Der Transit von Ford ist ein Liebling von Handwerkern und Campern. Regelrecht berühmt wurde er in den 1970ern und 80ern, als türkische Gastarbeiterfamilien im Transit Richtung Bosporus fuhren. Jetzt wird der Kultlaster 60.
Ford Transit wird 60Die Transporter-Legende hat seine Wurzeln in Köln

Der Ford Transit feiert seinen Sechzigsten.
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Der Porsche 911 ist für viele ein Traum. Der Käfer symbolisiert den Wiederaufbau. Mercedes steht für Wohlstand - und Taxis. Und der Ford Transit? Er ist schlicht das vielseitigste Arbeitstier unter den Klassikern. Der Transit ist kein Sehnsuchtswagen, sondern ein Problemlöser (fast) aller automobilen Fragestellungen.
Der bekannte britische Motor-Journalist Jeremy Clarkson bezeichnete ihn in seiner BBC-Autosendung „Top Gear“ einmal als Schweizer Taschenmesser der Transporterwelt. Ein Vergleich, der trifft, und eine Charakteristik, die dem Wagen schon im Namen liegt. Inhaber des Großen Latinums erinnern sich: Transit ist die dritte Person Singular des Verbs transire. Und das steht für „hinübergehen“, „überschreiten“ und auch für „sich verwandeln“. Der Vielseitige hat seine Bestimmung über Jahrzehnte erfüllt, nun feiert der Transit seinen 60. Geburtstag.

Ein 1965er Handwerker-Transit mit Ladefläche im Kölner Hafen
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Die Wurzeln hat das Modell in Köln, auch wenn er dort heute nicht mehr gebaut wird. Nach dem Zweiten Weltkrieg nahm Ford in ganz Europa wieder die Produktion von zivilen Fahrzeugen auf. Dabei gingen die europäischen Ableger des US-Autogiganten zunächst getrennte Wege. In Deutschland baute man den kompakten Kleintransporter Ford FK 1000, FK steht dabei für Ford Köln, später nannte man ihn Taunus Transit in Anknüpfung an den Mittelklassewagen Ford Taunus. In Großbritannien setzte Ford UK auf den Thames 400E. Beide waren nicht nur Erzrivalen des „Bully“ genannten Transporters von VW, sondern machten sich auf vielen Märkten auch gegenseitig Konkurrenz.
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Erste Generation Ford Transit im Jahr 1965
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Das war aus Sicht der Mutter in Dearborn, USA, kein wirtschaftlich tragbarer Zustand. Zudem gab es neue Entwicklungen und Bedürfnisse. Der Thames verkaufte sich immer schlechter. Das Kölner Pendant hingegen lief prächtig, hier wünschte man sich aber mehr Zuladung. Ford insgesamt träumte derweil vom Weltauto und so entstand der erste echte Transit für diverse Märkte. Im Jahr 1965 kam er zur Welt, oder besser gesagt, auf den Markt. Das Projekt trug den Namen Rotkäppchen und startete nicht nur für das Auto eine Karriere. Zum Ingenieursteam gehörte der Brite Alex Trotman. Er wurde später der erste Europäer, der es zum Chef der Ford Motor Company brachte.
Projekt „Rotkäppchen“ brachte den Transit auf den Markt
Und das war die Strategie: Vom Erzrivalen VW-Bus wollte man sich mit entscheidenden Merkmalen absetzen. Der Motor sollte vor der Fahrerkabine unter einer kurzen Haube untergebracht sein, praktischer zum Schrauben als beim VW, dessen Heckmotor bis in die 1990er-Jahrgänge für Autoschlosser schwer erreichbar blieb. Außerdem waren die Modellreihen des Transit stets spürbar größer als die des Wolfsburger Konkurrenten, mit entscheidenden Vorteilen für viele Kunden. Dennoch: Der Transit belegte in Deutschland immer nur den zweiten Platz hinter dem VW; in Großbritannien wurde er zum meistgekauften Kleintransporter.

In Großbritannien wurde der Transit zum meistgekauften Kleintransporter. Den VW-Bulli überholte er in Deutschland nicht.
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In den ersten Jahren versuchte man bei Ford mit spektakulären Alltagsexperimenten auf die Stärken des Transit aufmerksam zu machen. 1965 quetschten sich 48 Studenten des Barking College in einen Transit Minibus und stellten damit einen Rekord auf. Im Londoner Regent's Park Zoo wurden im selben Jahr zwei Elefantenbabys mit einem Transit befördert.
Nun liegt es in der Natur der Dinge, dass Kleintransporter bei vielen Autofans zunächst weniger Emotionen auslösen als Sportcoupés oder schnittige Cabrios. Doch der Transit schaffte es mit kuriosen Rekorden, Umbauten und Leistungen zum Kultfahrzeug. Beispiele gibt es dafür unzählige. So teilte Scotland Yard 1972 mit, dass in 95 Prozent der Raubüberfälle in Großbritannien ein Ford Transit zur Flucht genutzt wurden, weil dieser schneller als die Polizei war. Entsprechend rüstete die Ermittlungsbehörde nach und beschaffte ebenfalls Transits. Heute ist es kurioserweise umgekehrten. Mit 11.000 gestohlenen Fahrzeugen im Jahr 2024 gehörte der Ford Transit 2024 zu den meist geklauten Autos Großbritanniens. Funfact: In der dänischen Gaunerkomödie „Olsenbande“ fahren die Protagonisten einen 1986er Ford Transit
Olsenbande fährt Transit
1979 baute Ford einmalig einen sechsrädrigen Transit im Stil eines Mondautos. Werbewirksam wurde er in einem Film-Studio mit Menschen in Astronauten-Anzügen präsentiert. Eine Anspielung darauf, dass sich damals hartnäckig das Gerücht hielt, die Amerikaner seien nicht auf dem Mond gewesen, sondern hätten die Landung in Hollywood gedreht.
1985 bauten Auszubildende von Ford den Motor eines Transit aus und den Bus zum schwimmenden Fahrzeug um. Sie wollten damit an einem Bootsrennen teilnehmen. Im selben Jahr übersprang der Stuntman Steve Matthews 15 parkende Autos und sammelte so Spenden für die Krebsforschung.

Als Wohnmobil war und ist der Ford Transit beliebt, hier einer von 1968.
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Immer wieder gab es auch Versuche, den Transit im Rennsport einzusetzen. Ein Transit namens Supervan II wurde mit Rennwagen-Technik ausgestattet und kam auf der Formel 1-Strecke in Silverstone auf die Geschwindigkeit von 280 Kilometern pro Stunde. Mit einem Wohnwagen am Haken schaffte das gleiche Auto wenig später 270 km/h, was damals einen Weltrekord darstellte.
Mit Wohnwagen am Haken 270 km/h
Ein Einzelstück blieb auch der 7,4 Meter lange Transit, den Ford 2006 als ultimativen Luxus-Kleinbus im Stretchlimousinen-Design zeigte. Der Transit XXL besaß vier Schiebetüren, sieben lederbezogene Business-Sessel mit riesiger Beinfreiheit und eigenem Video-Monitor für jeden Passagier. Dieser Giga-Transit wurde aus mehreren normalen zusammengeschweißt.
2005 verwandelte ein Ford-Händler einen harmlosen Transit in einen ausgewachsenen Monster-Truck. Die Achsen stammten von einem US-Militärtransporter, das Automatikgetriebe von einem Linien-Bus. Fahrzeuggewicht: 6,5 Tonnen.

Ford Transit als Monster-Truck
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Viel Aufmerksamkeit erregten Folgen der BBC-Serie „Top Gear“, in denen ein Transit eine Rolle spielte. In einer Folge prahlte Moderator Jeremy Clarkson, in einem Jaguar in unter zehn Minuten den Nürburgring zu schaffen. Die inzwischen verstorbene deutsche Rennfahrerin Sabine Schmitz brüskierte Clarkson und warf ihm zu, das würde sie sogar mit einem handelsüblichen Transit schaffen. Tatsächlich schaffte sie es nicht, allerdings brauchte sie mit dem Transporter für die Nordschleife nur acht Sekunden mehr als Clarksons zehn Minuten, ein absoluter Achtungserfolg.
Imageprobleme in den 1980ern
In den 1980er Jahren kämpfte der Transit in Deutschland mit einem Imageproblem, das aus heutiger Sicht ganz klar das Gegenteil eines Problems ist. Er wurde als ‚Türkenkutsche‘ bezeichnet. Viele Transit aus den 1970ern machten ihn in den 1980ern zu einem preiswerten und beliebten Fahrzeug bei Gastarbeiterfamilien. Aus heutiger Sicht ein klares Qualitätsmerkmal, zeigten Fahrten mit sehr vielen Kindern und sehr viel Gepäck von Köln aus über den Balkan bis in die Türkei (und zurück) die Vielseitigkeit, Robustheit und Zuverlässigkeit dieser Minibusse. In der Ausstellung ‚Immer bunter: Einwanderungsland Deutschland‘ im Haus der Geschichte war ein solches Fahrzeug 2014 mit Dachgepäckträger zu sehen.

Ein in den 80er Jahren „Türkenkutsche“ genannter Ford Transit war im Haus der Geschichte ausgestellt.
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Insgesamt war und ist der Transit vor allem bei Handwerkern und Selbstständigen ein beliebtes Arbeitstier, es gab ihn nicht nur als Bus und Kastenwagen, sondern auch mit Pritsche. Firmen wie Magirus und Bachert bauten Transits zu Feuerwehrautos um. Auch als Basis für Wohnmobile waren und sind Transits beliebt.
Heute läuft die siebte Generation des Ford-Transporters vom Band, und zwar in einem Werk in der Türkei. In den frühen 2000er Jahren begann Ford, mit drei weiteren Modellen eine ganze Transit-Familie zu schaffen. Courier, Connect und Custom sind als Transit und als Tourneo erhältlich. Als Transit werden die Nutzfahrzeuge bezeichnet, als Tourneo die Fahrzeuge zur Personenbeförderung.

Aktuelles Modell des Ford Transit mit elektrischem Antrieb
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Heute gibt es den Alrounder selbstverständlich auch elektrisch. Eine Sonderversion mit zusätzlichen E-Motoren dient im dänischen Aarhus als Hafenschlepper und zieht Schiffe.
Seine Kölner Wurzeln hat der Transit übrigens bis heute nicht gänzlich abgelegt. Die Getriebe für die Version Custom werden im Kölner Werk gefertigt und an andere Standorte geliefert. Auch diverse andere Teile werden gehen aus Köln an andere Werke. So stammt das einstufige Elektro-Getriebe des Transit mit Plug-in-Hybrid aus dem Kölner Ford-Werk.