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Uneinige VerbündeteTrump und Erdogan diskutieren über fünf heikle Themen

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US-Präsident Donald Trump und der türkische Präsident Erdogan (Archivbild).

Trump und Erdogan geben sich immer wieder harmonisch, doch es geht bei ihrem Treffen im Weißen Haus um schwierige Themen. (Archivbild)

US-Präsident Trump und der türkische Präsident Erdogan diskutieren im Weißen Haus über fünf heikle Themen, darunter Gaza, Ukraine und Rüstung.

„Freund“, „geschätzter Kollege“ - mit warmen Worten umschmeicheln sich US-Präsident Donald Trump und der türkische Präsident Recep Tayyip Erdogan im Vorfeld ihres Gesprächs in Washington. Erstmals seit 2019 wird der Präsident aus Ankara im Weißen Haus empfangen. Doch die beiden Präsidenten trennt vieles. Um diese fünf Knackpunkte könnte es bei ihrem Treffen gehen:

Gaza-Krieg

Besonders der Krieg im Gazastreifen birgt Spannungen im Verhältnis zwischen Donald Trump und Recep Tayyip Erdogan. Während Trump klar an der Seite Israels steht, zählt Erdogan zu den schärfsten Kritikern des israelischen Ministerpräsidenten Benjamin Netanjahu. Immer wieder zieht er Vergleiche mit Hitler und bezeichnet Netanjahu als „Schlächter von Gaza“. In seiner Rede vor der UN-Vollversammlung in New York warf Erdogan Israel erneut „Völkermord“ und eine gezielte Vertreibung der Palästinenser vor.

Vertriebene Palästinenser fliehen zu Fuß und in Fahrzeugen aus dem nördlichen Gazastreifen und tragen ihre Habseligkeiten entlang der Küstenstraße in der Nähe des Wadi Gaza.

Vertriebene Palästinenser fliehen zu Fuß und in Fahrzeugen aus dem nördlichen Gazastreifen und tragen ihre Habseligkeiten entlang der Küstenstraße in der Nähe des Wadi Gaza.

Erdogan sieht sich als Stimme der Palästinenser in der muslimischen Welt. Zudem pflegt er enge Kontakte zur Hamas, gegen die Israel im Gazastreifen militärisch vorgeht. Medienberichten zufolge halten sich auch führende Hamas-Mitglieder in der Türkei auf.

Nach einem israelischen Luftangriff auf Hamas-Funktionäre in Katar Anfang September wird auch über mögliche Angriffe auf Hamas-Strukturen in anderen Ländern spekuliert, etwa in der Türkei. Ob Erdogan hochrangigen Hamas-Mitgliedern weiterhin Schutz gewährt, könnte ein sensibles Thema bei einem Treffen mit Trump werden.

Ukraine-Krieg

Die Türkei unterhält enge Beziehungen sowohl zu Russland als auch zur Ukraine und nimmt dabei eine Sonderrolle ein: Sie beteiligt sich nicht an den westlichen Sanktionen gegen Moskau und importiert weiterhin große Mengen günstiger russischer Energie. Aus Sicht von Donald Trump ist das hochproblematisch, denn die Energieeinnahmen helfen Russland, seinen Krieg fortzusetzen.

Washington reagierte mit verschärftem Druck: Neue US-Sanktionen gegen Russland stehen unter der Bedingung, dass auch Partner wie die Türkei russische Energielieferungen stoppen und höhere Zölle auf chinesische Waren einführen.

Auf diesem Foto des ukrainischen Katastrophenschutzes vom Samstag, 20. September 2025, sieht man brennende Autos nach einem russischen Angriff in der Region Kiew.

Brennende Autos nach einem russischen Angriff in der Region Kiew.

Gleichzeitig präsentiert sich Ankara als Vermittler im Ukraine-Krieg. Die Türkei war bereits mehrfach Gastgeber von Friedensgesprächen – und Erdogan signalisiert Bereitschaft, auch ein direktes Treffen zwischen Trump und Russlands Präsident Wladimir Putin zu organisieren. Ein solches Gipfeltreffen brächte ihm nicht nur internationales Prestige, sondern könnte auch von innenpolitischen Problemen ablenken, etwa der jüngsten Verhaftungswelle gegen Oppositionspolitiker.

Rüstung

Beim Thema Rüstung dürfte es vor allem um den langjährigen Streit über Kampfflugzeuge gehen. Die Türkei war ursprünglich Partner im US-geführten F-35-Programm, wurde jedoch 2019 ausgeschlossen, als Reaktion auf den Kauf des russischen Luftabwehrsystems S-400, das aus Sicht der USA ein Sicherheitsrisiko für die Nato darstellt.

F-35 Tarnkappenjets der Rüstungsschmiede Lockheed Martin aus den USA mit einem Radargerät des Rüstungsunternehmens Hensoldt sind bei der Raumfahrtausstellung (ILA) ausgestellt.

F-35 Tarnkappenjets aus den USA sind bei der Raumfahrtausstellung (ILA) ausgestellt.

Ankara setzt dennoch auf eine Rückkehr ins F-35-Projekt und drängt zugleich auf eine Modernisierung der eigenen F-16-Flotte. Nach langem Zögern stimmten die USA Anfang 2024 einem milliardenschweren Deal über neue F-16-Jets zu, unmittelbar nachdem die Türkei dem Nato-Beitritt Schwedens zugestimmt hatte.

Syrien

Syrien war in den vergangenen Jahren immer wieder ein Reizpunkt im Verhältnis zwischen Ankara und Washington. Besonders die US-Unterstützung für die kurdische YPG-Miliz im Kampf gegen den IS sorgte für Spannungen. Die Türkei stuft die YPG als terroristischen Ableger der verbotenen PKK ein, entsprechend scharf fiel die Kritik aus.

Ein zweijähriges syrisches Flüchtlingskind, kommt mit ihrer Familie am Abflugort in Beirut an, wo sie sich auf die Heimreise vorbereiten.

Dreihundert syrische Flüchtlinge kehrten in der zweiten Phase eines organisierten Programms zur freiwilligen Rückkehr zurück, das vom UNHCR und der IOM unterstützt wird.

Doch mit dem Machtverlust des Assad-Regimes haben sich die Interessen beider Seiten angenähert. Sowohl die USA als auch die Türkei setzen inzwischen auf Stabilisierung in Syrien und wollen verhindern, dass der IS erneut an Einfluss gewinnt. Für Trump bleibt die Türkei ein strategisch wichtiger Nato-Partner in der Region, gerade im Hinblick auf die Machtbalance gegenüber Iran und Russland.

Boeing-Deal

Auch ein möglicher Großauftrag für den US-Flugzeugbauer Boeing steht laut Trump auf der Tagesordnung. Konkret geht es um den Verkauf von bis zu 300 Maschinen an die halbstaatliche Turkish Airlines. Die türkische Opposition wirft Präsident Erdogan vor, sich mit dem milliardenschweren Deal ein politisch vorteilhaftes Treffen mit Trump erkauft zu haben. Erdogan weist diesen Vorwurf zurück.

Turkish Airlines erklärte auf Anfrage, es handele sich um langfristige Verhandlungen, eine Entscheidung sei noch nicht gefallen.