Ford-Betriebsratschef„Durch die Werkschließungen herrscht große Verunsicherung“

Lesezeit 4 Minuten
Martin Hennig Ford Köln Betriebsratschef

Ford-Betriebsratschef Martin Hennig im Kölner Werk.

  • Ford schließt aufgrund der Corona-Krise nahezu alle Werke in Europa. Ab Donnerstag wird bis auf Weiteres an den Standorten nicht mehr gearbeitet – auch in Köln.
  • Was bedeutet das für die Mitarbeiter? Wie wurde die Entscheidung aufgenommen? Und welche Folgen kann die Krise haben?
  • Ein Interview mit Ford-Betriebsratschef Martin Hennig über die Werkschließungen

Herr Hennig, Ford hat entschieden, ab Donnerstag nahezu alle Werke in Europa bis auf weiteres zu schließen. Wie wird das in der Belegschaft aufgenommen?

Martin Hennig: Es herrscht große Verunsicherung, weil niemand weiß, wohin uns alle das führt. Es ist schon extrem gespenstisch was gerade passiert. Ich bin 44 Jahre im Unternehmen und habe so etwas noch nie erlebt.

Kam die Entscheidung zum richtigen Zeitpunkt oder hätte das Ford-Management früher reagieren müssen?

Der Zeitpunkt war genau der richtige. Wir hatten bislang glücklicherweise keine gravierende Covid-19-Fälle in den Werken.

Zur Person

Martin Hennig arbeitet seit 1975 bei Ford. 2013 wurde er Betriebsratsvorsitzender des Kölner Standortes und auch Vorsitzender des Gesamtbetriebsrats. Martin Hennig ist mittlerweile auch Vorsitzender der Arbeitnehmervertretung von Ford in Europa. (cos)

Die Sicherheit der Mitarbeiter steht an erster Stelle. Aber wir schließen natürlich auch, weil in Europa alle Händlerbetriebe zu sind und wir im Moment überhaupt keine Autos verkaufen können.

Was bedeutet das nun konkret für die Beschäftigten – auch mit Blick auf Einkommenseinbußen durch Kurzarbeit?

In Deutschland nutzen wir die Zuschüsse vom Staat, womit 60 bis 67 Prozent des Gehaltes gesichert sind. Mit der Geschäftsführung haben wir nun eine Vereinbarung getroffen, dass es eine Aufstockung auf 80 Prozent geben wird.

Wie sieht es für die anderen europäischen Standorte etwa im spanischen Valencia oder in Craiova in Rumänien aus, wo es keine Kurzarbeiterregelungen gibt?

Dort wird es andere staatliche Hilfen geben, aber im Sinne einer Gleichbehandlung muss man auch dort auf 80 Prozent kommen.

Welche weiteren Erwartungen haben Sie an die Unternehmensführung?

Das ist schwierig in einer solchen Ausnahmesituation. Uns alle treibt derzeit die Sorge, das es im Nachgang der Krise Probleme bei der Finanzierung des Unternehmens geben könnte.

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Ich hoffe einfach, dass wir die Produktion so schnell wie möglich wieder hochfahren können und die Nachfrage der Kunden wieder steigt.

Glauben Sie, dass Ford möglicherweise Staatshilfen in Anspruch nehmen muss?

Das hängt vom weiteren Verlauf der Krise ab. Wenn sie noch einige Monate anhält oder sogar noch länger, dann möchte ich mir die Konsequenzen gar nicht ausmalen. Und deshalb appelliere ich an die Mitarbeiter in Kurzarbeit, soziale Kontakte so weit wie möglich zu vermeiden und nicht in Gruppen auf der Wiese zu grillen.

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Das Verhalten hat maßgeblichen Einfluss darauf, wie lange die Krise dauert und welche Folgen sie für uns alle haben wird.

Befürchten Sie Produktionsengpässe, weil Zulieferbetriebe die Krise nicht überstehen?

Die Gefahr ist da. Wir wissen von der IG Metall, dass viele Zulieferer extrem leiden, weil sie kein finanzielles Polster haben. Mit möglichen Pleiten könnten riesen Probleme auf die ganze Industrie zukommen.

Seit diesem Jahr gelten strengere Co2-Grenzwerte, die zu hohen Strafzahlungen führen könnten. Müsste die EU das nicht erstmals aussetzen?

Das muss man angehen. Die Produktion ist am Boden, der Handel eingestellt. Und es ist davon auszugehen, dass im Anschluss die Verkäufe nicht sofort wieder hochschnellen.

Ford hat 2019 ein umfangreiches Sparprogramm aufgesetzt. Fürchten Sie eine Verschärfung?

Wir waren auf einem guten Weg und haben den Stellenabbau sozialverträglich gestaltet. Das Unternehmen muss akzeptieren, dass es sich bei der Krise um einen äußeren Einfluss handelt, der nicht auf Kosten der Belegschaft gehen darf.

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