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Tüv, Dekra und Co.Warum Prüfstellen trotz fehlender Akkreditierung weiter untersuchen dürfen

3 min

Ein Mitarbeiter des TÜV bei einer Kontrolluntersauchung

Sie sind die Herren der KFZ-Zulassung. Autobesitzern wird bange, wenn die peniblen Prüfer von Tüv, Dekra und Co. zur Hauptuntersuchung bitten. Die Prüfer gelten als unbestechlich und integer. Doch dieser Ruf ist angeknackst, seit die für die Prüfung der Prüfstellen zuständige Deutsche Akkreditierungsstelle (DAkkS) Mitte Dezember die Akkreditierung aller 17 nach der Straßenverkehrszulassungsordnung zugelassenen technischen Prüforganisationen wie Dekra und den Technischen Überwachungsvereinen aussetzte. Acht Wochen später ist das Problem noch immer nicht gelöst, aber Dekra, Tüv und Co. prüfen weiter. Wie kann das sein?

Von der DAkks hat bis zum Dezember wohl kaum jemand gehört, dabei existiert die Behörde schon seit 2011. Die Akkreditierungsstelle ist die Prüferin der Prüfer und dafür zuständig, EU-Richtlinien zur „messtechnischen Rückführung“ von Prüfgeräten umzusetzen. Hier beginnt der Konflikt mit den Überwachungsorganisationen. Die messtechnische Rückführung ist ein Verfahren, mit dem sichergestellt wird, dass Messgeräte - zum Beispiel bei einer KFZ-Hauptuntersuchung - korrekte Ergebnisse liefern. Zwar werden die Messgeräte von den Länderbehörden überprüft, den Vorgaben aus Brüssel genügen diese Überprüfungen laut DAkkS aber nicht.

Als die DAkkS 2011 ihre Arbeit aufnahm, akkreditierte Sie die Überwachungsvereine nur unter der Bedingung, dass Sie die EU-Vorgaben zur messtechnischen Rückführung einhalten. Später wurden die Akkreditierungen in der Annahme verlängert, dass die Prüforganisationen den international gültigen Anforderungen an die Messegeräte nachkommen werden. Das aber geschah in keinem einzigen Fall.

Widerspruch hat aufschiebende Wirkung

Es scheint, als hätte dieses Problem in den vergangenen fünf Jahren niemanden interessiert. Tüv und Co. prüften, die Akkreditierungen blieben bestehen. Doch im vergangenen Frühjahr änderte sich die Lage. Die DAkkS kontrollierte die Messgeräte nochmals und stellte erneut fest: Das Verfahren zur messtechnischen Rückführung genügt bei keiner einzigen Überwachungsorganisation den europarechtlichen Anforderungen. Das überstrapazierte den Langmut der DAkks denn doch. Im Dezember setzte die Behörde die Akkreditierungen sämtlicher 17 Überwachungsvereine in Deutschland aus.

Damit hätten die Prüfer ihre Tätigkeit eigentlich einstellen müssen und somit auch keine KFZ-Hauptuntersuchungen mehr durchführen können. Laut Straßenverkehrszulassungsordnung hätten die Bundesländer den Prüforganisationen nämlich die Prüferlaubnis entziehen. Allerdings haben die Organisationen Widerspruch gegen die Entscheidung der DAkks eingelegt, und dieser Widerspruch hat aufschiebende Wirkung.

Es gibt keinen Zeitplan

Das Bundesverkehrsministerium und die Prüforganisationen selbst betonten gleich nachdem die DAkkS die Aussetzung der Akkreditierungen bekannt gegeben hatte, die Aussetzung der Akkreditierung habe keinen Einfluss auf die Gültigkeit von Hauptuntersuchungen. Kein Autofahrer müsse um seine Plakette bangen. Die Öffentlichkeit schien beruhigt.

Es wird also weitergeprüft mit Messgeräten, die den europäischen Vorgaben nicht entsprechen, bis die Widerspruchsverfahren beendet sind. Wie lange das dauern wird? Bundesländer und DAkkS halten sich bedeckt. Das sei offen, heißt es, was angesichts der bisherigen Abläufe auf Sankt Nimmerlein hindeutet. Parallel zur Bearbeitung der Widersprüche hat unterdessen eine Arbeitsgruppe aus Bund, Ländern und Vertretern der Prüforganisationen zu Jahresbeginn die Arbeit aufgenommen, um zu einer Lösung zu gelangen. Doch auch hier gibt es keinen Zeitplan.

Reaktion der EU-Kommission steht aus

Druck kommt immerhin aus Berlin. Das Bundesverkehrsministerium teilte dieser Zeitung auf Anfrage mit, dass der Bund von seiner Gestaltungskompetenz Gebrauch machen werde, wenn die Arbeitsgruppe nicht „zeitnah“ zu einer „tragfähigen Lösung“ komme. Auch im Verkehrsausschuss des Bundestages könnte das Thema demnächst auf der Tagesordnung stehen. Die Grünen-Fraktion hat bei der Bundesregierung eine Stellungnahme angefordert und will das Thema in der nächsten Sitzung des Ausschusses am 17. Februar auf die Tagesordnung setzen.

Die Frage bleibt, wie Brüssel reagieren wird. Die DAkkS und die Richtlinien zur „messtechnischen Rückführung“ sind nämlich keine freundlichen Empfehlungen, sondern europarechtlich bindend. Die EU-Kommission reagiert in der Regel wenig amüsiert darauf, wenn europäische Vorschriften nicht eingehalten werden.