Integration durch AustauschAllein im italienischen Baumarkt

Der Kölner Emre Ok bei der Arbeit im Lager eines italienischen Baumarktes in Forli
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Köln – Der Anfang war für Emre Ok (20) schwer. Beim achtwöchigen Praktikum im italienischen Forli in der Nähe von Florenz war er gezwungen, ganz allein klarzukommen. Zum ersten Mal in seinem Leben. Im Rahmen des Austausch-Programmes „Integration durch Austausch“ (IdA) musste er nicht nur neue Anforderungen im Job – im Lager eines italienischen Baumarktes – zurechtkommen, sondern auch sein Leben alleine regeln. 100 Euro Taschengeld und ein Platz im Studentenwohnheim – viel mehr Hilfe gab es nicht. Bislang hatte der 20-Jährige zu Hause gelebt und musste sich um wenig mehr als die Schule kümmern. „Ich habe viel gelernt“, sagt Emre.
Im Programm IdA absolvieren zwei bis drei Dutzend junge Kölner ab 18 Jahren Praktika in Betrieben im europäischen Ausland. Vier bis acht Wochen müssen sie sich in einer für sie fremden Welt zurechtfinden, lernen die Sprache und die kulturellen Besonderheiten des Gastlandes kennen, packen im Betrieb mit an und trainieren Schlüsselqualifikationen wie Pünktlichkeit und Zuverlässigkeit.
Damit er am Programm teilnehmen konnte, musste Emre erst einmal Überzeugungsarbeit leisten: „Meine Eltern waren zunächst dagegen. Sie dachten, mir könnte in Italien etwas passieren.“ Schließlich gaben sie aber nach und für Emre begann ein spannender und manchmal anstrengender Aufenthalt. „Der totale Horror war für mich, dass ich meine Wäsche allein waschen musste“, sagt der 20-Jährige. Auch an die Essgewohnheiten der Italiener musste er sich gewöhnen: „Ich mag Pasta eigentlich sehr gern. Aber die Leute in Forli haben dreimal am Tag Nudeln gegessen. Morgens, mittags und abends.“ Auch die zweistündige Siesta, die im Betrieb eingehalten wurde, war für Emre zunächst gewöhnungsbedürftig.
Praktikum zeigt, dass man motiviert ist
Auch Zarko Prastalo (18) hat den Aufenthalt in der Küche eines Kindergartens in Forli für sich genutzt. Außer Sprachkenntnissen hat er mitgenommen, dass er sein Leben selbst in die Hand nehmen kann. Das schafft Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten und werde ihm auf der Suche nach einer Ausbildungsstelle helfen, sagt der junge Mann.
Aufgelegt wurde das Programm IdA vom Bundesministerium für Arbeit und Soziales und vom Europäischen Sozialfonds, durchgeführt wird es von örtlichen Trägern – in Köln ist das der katholische Verband für Mädchen und Frauensozialarbeit Köln (Invia), der mit Partnerorganisationen im Ausland zusammenarbeitet. Damit sie nicht unvorbereitet ins kalte Wasser springen müssen, gibt es zuvor eine achtwöchige Schulung. Während der Schulung erhalten die jungen Menschen Sprachunterricht, Länderkunde und interkulturelles Training, erläutert Invia-Projektleiterin Claudia Deppe. Nach dem Aufenthalt im Ausland absolvieren sie ein weiteres Praktikum in einem deutschen Betrieb. Ziel ist es, die Frauen und Männer schnell in eine Ausbildung oder Arbeit zu vermitteln. Viele hätten ohne das Programm auf dem Arbeitsmarkt nur schlechte Chancen, so Deppe.
Die Erfolgsquote des IdA-Projektes ist hoch: Von den 100 Jugendlichen, die in den vergangenen drei Jahren teilnahmen, konnten 36 in eine Ausbildung und 13 in ein Praktikum vermittelt werden. Weitere 23 gingen auf eine weiterführende Schule, 15 absolvierten berufsqualifizierende Maßnahmen. Emre ist seit Oktober wieder in Köln, hat schon ein Praktikum beim Wärmestrahler-Hersteller Schwank gemacht und dort Lob für sein Auslandspraktikum erhalten. „Die haben gesagt, ein solches Praktikum zeigt, dass man motiviert ist“, sagt Emre. Sein Engagement könnte sich weiter auszahlen: Möglicherweise wird er im Sommer eine Ausbildung bei Schwank beginnen.