InsolvenzDritte Galeria-Pleite: „Die Angst in der Kölner Belegschaft ist groß“

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01.11.2022
Köln:
Außenaufnahmen der beiden Warenhäuser von Galeria in der Kölner Innenstadt. Der Konzern Galeria Karstadt Kaufhof hat erneut ein Schutzschirmverfahren beantragt und will ein Drittel aller Standorte schließen.
Kaufhof auf der Schildergasse
Foto: Martina Goyert

Der Konzern Galeria Karstadt Kaufhof hat erneut Insolvenz beantragt, hier ist der alte Kaufhof auf der Schildergasse zu sehen. (Archivbild)

Galeria sucht jetzt einen neuen Eigentümer, es soll Interessenten geben. Auch Kölner Beschäftigte müssen schon wieder um ihre Jobs bangen.

Es war schon seit Wochen erwartet worden, nun hat der Warenhauskonzern Galeria erneut Insolvenz anmelden müssen. Am Dienstagmorgen wurde der Antrag beim Amtsgericht Essen eingereicht. Damit ist es die dritte Pleite seit 2020. Im Gegensatz zu den zwei vorigen Sanierungen in Eigenverwaltung geht Galeria Karstadt Kaufhof (GKK) diesmal in eine Regelinsolvenz. Damit ist die Zukunft der 92 Warenhäuser und ihrer mehr als 15.000 Beschäftigten erneut ungewiss.

23 Warenhäuser in 19 NRW-Städten

In Köln ist Galeria mit drei Filialen vertreten: den beiden ehemaligen Kaufhof-Standorten in der Hohe Straße in der Innenstadt und an der Neusser Straße in Nippes sowie dem ehemaligen Karstadt in der Breite Straße. Die Niederlassung in Euskirchen ist ebenfalls geöffnet. Insgesamt betreibt Galeria in NRW derzeit laut eigener Liste 23 Warenhäuser in 19 Städten.

„Wir hatten täglich damit gerechnet, die Anspannung und Angst in der Belegschaft ist groß“, sagte eine langjährige Kölner Karstadt-Mitarbeiterin dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. Seit Wochen würden sie auch immer wieder von Kunden angesprochen worden, die ihnen Mitgefühl ausgesprochen hätten. Man sei zwar nach Fusion und zwei Pleiten Kummer gewohnt, aber: „Diesmal aber kann oder will keiner mehr Geld nachschießen, weder Benko noch der Staat. Das macht es für uns umso schlimmer“, so die Verkäuferin.

Grund für die jetzige Insolvenz ist die Schieflage des Mutterkonzerns Signa. In den vergangenen Wochen hatten mehrere Unternehmen aus der Handels- und Immobiliengruppe des österreichischen Unternehmers René Benko Insolvenz angemeldet – darunter die Signa Retail Selection AG, zu der GKK gehört. Sie hatte Ende November angekündigt, ihr Geschäft geordnet abzuwickeln, was einen Verkauf von GKK bedeutet. Galeria sucht nun einen neuen Eigentümer.

Gespräche mit potenziellen Investoren seien bereits angelaufen, Ziel sei die Fortführung von Galeria, heißt es vom Unternehmen. Wer das sein könnte, ist fraglich. In Medienberichten wurde immer wieder mal die Düsseldorfer Investmentgesellschaft Droege genannt, zu der unter anderem der Weltbild-Verlag gehört. Auch Breuninger könnte infrage kommen – zumindest für die Übernahme einzelner Filialen. Auch häufiger genannt wird die Central-Group sein, die bereits Partner von Signa ist. Das thailändische Unternehmen hat bereits die Mehrheit an der KaDeWe-Gruppe, zu der neben dem Berliner Luxuskaufhaus auch das Alsterhaus in Hamburg und das Oberpollinger in München gehören.

Der Galeria-Chef gibt sich kämpferisch

Galeria-Chef Olivier van den Bossche gibt sich derweil kämpferisch: „Galerias operativer Erfolg wird durch die Rahmenbedingungen der alten Eigentümerstruktur belastet. Wir sehen in dem heutigen Tag ausdrücklich einen Befreiungsschlag.“ Weiter heißt es: „Die Insolvenzen der Signa-Gruppe schädigen Galeria massiv, behindern das laufende Geschäft und schränken durch hohe Mieten und teure Dienstleistungen die künftige Entwicklungsmöglichkeit stark ein.“ Alle Filialen sowie das Onlinegeschäft sollen „in vollem Umfang“ fortgeführt würden.

Deutschlands letzter großer Warenhauskonzern hatte erst Ende 2022 Rettung in einem Schutzschirmverfahren suchen müssen. Signa hatte damals für die Sanierung 200 Millionen Euro zugesagt, die in mehreren Tranchen bis 2025 fließen sollen, die ersten 50 Millionen dem Vernehmen nach im Februar. Ob GKK mit der Zahlung rechnen kann, ist weiter unklar. In den beiden zurückliegenden Insolvenzverfahren hatten die Gläubiger von Galeria auf Milliardenforderungen verzichtet, damit die Warenhauskette einen Weg aus der Krise findet.

Der deutsche Staat half mit 680 Millionen Euro

Auch der deutsche Staat half mit viel Geld: 2021 und 2022 hatte der Wirtschaftsstabilisierungsfonds (WSF) dem Unternehmen mit insgesamt 680 Millionen Euro unter die Arme gegriffen. Laut dem Insolvenzplan vom Frühjahr 2023 sollte der WSF nur einen kleinen Teil aus der Verwertung des Warenbestands zurückerhalten. Dass der Staat erneut nun mit Steuergeldern einspringt, bezweifeln Branchenexperten.

Allerdings gibt es für die Beschäftigten zumindest eine vergleichsweise gute Nachricht. Die Bundesagentur für Arbeit (BA) wird Insolvenzgeld zahlen, wenn das am Dienstag beantragte Insolvenzverfahren eröffnet wird. „Die BA hat nach intensiven Beratungen mit dem Unternehmen und einer detaillierten Prüfung der Voraussetzungen festgestellt, dass bei einer erneuten Insolvenzeröffnung die Beschäftigten Insolvenzgeld erhalten können“, heißt es in einer Mitteilung der Behörde. Insolvenzgeld wird nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens für bis zu drei Monate rückwirkend bezahlt, in der Regel in der Höhe des letzten Nettoeinkommens. Die Beschäftigten müssten derzeit nichts unternehmen, heißt es in der Mitteilung.

Die Gewerkschaft Verdi hat derweil den neuen Insolvenzverwalter bei Galeria Karstadt Kaufhof aufgerufen, die Arbeitsplätze der Warenhauskette zu sichern. „Wir als Gewerkschaft werden mit den Beschäftigten für ihre Zukunft kämpfen“, sagte Silke Zimmer, im Verdi-Bundesvorstand zuständig für den Handel. „Vom neuen Insolvenzverwalter fordern wir, alles daranzusetzen, dass die gute wirtschaftliche Entwicklung, die das Unternehmen in den letzten Monaten genommen hat, fortgesetzt werden kann und die verbliebenen rund 12 000 Arbeitsplätze erhalten bleiben.“ (mit dpa)

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