Tag drei Mal den Akku meines Telefons leer, und bei meinem Partner Dirk Hebel und den weiteren Mitarbeitern von SportsTotal ist das nicht anders“, sagt er.

Ständiger Dialog mit den Vereinen

Allerdings haben Berater das ganze Jahr Saison. „Viele glauben, dass jetzt Transferperiode ist und plötzlich alles losgeht. Aber tatsächlich stehen wir im ständigen Dialog mit den Vereinen. Informationen sind das wichtigste Gut in unserem Geschäft. Daher tagen wir alle zwei Wochen in unserer Kölner Agentur mit unserem Team – darunter sind Ex-Profis wie Uwe Fuchs, Oliver Kirch und Jan Schlaudraff, aber auch Scouts und weitere Berater wie Sascha Breese, Martin Vontra oder Serkan Okta – und tragen die Infos zusammen. Dann suchen wir Lösungen für die Bedürfnisse der Klubs.“

Die Strategien der Vereine sind in der Regel von langer Hand geplant. Zwar können sie das nicht immer bis ins letzte Detail umsetzen; beim 1. FC Köln steht bis heute nicht fest, obAnthony Modeste nach China wechselt oder nicht. „Aber natürlich spielen die Vereine durch, was möglich ist, wenn sie im Sommer 30 Millionen Euro zur Verfügung haben. Das ist dann die Aufgabe eines Sportdirektors. Unser Ziel ist es, den größten Stamm an Informationen zu haben und diese schnell zu verarbeiten. Die Schnellen fressen die Langsamen, das ist unser Motto.“

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Emotionale Momente

Er nimmt intensiv am Leben seiner Spieler teil, ist ständig in den Stadien unterwegs. Den letzten Spieltag der abgelaufenen Bundesliga-Saison verbrachte er allerdings in seinem Haus auf Mallorca. „Dieser 20. Mai war für mich in mehrfacher Hinsicht emotional. Ich habe es endlich mal geschafft, Zeit mit meinen ältesten Freunden auf Mallorca zu verbringen. Und dann kam so ein Spieltag.“

Der 1. FC Köln qualifizierte sich erstmals seit 25 Jahren für Europa – acht SportsTotal-Spieler stehen bei den Kölnern unter Vertrag. „Ich habe mich wahnsinnig für unsere Jungs gefreut. Aber eben auch für den Verein. Mein Herz schlägt für den FC, da mache ich kein Geheimnis draus.“ Acht Spieler aus einer Agentur – Horn, Heintz, Risse, Jojic, Rausch, Klünter, Lehmann, Özcan. „Das sind natürlich auffällig viele“, räumt Struth ein, „aber es ist einfach zu handhaben. Der Verein nimmt nach 25 Jahren wieder am internationalen Wettbewerb teil. Als wir mit SportsTotal angefangen haben, bekamen wir unter der damaligen FC-Führung (Anm. d. Red.: Meier/Overath) noch nicht einmal einen Termin.“

Von Waldschmidt über Kroos bis Reus

Aber es war nicht nur der 1. FC Köln, der mit Spielern aus Struths Kartei am letzten Spieltag einen großen Erfolg feierte. In Hamburg rettete Luca Waldschmidt den HSV mit einem Treffer in der 87. Minute vor der Relegation. Das Wochenende ging weiter: Am Sonntag wurde Toni Kroos mit Real Madrid spanischer Meister. Struth wohnt auf Mallorca im selben Ort, in dem auch Toni Kroos viele Jahre sein Haus hatte. In der Bar an der Straßenecke sah er sich das Spiel an. 

Eine Woche später gewann SportsTotal-Klient Marco Reus den DFB-Pokal – und erlitt im selben Spiel einen Kreuzbandriss. Die Achterbahnfahrt setzte sich fort: Am Samstag darauf war Struth in Cardiff, als Toni Kroos mit Real Madrid zum zweiten Mal nacheinander die Champions League gewann. „In solchen Momenten merke ich, dass die Erfolge und das Wohlergehen unserer Jungs für mich wichtiger sind als alles andere.“ Struth weiß, dass er und seine Kollegen umstritten sind. Doch er will keine Energie mehr darauf verwenden, die Öffentlichkeit zu überzeugen. „Wir führen eine Branche an, die nicht immer einen guten Ruf hat und in der sehr viel Geld verdient wird. Da ist es schwierig, bei allen beliebt zu sein.“

Zähe Verhandlungen - Gezerre um Modeste geht weiter

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Anthony Modeste verlässt das Geißbockheim.

Beim 1. FC Köln sind derzeit die Berater des Stürmers Anthony Modeste damit befasst, den Ruf der Branche weiter zu schädigen. Die Brüder Patrick und Etienne Mendy sicherten sich erst die Provision am Gehalt, das der Stürmer in den nächsten dreieinhalb Jahren in China verdienen wird – zehn Prozent von rund 35 Millionen Euro. Dann forderten sie vom 1. FC Köln weitere drei Millionen für eine Beteiligung an der Transfersumme. Was ja eine insgesamt ziemlich lukrative Woche bedeutet hätte für die Franzosen. Struth will auf den Fall nicht eingehen, „weil ich die Hintergründe nicht kenne“.

Provision richtet sich nach Spielergehalt – nicht Transfers

Tatsächlich liegt Struths Kerngeschäft in der Vermittlung von Arbeitsverträgen, wie er beschreibt. „Der größte Fehler in der Wahrnehmung der Spielerberater ist nach wie vor, dass die Leute glauben, wir verdienten nur Geld, wenn es Vereinswechsel gibt. Das ist totaler Unsinn. Unsere Provisionen richten sich nach dem Jahresgehalt der Spieler. Und da ist es egal, wo sie unter Vertrag stehen.“

Struth wird nun weiter telefonieren. Und nicht immer kommt etwas dabei heraus. „Ich habe schon tausende Gespräche und Verhandlungen geführt, an deren Ende kein Transfer zustande gekommen ist“, sagt er. „Manchmal bemühen sich gleichzeitig fünf Vereine um einen unserer Spieler. Dann passiert es eben, dass ich am Ende der Verhandlungen die vier anrufen muss, mit denen es nichts geworden ist. Solche Gespräche sind dann natürlich nicht so angenehm. Das geht den Vereinen aber genauso, denn auch dort kommt es vor, dass sie mehrgleisig planen und dem Berater dann für seinen Spieler absagen müssen“, sagt Struth.

Er weiß, dass man sich in der Branche mehrfach sieht. Und an Volker Struth kommt man nicht so leicht vorbei. „Wir haben ja noch 83 weitere Spieler im Portfolio von SportsTotal.“

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