Bayers Glyphosat-EinigungRechtsrisiken lassen sich beseitigen, der Imageverlust nicht

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Bayer hat auch mit einem Imageschaden zu kämpfen.

  • Die Glyphosat-Einigung kostet Bayer fast zehn Milliarden Euro.
  • Existenzielle Gefahr besteht somit nicht mehr für das Unternehmen, Bayer-Chef Werner Baumann würde nun gerne öfter über andere Themen sprechen.
  • Doch das Thema wird den Konzern weiter beschäftigen. Der Imageverlust lässt sich nicht so einfach beseitigen, kommentiert Wirtschaftsredakteur Hendrik Geisler.

Köln – Mit der fast zehn Milliarden Euro teuren Glyphosat-Einigung gelingt es Bayer, die schwerste Krise der Unternehmenshistorie abzuschließen. Auch wenn einzelne Verfahren die Leverkusener noch über Jahre begleiten werden, hat der Pharma- und Agrarchemieriese das Schlimmste überwunden. Dass Bayer es schafft, neben Glyphosat auch die rechtlichen Streitigkeiten um das Pflanzengift Dicamba und Monsantos PCB-Vergangenheit beizulegen, ist beachtlich. Selbst langjährige Beobachter des Unternehmens überraschte die Nachricht, dass nach turbulenten Jahren gleich an drei rechtlichen Fronten Ruhe einkehren soll.

Der Konzern, der sich inzwischen fast vollständig auf die Themen Gesundheit und Ernährung fokussiert, ist in der Corona-Pandemie gut aufgestellt. Schließlich decken sich Bayers Fokusthemen mit jenen Bedürfnissen, die selbst in schwersten Krisen erfüllt werden müssen. Dieser Schwerpunkt und die Tatsache, dass Bayer sich nun endlich auf das operative Geschäft konzentrieren kann, lässt den Leverkusener Konzern positiv in die Zukunft blicken. Für die Wirtschaft in der Region und bundesweit ist es eine gute Nachricht: Während die altehrwürdige Lufthansa vom Staat gerettet werden muss, um zu überleben, die Chemische Industrie schwer zu kämpfen hat und Digital-Aufsteiger Wirecard vor einem Scherbenhaufen steht, gereicht Bayer plötzlich zum Lichtblick.

Auch weil der Konzern seine Tiermedizin-Sparte für 7,6 Milliarden Dollar verkauft, gelingt es ihm wohl, die finanzielle Last der Einigung ohne neuerlichen Kahlschlag beim Personal zu schultern. Das ist für den Moment ein gutes Zeichen, Jubelrufe sind dennoch nicht angebracht – schließlich werden seit 2018 weltweit 12.000 Jobs gestrichen. Alleine in Deutschland fällt mehr als jeder fünfte Arbeitsplatz dem Sparzwang zum Opfer. Der Zusammenhang mit der Belastung durch die Monsanto-Querelen ist unübersehbar.

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Bayer-Chef Werner Baumann – das wurde bereits am Mittwochabend bei einer Telefonkonferenz mit Journalisten deutlich – würde nun gerne etwas weniger über Bayers Glyphosat-Produkt Roundup sprechen und stattdessen die systemkritische Rolle des Life-Science-Riesen Bayer betonen. Das wird ihm aber nur schwer gelingen: Zwar sind die Rechtsrisiken vom Tisch, dennoch bleibt das Pflanzengift höchst umstritten. Auch wenn der weit überwiegende Teil von Wissenschaftlern die Unbedenklichkeit des Stoffs immer wieder bestätigt und nur wenige ihrer Kollegen vom Gegenteil überzeugt sind, sind dessen Tage hierzulande wohl gezählt. Ende 2022 wird sich kaum eine Mehrheit für eine erneute Zulassung in der Europäischen Union finden lassen. Und während sich Rechtsrisiken mit viel Geld beseitigen lassen, ist der nach dem Kauf von Monsanto erlittene Imageverlust hartnäckiger: In der öffentlichen Wahrnehmung wird Bayer heute seltener als Gesundheits-Innovator und Nahrungsmittel-Garant wahrgenommen, denn als profitgieriger Pflanzengift-Produzent.

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