KommentarNeues DAZN-Selbstverständnis macht Fan-Liebe teuer wie nie

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DAZN Mikrofon

(Symbolbild)

Köln – Die Erklärung des Sport-Streamers DAZN klingt ja zunächst einleuchtend: Das Angebot sei in den letzten Jahren stark gewachsen, der Preis aber kaum. Dies wolle man jetzt anpassen. „Es war unser Plan“, wird dem Kundenstamm wie von einem lockeren Sport-Kommentator dargelegt. Doch es gibt ein fundamentales Problem.

Nachdem DAZN im Jahr 2016 an den Start ging, hieß es im Folgejahr vom Unternehmen via Twitter noch: „Wir sind mit einem fairen Preis und werbefrei bisher gut gefahren und sehr zufrieden mit dieser Kombination.“ Vergleiche mit Netflix wurde von Nutzern gezogen. Schlichtes Angebot, niedriger Preis. Ein Erfolgsrezept.

Der Preis lag damals bei rund 10 Euro im Monat. Zuletzt hatte sich dieser auf 14,99 Euro erhöht. Aufgrund der tatsächlich stark angewachsenen Inhalte – dem Großteil der Bundesliga, der nahezu kompletten Champions League, vieler weiterer Sportarten sowie exklusiven Dokumentationen – wurde das von den Kunden nicht weiter kommentiert. Im Gegenteil: Es war immer noch ein guter Deal.

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Es kam lediglich die Sorge auf, dass der geneigte Bundesliga-Fan für ein vollständiges Fußball-Erlebnis ein weiteres Abo abschließen müsse und die Zuteilung der Spiele unübersichtlich geraten könnte. Also eher ein logistisches Problem. Der Ärger hielt sich in Grenzen.

Mit der frisch aufgetischten Preis-Struktur aber wagt das Unternehmen den Schritt zu einem ganz neuen Selbstverständnis: Erst jetzt passe der Preis zu den mannigfaltigen Inhalten, so der Slogan zur Beruhigung der vielen Kritiker im Netz. Das heißt: DAZN will sich den ganzen Aufwand, den sie mittlerweile betreiben – mit noch mehr Rechten, Shows, Dokus und stets mit Kommentatoren-Duos garnierten Sport-Events – auch entsprechend bezahlen lassen.

Wer zahlt für das aufgeblähte Sport-Programm?

Doch wie viele Kunden wollen für ein derart aufgeblähtes und zudem weiterhin unvollständiges Sport-Programm bezahlen, wenn sie sich eigentlich nur für einen vermeintlich kleinen Teil daraus interessieren? Genau diesen Eindruck erwecken zahlreiche Kommentare, welche auf Twitter unter der Mittelung von DAZN laut wurden und in ihrer Anzahl rasch steigen.

Um aus dem DAZN-Angebot das passende zu wählen, wie aus einer Bonbontüte, sei der aktuelle Preis in Ordnung. Eine Erhöhung um satte Hundert Prozent vermittele dagegen den Eindruck, jetzt auch für den Teil zahlen zu müssen, der einen gar nicht interessiere, schallt es von allen Seiten.

Ganz abgesehen von der völlig neuen Preis-Dimension, die künftig etwa ein Fan des 1. FC Köln zu tragen hätte: Die 28 terminierten Partien in dieser Saison sind exakt zwischen DAZN und Sky aufgeteilt. Für Sport-Abos beider Portale müssten wohl künftig nahe der 60 Euro bezahlt werden, um alle Spiele des eigenen Vereins sehen zu können. So teuer war Fan-Liebe im TV noch nie.

DAZN hat sich vorbehalten, seine neue Preis-Struktur letztlich rund einen Monat vor dem 31. Juli 2022 mitzuteilen. Dann wird sich zeigen, ob das Druckmittel der exklusiven Produkte für DAZN reicht, um sich sein neues Selbstverständnis auch leisten zu können.

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