Raserunfall auf dem Auenweg„Die Trauer über Miriams Tod wird immer bleiben“

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Ein weißes Fahrrad, Blumen und Kerzen am Rand des Radwegs entlang des Auenwegs in Köln-Mülheim erinnern an die verstorbene Miriam Scheidel

Andenken am Auenweg: Hier erfasste ein Raser die 19-jährige Miriam auf ihrem Fahrrad.

Als bei einem illegalen Rennen ein Auto ins Schleudern kommt, erfasst es die 19-jährige Miriam auf ihrem Fahrrad. Marita Scheidel berichtet bei „True Crime Köln“ über ihre Trauer und Wut nach dem Tod der Tochter.

„Es reichen kleine Trigger. Dann wird alles wieder hochgeholt.“ Auch acht Jahre nach dem Tod ihrer Tochter könne sich ein Gefühl einstellen wie beim Überbringen der Nachricht durch die Polizei am 14. April 2015, sagt Marita Scheidel. „Das ist nicht lange her. Die Trauer wird immer bleiben.“ Wäre die 19-jährige Miriam ein paar Sekunden früher oder später am Mülheimer Auenweg gewesen, würde sie vielleicht noch leben. Ein junger Mann hatte bei einem illegalen Autorennen die Kontrolle über sein Auto verloren. Er knallte gegen den Bordstein, schleuderte quer über die Fahrbahn auf den Radweg, wo ihm Miriam entgegenkam. Sie war auf dem Weg von der Universität nach Hause. Marita Scheidel und ihr Mann warteten mit dem Abendessen.

Kurze Zeit nach dem Tod ihrer Tochter entschied sich Marita Scheidel dazu, an die Öffentlichkeit zu gehen. „Ich musste zeigen, wer sie gewesen ist“, sagt sie in der neuen Folge der Podcast-Reihe „True Crime Köln“. In den Berichten damals sei immer anonym von einer Radfahrerin die Rede gewesen. Sie wollte dem Opfer ein Gesicht und einen Namen geben.

Die neue Folge hören:

Scheidel schrieb alles auf, was ihr durch den Kopf ging. So entstanden beeindruckende Texte, die der „Kölner Stadt-Anzeiger“ abdruckte. Bewegend ist auch, was sie im Interview über ihre Trauer und ihre Wut erzählt. Ganz bewusst würden sie und ihr Mann immer wieder an den Ort des Unfalls gehen, wo bis heute ein weißes Fahrrad, Blumen, Kerzen und Zettel an Miriam erinnern. Ihr sei wichtig, dass dieses Mahnmal dort am Auenweg bleibe.

Milde Urteile sorgten für Protestwelle

Der Prozess und vor allem das erste Urteil gegen die beiden Raser vom Auenweg sorgte für bundesweite Aufmerksamkeit. Sie wurden wegen fahrlässiger Tötung verurteilt, kamen zunächst mit einer Bewährungsstrafe davon. „Mein Kind ist tot und die sind schuld. Und gehen trotzdem aus dem Gerichtssaal nachhause“, erinnert sich Scheidel daran, was sie damals dachte. Ihre Entrüstung über das Urteil, das der Richter sogar als „hartes Urteil“ bezeichnet hatte, teilten viele. Auf Bundesebene befeuerte es die Debatte um härtere Strafen für Raser.

Im Prozess waren Miriam Eltern als Nebenkläger aufgetreten, um die tote Tochter zu „vertreten“. Im März 2018 kam es zu einem neuen Verfahren. Diesmal wurden die Raser zu Gefängnisstrafen verurteilt. Noch einmal ging einer der Angeklagten erfolglos in Revision. „Jämmerlich“ sei das Verhalten der Täter gewesen, sagt Scheidel. Sie hätten zu ihrem Fehler stehen müssen. Die lange Verfahrensdauer sei „unnötig und schmerzhaft“ gewesen. „Es ist ein allgemeines Problem der Justiz, dass die Opfer zu wenig beachtet werden“, findet sie.

Bei „True Crime Köln“ berichtet Marita Scheidel im Gespräch mit Helmut Frangenberg auch von ihrer Zusammenarbeit mit der Kölner Polizei bei einem Präventionsprojekt an Schulen. Polizeireporter Tim Stinauer ordnet die Gerichtsurteile vor und nach der Verschärfung der Gesetze ein und gibt einen Einblick in die aktuelle Raserszene.

Die neue Folge von „True Crime Köln“ hören Sie überall, wo es Podcasts gibt, und über die Homepage des „Kölner Stadt-Anzeiger“.

www.ksta.de/true-crime-koeln

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