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Informatik-ProjektKölner Initiative macht Grundschulkinder digital fit

Lesezeit 4 Minuten

Saalim, Schüler der GGS-Rosenzweigschule in Zollstock, ist begeistert von dem Programmier-Projekt.

Die Bildungsinitiative „codiviti education“ bietet Informatik-Projekttage an Grundschulen an

„Ich finde es sehr schön, dass ich mir eine Geschichte ausdenken und dann am Computer die Figuren lebendig werden lassen kann“, sagt Denisa, 8, und auch ihre Klassenkameradin Evelin hat Spaß: „Am liebsten würde ich das in jedem Fach machen, dann geht die Stunde schneller vorbei.“ Denisa und Evelin besuchen die dritte Klasse der GGS-Rosenzweigschule in Zollstock und sind begeistert. Denn heute Vormittag stehen ausnahmsweise Programmierer auf dem Stundenplan.

Das klingt für eine dritte Klasse zunächst sehr anspruchsvoll. Ist es aber nicht. Denn für sein Sprachförderprojekt hat der Verein „codiviti education“ einen spielerischen Ansatz gewählt. Unter fachlicher Anleitung haben die Grundschulkinder zunächst einen Text gelesen und ihn anschließend digital in eine Geschichte „gegossen“.

Kölner Grundschulkinder fit für die Zukunft machen

Die Idee zu dem Projekt stammt von Irena von Boxberg. Die technikaffine Mutter erkannte früh, dass die Digitalisierung in großen Schritten voranschreitet, jedoch nicht für Kinder. Aus Ermangelung an Technik-Angeboten für ihre geeigneten Kinder gründete die Kommunikationsdesignerin vor vier Jahren die gemeinnützige Bildungsinitiative „codiviti education“, um Grundschulen Informatik-Projekttage anzubieten. „Wir sehen unser Angebot auch als eine Art Prävention. Kinder lernen, Handys und I-Pads schnell zu bedienen und Inhalte zu konsumieren. Das ist aber passiv. Wir möchten, dass sie lernen, die Inhalte aktiv zu gestalten.“

Alessia und Denisa präsentieren ihre Programmier-Künste

Das kommt bei den Grundschulkindern in Zollstock sehr gut an. Vorgegeben wurde ihnen lediglich ein grober Rahmen. Da gab es den Hund, der in einem Zimmer allein mit einem Geburtstagskuchen war oder eine Rakete, die im Weltall einem Apfel begegnete. Die Kinder sollten zu diesen wenigen Grundinformationen eine Handlung entwickeln und bildlich programmieren. Der achtjährige Saalim lässt sich an diesem Vormittag nicht ablenken, tippt rasch und zielsicher auf dem I-Pad herum, um die Rakete in Bewegung zu setzen, schießt die richtigen Puzzleteile, auch die digitalen Befehle, ineinander und schon schießt die Rakete ins Weltall. Auch die anderen Kinder der Klasse 3b tüfteln und tüfteln.

Lernen, gestalterisch mit digitalen Medien umzugehen

Nach vier Stunden präsentierte jedes Kind seine selbstständig programmierte Geschichte. Obwohl alle Kinder die gleichen Vorgaben hatten, fiel jede Geschichte anders aus. Mal hatte die Rakete den Astronauten vergessen und musste wieder zurück, mal traf sie den Apfel und knabberte ihn genüsslich an. Georg Urban, der Klassenlehrer der 3b und Schulleiter der Rosenzweigschule, ist begeistert, mit welcher Konzentration die Kinder an die Sache herangegangen sind, wie schnell und fantasievoll sie eine Geschichte entwickelt haben: „Ich bin sehr zufrieden. Ich finde, dass Kinder lernen sollten, mit den digitalen Medien gestalterisch umzugehen. Die Entscheidung, diesen Input von außen in die Schule zu bringen, war genau richtig.“

Irina von Boxberg

Ich möchte viele Kinder erreichen, damit sie schon in jungen Jahren wissen, wie die digitale Welt funktioniert und durch unseren Input für ihre berufliche Zukunft profitieren. Am liebsten würden wir in allen Kölner Grundschulen kostenlose Projekte anbieten, doch dafür brauchen wir Spenden
Ichrena von Boxberg, Gründerin der Bildungsinitiative „codiviti education“

„Codiviti education“ arbeitet in Grundschulen mit „ScratchJR“, einer Programmiersprache, die speziell für Kinder zwischen acht und 14 Jahren entwickelt wurde, um ihnen einen spielerischen Einstieg in die Welt der Informatik zu ermöglichen. Die App bietet eine Vielzahl an Symbolen, Figuren und Hintergründen, mit denen Kinder eigene interaktive Geschichten und Spiele gestalten können.

Grundschulkinder programmieren spielerisch eigene PC-Geschichten

Die App ist sehr einfach zu bedienen, die Lehrenden lernen bei dem Projekt mit und können mit den Schülern auch ohne Fortbildung weiterarbeiten. „Ich freue mich, wenn Lehrkräfte und Schüler mich nach einem Jahr anrufen und sagen: ‚Wir haben weitergemacht und die Programmierung in den Deutsch-, Mathe- oder Sachunterricht eingebunden‘. Wir möchten den Schulen einen Anstoß geben, Kinder auf die Zukunft vorbereiten und auch die Mädchen für digitale Themen begeistern“, sagt „coviditi“-Geschäftsführerin Irena von Boxberg.

„Codiviti“ hat in Köln bereits zahlreiche Grundschulen in sozialen Brennpunkten besucht, denn von Boxberg und ihr Team sind davon überzeugt, dass sie mit kreativer Technikvermittlung auch zur sozialen Gerechtigkeit beitragen. Und einen Beitrag zur Medienkompetenz leisten. „Ich möchte viele Kinder erreichen, damit sie schon in jungen Jahren wissen, wie die digitale Welt funktioniert und durch unseren Input für ihre berufliche Zukunft profitieren. Am liebsten würden wir in allen Kölner Grundschulen kostenlose Projekte anbieten, doch dafür brauchen wir Spenden.“

Kölner Projekt besucht Grundschulen in sozialen Brennpunkten

Die Initiative ist gemeinnützig, die Projekte werden bisher noch nicht vom Land gefördert, sondern ausschließlich über Spenden finanziert. Neben Projekttagen bietet der Verein auch Ferienprogramme, Workshops für Lehrende und Informationsabende für Eltern an. „Die Technik rast, jetzt kommt mit der KI die nächste Herausforderung, das alles kann das Lehrerkollegium nicht allein bewältigen. Deshalb sind solche Projekte sehr wichtig. Sie regen dazu an, neue Schritte zu gehen. Für den traditionellen Deutschunterricht ist diese Methode eine Bereicherung: Die Kinder überlegen sich eine Geschichte, setzen diese programmierend um, um sie dann wieder analog aufzuschreiben. So fördern wir weitere Kompetenzen“, sagt Urban.

Alle Beteiligten sind sich einig darüber, dass Kinder möglichst wenig Zeit am Bildschirm verbringen sollten, dass digitale Bildung aber dennoch ein fester Bestandteil des regulären Unterrichts sein sollte. Da das Angebot sehr niederschwellig ist, erreicht es außerdem wirklich alle Kinder. Auf die Frage, wie es den Kindern gefallen hat, strecken alle ihre Arme in die Luft. Wenn es nach ihnen geht, dürfte ich gerne öfter „Programmieren“ auf dem Stundenplan stehen.