Künftig über KreisdurchschnittWachtberg erhöht die Steuern kräftig

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Das Rathaus der Gemeinde Wachtberg in Berkum.

Wachtberg – Die lang aufgeschobene Steuererhöhung wird in Wachtberg nun nicht nur nachgeholt, sondern unerwartet kräftig ausfallen. Die Kommune will schon mit dem Haushalt 2022 die Hebesätze beim Gewerbe um 80 Punkte auf künftig 520 Prozent hinaufsetzen, bei der Grundsteuer B um 175 Punkte auf 695 Prozent. Die Grundsteuer A soll um 95 Punkte auf 380 Prozent steigen.

Im Juni vorigen Jahres empfanden die Kommunalpolitiker den Geldbedarf der Gemeinde schon als so drängend, dass sie die eigentlich erst für 2023 vorgesehene Erhöhung vorzogen. Aber da ging es noch um einen Hebesatz von 610 Prozent bei der Grundsteuer B und um 490 Prozent beim Gewerbe. Den Antrag für die nochmalige Erhöhung stellten die Grünen jüngst im Haupt- und Finanzausschuss. Und sie fanden eine Mehrheit.

Die Gemeinde hatte ihrerseits eine mäßigere Erhöhung vorgeschlagen, die knapp zwei Millionen Euro an Mehrerträgen versprach. Dabei hätten die Hebesätze (Grundsteuer A und B sowie Gewerbe) bei 360, 650 und 500 Prozent gelegen. Doch sie hatte schon angedeutet, dass diese Einnahmen nicht reichen würden, um den Haushalt auszugleichen. Bereits im Bereich der „ordentlichen Aufwendungen“ seien im Vergleich zum Haushaltsplan für 2021 Kostensteigerungen von insgesamt 1,5 Millionen Euro entstanden.

Wie die Gemeinde Wachtberg erklärte, liege dies vor allem an den „Transferleistungen“ für Jugendamt und ÖPNV von 0,8 Millionen Euro, Abschreibungen von etwa einer halben Million und etwa 200 000 zusätzlichen Euro für das Personal. Zudem hätten sich Preissteigerungen und Tariferhöhungen bemerkbar gemacht.

Grüne sprechen von später Einsicht der CDU

Dem Haupt- und Finanzausschuss teilte die Gemeinde darum mit: „Auch in den Folgejahren werden die beeinflussbaren Ausgabeansätze weitestgehend konstant gehalten, dennoch verschlechtert sich die Haushaltssituation kontinuierlich.“ Trotz „rigoroser Ausgabendisziplin“ seien durch neue gesetzliche Aufgaben die Ausgaben weiter gewachsen.

Der Grünen-Fraktionschef Oliver Henkel begründete die deutliche Steuererhöhung mit der „späten Einsicht“ seines Partners in der Mehrheitskoalition, der CDU. Die hatte noch im vorigen Wahlkampf „keine Steuererhöhung“ versprochen und – um zu ihrem Wort zu stehen – eine Anhebung auch so lange wie möglich herausgezögert.

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Dies gilt mit als ein Grund, warum die Hebesätze in Wachtberg bislang unter dem Kreisdurchschnitt lagen. Der liegt laut Gemeinde bei 365 (Grundsteuer A), 665 (Grundsteuer B) und 503 Prozent (Gewerbe), wird aber zwangsläufig auch merklich steigen, wenn Wachtberg künftig bei allen drei Werten den Mittelwert überschreitet. Die auf Vorschlag der Grünen durchgesetzten neuen Hebesätze sollen dazu führen, dass Wachtberg nach einigen Jahren im Minus im Jahr 2025 wieder ein knappes Plus von 200.000 Euro hat. Das würde der Gemeinde ein Haushaltssicherungskonzept ersparen und die eigenständige Verwaltung des Geldes bewahren.

Gemeinde empfahl neue Bau- und Gewerbegebiete

Die Gemeinde hatte empfohlen, sich bei Investitionen zu beschränken oder neue Bau- und Gewerbegebiete auszuweisen. Die FDP hat der weiteren Grundsteuererhöhung zugestimmt. „Es ist aus unserer Sicht ganz nüchtern so, dass es anders nicht geht“, erklärte sie anschließend schriftlich: „Es rächt sich jetzt, dass Wachtberg über viele Jahre die niedrigste Grundsteuer aller Kommunen des Rhein-Sieg-Kreises gehabt hat.“ Die FDP findet es „befremdlich, dass die Bürgermeistermehrheit die Mehreinnahmen nicht für eine Atempause beim Auftürmen von Kassenkrediten nutzen“ wolle.

Die Liberalen fordern mehr Personal für Gewerbeflächen und öffentlichen Wohnungsbau, kritisieren aber Neueinstellungen, vor allem im Ordnungsdienst. Die Gewerbesteuererhöhung lehnte die FDP als „ungerecht“ ab,  denn selbstständigen Handwerker müssten dann mehr zahlen, niedergelassene Ärzte, Rechtsanwälte und andere freie Berufen aber nicht.

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