Bayer Giants bangen um Klassenerhalt„Von uns hat bislang niemand gegen den Abstieg gekämpft“

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Germany, Bochum, 11.02.2023, Rundsporthalle, VfL SparkassenStars Bochum vs. Bayer Giants Leverkusen - Barmer zweite Basketball Bundesliga / Pro A, Haris Hujic Bayer Giants Leverkusen und Niklas Geske VfL SparkassenStars Bochum fighting for the ball Bochum Rundsporthalle Nordrhein Westfalen Germany *** Germany, Bochum, 11 02 2023, Rundsporthalle, VfL SparkassenStars Bochum vs Bayer Giants Leverkusen Barmer zweite Basketball Bundesliga Pro A, Haris Hujic Bayer Giants Leverkusen and Niklas Geske VfL SparkassenStars Bochum fighting for the ball Bochum Rundsporthalle Nordrhein Westfalen Germany PUBLICATIONxINxGERxSUIxAUTxONLY eu-images-571

Haris Hujic (rechts) steckt mit den Bayer Giants im Tabellenkeller fest.

Haris Hujic, Leistungsträger der Leverkusener Basketballer, über neue Erfahrungen im Abstiegskampf und die Aussichten.

Herr Hujic, vor dieser Saison waren viele Basketball-Fans überrascht, dass Sie aus Göttingen zurück nach Leverkusen in die ProA wechselten. Wie kam es dazu?

In Göttingen ist es wirklich unglücklich für mich gelaufen. Ich bin vor der Vorbereitung an Corona erkrankt. Mich hatte es heftig erwischt, ich habe die Auswirkungen der Erkrankung total unterschätzt.

Was hat Sie am meisten belastet?

Am schlimmsten waren die andauernde Müdigkeit und die täglichen Kopfschmerzen. Ich hatte gefühlt überhaupt keine Regenerationszeit mehr, bin überhaupt nicht in einen Rhythmus gekommen.

Wie ist dann Leverkusen ins Spiel gekommen?

In Göttingen konnte ich aus verschiedenen Gründen nicht das umsetzen oder zeigen, was ich gelernt habe. Ich habe dann überlegt, was ich danach machen sollte. Die ProA war für mich eine ernstzunehmende Alternative. Immerhin hatte ich mich dort gut behaupten können, war ein gestandener Spieler. Und ich konnte mich mehr auf mein Studium der Wirtschaftsinformatik konzentrieren. Ich habe mit Hansi Gnad telefoniert, mit dem ich ja zuvor sehr gut klargekommen war. Und dann kam eins zum anderen. Letztlich ist es hier dann aber auch anders gelaufen, als erwartet oder geplant.

Was war denn geplant?

Wir wollten oben mitspielen.

Was hat Ihrer Ansicht nach dazu geführt, dass es zur aktuellen Situation gekommen ist?

Der Ausfall von Dennis Heinzmann war natürlich gravierend (Der Center und Giants-Kapitän fehlt wegen einer Fußverletzung seit September, Anm. d. Red.). So ein Spieler würde normalerweise nicht in der ProA antreten, wenn er hier nicht Job und Familie hätte. Dazu spielt er auf der 5; das ist eine Position, auf der es schwer ist, kurzfristig ähnlich starken Ersatz zu finden. Spieler auf meiner Position gibt es – auch in den USA – wie Sand am Meer. Aber auf der Position von Dennis eben nicht.

Aber der Ausfall von Heinzmann war es ja nicht allein.

Wir hatten auch danach immer wieder mit Verletzungen und Ausfällen zu kämpfen. Außerdem darf man nicht vergessen, was die unerwartete Konfrontation mit dem Abstiegskampf in einem bewirkt.

Können Sie Letzteres näher beschreiben?

Wir sind immer noch auf vielen Positionen eine recht junge Mannschaft. Letztlich hat niemand von uns schon mal gegen den Abstieg kämpfen müssen. Das löst einen immensen Druck aus. Man hat das Gefühl, dass die Beine schneller schwer werden, dass der Kopf schneller müde wird, dass Schmerzen länger anhalten.

Wir hatten in mehreren Partien, die wir nicht gewonnen haben, einfach auch oft in 50:50-Situationen Pech. Es lief vieles gegen uns
Haris Hujic

Gab es einen Punkt in der Hinserie, an dem Sie dachten, dass es ab sofort wieder besser laufen würde?

Ja, das war nach dem Sieg gegen Jena. Da hatte ich das Gefühl, dass wir uns als Team gefunden haben. Aber dann hat sich Robert Drijencic die Bänder im Fuß gerissen, ich hatte große Schulterprobleme und Kadre Grays Hüfte war lädiert. So haben wir in Schwenningen verloren. Und saßen weiter unten drin.

Später gab es für die Giants eine Phase von fünf Siegen in Folge, was die Mannschaft tabellarisch aber nicht nach oben gebracht hat.

Auch das war frustrierend. Da gewinnst du fünf Spiele hintereinander, aber die anderen gewinnen eben auch. Wir sind irgendwie nicht vom Fleck gekommen. Außerdem hatten wir in mehreren Partien, die wir nicht gewonnen haben, einfach auch oft in 50:50-Situationen Pech. Es lief vieles gegen uns.

War der Sieg vom vergangenen Wochenende gegen Dresden ein Wendepunkt?

Das war der erste Sieg, wo es mal für uns lief. Wir konnten den Lucky Punch setzen, hatten in der entscheidenden Phase auch Glück. Danach ist die Stimmung im Team natürlich deutlich entspannter. Wir müssen jetzt nachlegen, auch gegen Nürnberg am Sonntag gewinnen.

Was erwarten Sie von Ihrem Team am Sonntag?

Nürnberg ist eine physisch sehr starke und eingespielte Mannschaft, die hart agiert. Wir müssen dagegenhalten, als Team auftreten, die 50:50-Bälle gewinnen, kämpfen und unser Herz zeigen.

Ich fühle mich als Spieler, der ein Spiel entscheiden kann. Ich bewahre auch in kritischen Situationen die Ruhe
Haris Hujic

Sollte es am Ende wieder eng werden, gehören Sie zu den Spielern, die Verantwortung übernehmen und etwa den vielleicht über Sieg oder Niederlage entscheidenden Wurf nehmen?

Ja, das würde ich. Ich fühle mich als Spieler, der ein Spiel entscheiden kann. Ich bewahre auch in kritischen Situationen die Ruhe; sehe Lücken, die genutzt werden können. Das hat sich in den letzten Jahren so entwickelt; ich bin mehr in diese Rolle hineingewachsen.

Wie unterscheidet sich der aktuelle Haris Hujic vom Haris Hujic, der vor zwei Jahren in Leverkusen unter Vertrag stand?

Meine Haare sind weniger geworden (lacht).

Und sonst noch?

Ich bin auf dem Parkett noch ein Stückchen ruhiger geworden. Das Spiel hat sich für mich verlangsamt, ich sehe Dinge früher. Aber das muss ich auch. Ich gehöre nicht zu den athletischsten Akteuren, bin nicht so stark und groß wie andere. Das war schon früher so. Also muss ich in verschiedenen Situationen schlauer sein. Ich muss erahnen, wo der nächste Pass landen soll, den ich dann abfangen kann. Wenn das nicht klappt, sieht das natürlich doof aus. Aber oft klappt es ja.

Zur Person

Haris Hujic ist zweifelsohne eine der wichtigsten Spieler im Dress der Bayer Giants. Bereits vor zwei Jahren bewies Hujic seine Klasse in Leverkusen, wurde danach vom Erstligisten Göttingen unter Vertrag genommen, wechselte nach der Saison dann aber wieder zurück in die ProA zu den Giants.

Zuvor hatte der Point Guard für Nürnberg, Oldenburg und Rostock gespielt. Hujic absolvierte mehrere Länderspiele für deutsche Nachwuchsnationalmannschaften, 2021 wurde er von Bundestrainer Henrik Rödl zu einem Sichtungslehrgang der A-Nationalmannschaft eingeladen.

Im Interview spricht der gebürtige Lüdenscheider über seine Zeit in Göttingen und die aktuelle Situation in Leverkusen. In dieser Saison stecken die Bayer-Korbjäger nach wie vor mitten im Abstiegskampf, haben aber noch die Chance, die Liga zu erhalten. Wollen sie weiter im Rennen um den Klassenerhalt bleiben, müssen sie am Sonntag (16 Uhr, Ostermann-Arena) das Heimspiel gegen Nürnberg gewinnen. Der 25 Jahre alte Hujic wird dabei eine Schlüsselrolle einnehmen.

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