KommentarWarum Wissing und Lindner am letzten Tag auf den 9-Euro-Zug aufspringen

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Das 9-Euro-Ticket sorgt für weniger Schwarzfahrer

Düsseldorf/Berlin – Wenige Stunden vor seiner letzten Fahrt ist die FDP doch noch auf den 9-Euro-Ticket-Zug aufgesprungen. Nicht weil sie von dessen Erfolg überzeugt wäre. Sondern aus reinem Populismus. Als Trittbrettfahrer.

Ein Ticket, das von 52 Millionen Menschen gekauft wurde, das als unkompliziert galt und mit dem jeder fünfte Nutzer vollkommen zufrieden war, kann der Bundesfinanzminister nicht sang- und klanglos sterben lassen. Schon gar nicht nach dem Desaster mit dem Tankrabatt, auf den er doch so viel Hoffnung gesetzt hatte.

Christian Lindner, der Letzte

Und so twittert Christian Lindner am Mittwoch fröhlich in die Welt, dass es einen Nachfolger für das 9-Euro-Ticket geben wird. Einen Rückfall in die alten Tarifstrukturen dürfe es nicht geben. Die Menschen hätten „durch den Kauf dieser vielen Tickets darüber abgestimmt, dass es so nicht bleiben soll.“

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Davon habe ihn der Bundesverkehrsminister und Parteifreund Volker Wissing überzeugt. Und Lindner haut, weil ein Finanzminister ja die Finanzen nicht aus dem Blick verlieren darf und das 9-Euro-Ticket in drei Monaten den Bund 2,5 Milliarden Euro gekostet hat, noch einen raus.

Wissing habe ihm auch versprochen, er könne mit einem Bruchteil dieser Summe ein bundesweit nutzbares, digital buchbares Ticket realisieren. Mal davon abgesehen, dass es das längst gibt: Wenn das stimmt, müsste sich Lindner die Frage stellen, warum ihm das sein Kabinettskollege nicht schon vor drei Monaten verraten hat.

Dass das mit dem Bruchteil grober Unfug ist, weiß Wissing natürlich selbst und fordert deshalb die Bundesländer auf, die Finanzierungsfrage und die Struktur des Tickets zu klären. Man könne „nicht vom Bund erwarten, dass er einfach Geld auf den Tisch legt, wenn die Länder selbst keine Vorschläge haben, wie das neue Ticket aussehen soll.“

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Den Vorschlag von Bundesfinanzminister Christian Lindner (FDP), Autofahrern einen staatlichen Tankrabatt zu gewähren, lehnen die Koalitionspartner ab.  

Stimmt. Einfach Geld auf den Tisch - das geht nur beim Tankrabatt.

Wären sich die Bundesländer einmal einig, könnten sie jetzt beim Bundesfinanzminister nachhaken, was er unter einem Bruchteil von 2,5 Milliarden Euro verstehe. Ein Zehntel? 250 Millionen könnten 16 Länder locker stemmen. Dafür kriegen die Kölner Verkehrs-Betriebe gerade mal 30 neue Straßenbahnen.

Diese Arbeit wird sich NRW-Verkehrsminister Oliver Krischer nicht machen. Der Grünen-Politiker verfügt über die erstaunliche Fähigkeit, selbst Twitter-Kurznachrichten auf ihren Kern zu reduzieren.

NRW-Minister Oliver Krischer kann FDP-Vorschlag nicht ernst nehmen

Beim 9-Euro-Ticket habe die FDP ihre Blockadehaltung aufgegeben. Das sei gut, der Rest nicht ernst zu nehmen. Wissing wisse nur zu gut, dass die Länder ohne weitere Zuschüsse des Bundes ab 2023 das Angebot bei Bahnen und Bussen auch ohne 9-Euro-Ticket stark ausdünnen müssen.

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Ansonsten bleibe er bei seinem Preisvorschlag: 29 Euro für NRW, 49 Euro für ganz Deutschland. Bezahlen ließe sich das durch eine Reform des Dienstwagenprivilegs. Geld käme also von denjenigen, die vom Tankrabatt nicht profitiert haben. Wenn auch nur deshalb, weil ihnen die Spritpreise immer schon egal sein konnten.

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