Tour de FranceJumbo-Sieg ist das Verdienst von Tony Martin

Das schnellste Team am Sonntag: Jumbo-Visma mit Mike Teunissen im Gelben Trikot und Tony Martin (rechts) als wichtigem Helfer.
Copyright: dpa
Brüssel – Nach der Extrem-Belastung beginnt die Suche nach festem Boden unter der körpereigenen Sitzfläche. Das Jumbo-Visma-Team, als Letztes gestartet und mit der besten Zeit beim Mannschaftszeitfahren in Brüssel gestoppt, fand hinter dem Ziel in der Nähe des Atomiums allerdings schnell ein Plätzchen vor einer Tribüne. Da saßen die tempofesten Fahrer des Teams um den deutschen Zeitfahr-Experten Tony Martin dann völlig erschöpft nach 27 heftig schnell heruntergekurbelten Kilometern, für die sie knapp 29 Minuten benötigten, kämpften um Luft und tranken so viel Wasser wie möglich. Zwei Etappen gab es bisher bei dieser 106. Tour de France, beide hat die niederländische Auswahl gewonnen, was bedeutet, dass sie auch das Gelbe Trikot in ihren Reihen präsentieren kann – es trägt der Niederländer Mike Teunissen (26), der Sieger des ersten Tagesabschnitts am Samstag.
Das könnte Sie auch interessieren:
Jumbo-Visma duellierte sich letztlich mit dem Team Ineos, das als erste Mannschaft gestartet war und geschlossen bis zum Schluss warten musste, ob es mit dem Tagessieg klappt. Den verpassten die Briten letztlich um 20 Sekunden. Doch Ineos setzte schon ein erstes Zeichen in Bezug auf die Gesamtwertung. Während der französische Mitfavorit Thibaut Pinot mit seiner FDJ-Auswahl überraschend nur zwölf Sekunden auf Ineos um Vorjahressieger Geraint Thomas verlor, war Romain Bardet, die zweite französische Hoffnung, mit seiner AG2R-Équipe fast eine Minute langsamer als Ineos. Das ist mehr als erwartet.
Die deutsche Mannschaft Bora-hansgrohe blieb im Bereich der eigenen Erwartungen. Das Team um den deutschen Klassementfahrer Emanuel Buchmann war als Tages-Zwölfter 26 Sekunden langsamer als Ineos. „Das ist okay“, sagte Team-Mitglied Maximilian Schachmann.
Teunissen gewann die erste Etappe
Doch aus dem Team des Wochenendes ragte Mike Teunissen als Mann der ersten beiden Etappen heraus. Am Samstag hatte er bereits eine Geschichte mit einem nie erwarteten Ende geschrieben. Auch wenn es ein glückliches war, zumindest für sein Team. Teunissen ist einer der Sprint-Helfer für Dylan Groenewegen, einen niederländischen Champion mit bereits zehn Tageserfolgen in diesem Jahr. Monatelang hatte sich Jumbo-Visma auf den Samstag in Brüssel vorbereitet, doch dann fiel Groenwegen nach einem Sturz rund 1,5 Kilometer vor dem Ziel in Brüssel aus.
Groenwegen also raus, Jumbo-Visma und Hollands Chancen auf das erste Gelbe Trikot seit 30 Jahren waren dahin. So schien es zumindest. Doch nur wenige Augenblicke später gab es tatsächlich doch noch eine Erlösung auf mehreren Ebenen, weil Teunissen die Situation ausnutzen konnte. Er schaffte es zu den Führenden, bekam den Hinweis, dass Groenewegen ausgefallen ist und er nun freie Fahrt hat.
Dann fuhr er einen klugen Sprint im Windschatten der Favoriten und schaffte es in letzter Sekunde doch noch vorbei an dem Slowaken Peter Sagan zum Tagessieg. Nach seinem Coup staunte Teunissen noch lange über sich selbst: „Ich kann das wirklich noch nicht glauben. Etappensieg. Gelb. Nein, das kann nicht wahr sein.“
Verdienst von Tony Martin
Anschließend meldete sich der Vater des Siegers per Telefon, freute sich sein bester Freund jubelnd im Zielbereich, indem er Teunissen unaufhörlich umarmte, während Teunissens Freundin mit dem Stofflöwen kuschelte, den der Träger des Gelben Trikots bei der Siegerehrung als Zusatzgeschenk erhält.
Der Erfolg vom Sonntag wiederum war auch ein Verdienst von Tony Martin, Teunissen betonte das: „Seine Erfahrung hat uns sehr geholfen.“ Schon im Wintertrainingslager, berichtet Martin, habe man auf den Sonntag von Brüssel hingearbeitet, was für ihn bedeutet: „Ich wollte dieses Team-Zeitfahren gewinnen. Ein zweiter Platz hätte mich enttäuscht.“ Diese Enttäuschung hat er sich auch durch seine außergewöhnliche Arbeit als Team-Lokomotive erspart: „Ich war schon sehr häufig vorne im Rennen, ich war mit Wout van Aert der Leistungsträger. Das ist aber auch mein Job.“