China-Beteiligung am Hamburger HafenNeue Informationen bringen Bundesregierung in Erklärungsnot

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Das Containerschiff „CSCL Pacific Ocean“ der Rederei Cosco liegt am Terminal Tollerort der Hamburger Hafen und Logistik AG.

Das Containerschiff „CSCL Pacific Ocean“ der Rederei Cosco liegt am Terminal Tollerort der Hamburger Hafen und Logistik AG.

Zum Verkauf von Anteilen des Containerterminals Tollerort im Hamburger Hafen gibt es neue Details, die Fragen aufwerfen.

Im Streit um den Einstieg der staatlichen chinesischen Reederei Cosco bei einem Container-Terminal des Hamburger Hafens sind neue Informationen aufgetaucht, die Zweifel am korrekten Ablauf des Investitionsprüfverfahrens durch die Bundesregierung wecken.

So hat das Bundesamt für Sicherheit in der Informationstechnik (BSI) laut Regierungsantwort auf eine schriftliche Frage der Bundestagsfraktion „Die Linke“ erst am 16. November 2022 von der Hamburger Hafen und Logistik AG (HHLA) Informationen abgefragt, die Monate später zu einer Einstufung des Containerterminals Tollerort als Einzelanlage kritischer Infrastruktur führten. Die Bundesregierung hatte ihr Verfahren zur Prüfung der chinesischen Investition zum Zeitpunkt der Abfrage bereits beendet – und den Weg für einen Verkauf von 24,99 Prozent der Anteile an der Betreibergesellschaft freigemacht.

Wirtschaftspolitiker Pascal Meiser hält Abläufe für skandalös

Dabei war der Bundesregierung zum Zeitpunkt ihrer Entscheidung bewusst, dass die Zahl der von dem Terminal umgeschlagenen Container groß genug für eine Einstufung als kritische Infrastruktur ist, was diese immer wahrscheinlicher machte. Die Tonnagezahlen hätten dem Wirtschaftsministerium seit dem 6. Mai 2022 vorgelegen und seit dem 25. Mai 2022 auch dem Innen-, Finanz-, Verkehrs und Verteidigungsministerium sowie dem Auswärtigen Amt, räumt die Bundesregierung in ihrem Antwortschreiben ein.

Der linke Wirtschaftspolitiker Pascal Meiser hält diese Anläufe für skandalös. „Die Genehmigung des Einstiegs des Cosco-Konzerns in den Hamburger Hafen durch die Bundesregierung wird immer mehr zu einem Stück aus dem Tollhaus“, sagte Meiser dem RedaktionsNetzwerk Deutschland (RND). „Offenkundig wurde die Einstufung des Containerterminals Tollerorts als kritische Infrastruktur vom BSI bewusst verschleppt, zumindest aber komplett verschlafen“, so Meiser weiter. „Anders lässt sich nicht erklären, warum entsprechende Anfragen an die Betreibergesellschaften erst kurz nach der Genehmigung des Einstiegs durch die Bundesregierung erfolgten, obwohl genau diese Frage zuvor in den Ausschussberatungen eine zentrale Rolle spielte und vom Wirtschaftsministerium am Ende sogar explizit verneint wurde“, betont der Obmann der Linken im Wirtschaftsausschuss des Bundestages.

Linke fordert Aufklärung

Die Bundesregierung rechtfertigt sich in ihrem Antwortschreiben zwar damit, dass die Einstufung eines Containerterminals als kritische Infrastruktur nicht allein von der umgeschlagenen Frachtmenge abhänge. Offen bleibt aber, warum die Regierung den Teileinstieg der Chinesen erlaubt hat, obwohl sie damit rechnen musste, dass das BSI die entsprechende Einstufung vornehmen werde. Auch stellt sich die Frage, warum das BSI nicht schneller geprüft hat.

„Es muss dringend aufgeklärt werden, wer dafür die politische Verantwortung trägt“, fordert Linken-Politiker Meiser. „Entweder die Bundesregierung agierte hier absolut fahrlässig, oder aber die Prüfung wurde von den Befürwortern des Deals in der Bundesregierung bewusst ausgebremst, um diesen Deal leichter durchdrücken zu können“, sagte er. „Dass die Bundesregierung trotz der neuen Faktenlage an der bereits erteilten Genehmigung festhält, schlägt dem Fass den Boden aus“, so der Linken-Politiker.

Kritiker fürchten zu großen Einfluss Chinas

Der Containerterminal Tollerort (CTT) ist einer von vier Containerterminals im Hamburger Hafen. Cosco hatte ursprünglich 35 Prozent der Terminalbetreibergesellschaft übernehmen wollen, worüber es auch innerhalb der Ampel-Koalition monatelangen Streit gegeben hatte. Außenamt und Wirtschaftsministerium wollten den Deal verhindern, weil sie einen zu großen Einfluss Chinas fürchteten. Das Kanzleramt wollte ihn hingegen ermöglich.

Ende Oktober 2022 einigten sich die beteiligten Ministerien auf eine „Teiluntersagung“, nach der nur ein Minderheitsanteil von unter 25 Prozent an die chinesischen Investoren verkauft werden dürfe. Dass das Geschäft nicht ganz verboten wurde, war nicht zuletzt damit begründet worden, dass der Terminal nicht Teil der kritischen Infrastruktur sei.

Die entsprechende Einstufung durch das zuständige BSI erfolgte am 13. Februar dieses Jahres. Das Bundeswirtschaftsministerium wollte daraufhin die Investitionsprüfung erneut starten, das Kanzleramt verhinderte dies. Am vergangenen Mittwoch teilte die Bundesregierung schließlich mit, dass die Teiluntersagung rechtsgültig sei und der Teilverkauf damit möglich bleibe.

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