Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Rekord bei KryptogeldFünf Gründe, warum der Bitcoin alle Rekorde bricht

4 min
Der Bitcoin-Wert ist zuletzt stark gestiegen. /RND (Montage); Fotos: Freepik, IMAGO/

Der Bitcoin-Wert ist zuletzt stark gestiegen. /RND (Montage); Fotos: Freepik, IMAGO/

Lange war es vergleichsweise ruhig um die Kryptowährung. Doch seit ein paar Tagen läuft die Rekordjagd jenseits von 100.000 Dollar. Den Anlass liefert wieder Washington.

Der Bitcoin ist wieder auf Rekordjagd. Montagfrüh kostete eine Einheit der bekanntesten Kryptowährung 123.000 Dollar (105.000 Euro), doppelt so viel wie vor einem Jahr. Im Lauf des Tages bröckelte der Kurs, blieb zunächst aber über 120.000 Dollar.

Das ist umso erstaunlicher, weil Bitcoin als riskante Geldanlage schon mehrmals unter der politischen Unruhe und dem Handelsstreit gelitten hat. Doch aktuell werde offenbar die Unabhängigkeit von politischen Entwicklungen - ursprünglich der Kern der Bitcoin-Idee - stärker gewichtet, schreibt Dilin Wu von der Handelsplattform Pepperstone in einer Analyse. Timo Emden vom Analysehaus Emden Research warnt jedoch: „Der schwelende Handelsstreit kann zu euphorische Anleger jederzeit auf dem falschen Fuß erwischen.“

Seit rund einer Woche geht der Preis steil nach oben, nachdem es monatelang relativ ruhig geblieben war. „Der jüngste Durchbruch ist das Ergebnis einer strukturellen Rally“, schreibt Wu. Ein wichtiger Treiber ist die US-Politik. Es gibt aber auch noch andere Gründe - nicht alle sind nachhaltig:

1. Donald Trump als Krypto-Fan

Den letzten großen Schub verdanken die Digitalwerte der US-Wahl im vergangenen November. Donald Trump hatte sich vom Krypto-Gegner zum Fan gewandelt, die Szene setzte riesige Hoffnungen in den neuen Präsidenten und trieb den Bitcoin-Preis in wenigen Wochen von knapp 70.000 auf mehr als 100.000 Dollar. Dort war allerdings Schluss, es folgte eine lange Seitwärtsbewegung.

Der technische Analyst Andrew Addison, Betreiber der Plattform „The Institutional View“, sieht das als „Konsolidierung auf hohem Niveau“ und „letzten Tankstopp“ vor einem weiteren starken Anstieg. Der habe am vergangenen Freitag mit dem Ausbruch aus der bisherigen Handelsspanne begonnen.

Beim Broker Etoro verweist man darauf, dass Bitcoins inzwischen länger gehalten würden als früher: „Wir beobachten derzeit ein anhaltendes Interesse, das durch strukturelle Zuflüsse gestützt wird und nicht auf kurzfristigen Spekulationen beruht“, schreibt Analyst Josh Gilbert.

2. „Crypto Week“ in den USA

Den Auslöser für die Käufe liefert wie im vergangenen Herbst Washington: Das Repräsentantenhaus berät in diesen Tagen Gesetze, die den gesamten Kryptosektor massiv voranbringen sollen. French Hill, Republikaner und Vorsitzender des zuständigen Ausschusses, hat hochoffiziell die „Crypto Week“ ausgerufen, Parteifreunde feiern einen „Meilenstein“ und das „goldene Zeitalter“ digitaler Vermögenswerte. „Im Vorfeld der anstehenden ‚Crypto Week‘ in den USA decken sich offensichtlich nun auch die letzten Spekulanten ein“, meint Timo Emden.

Drei Gesetze sind geplant, um den USA die Führungsrolle zu sichern: Der Clarity Act soll den Handel mit Digitalwerten regulieren. Einen solchen Rahmen gibt es in den USA bisher nicht, während in Europa schon 2023 die EU-Verordnung „Markets in Crypto-Assets“ (Mica) in Kraft getreten ist.

Das zweite neue Gesetz ist der Genius Act, der Regeln für sogenannte Stablecoins schaffen wird. Das sind Kryptowerte, die durch eine traditionelle Währung - zum Beispiel den Dollar - gedeckt werden. Bitcoin gehört nicht dazu.

Das dritte Gesetz schließlich verbietet ausdrücklich die Schaffung einer digitalen Zentralbankwährung. Während die EZB intensiv am Digital-Euro arbeitet, soll es einen digitalen Dollar also nicht geben. Von allem zusammen verspricht sich die Kryptobranche einen neuen Boom.

3. ETF-Boom

Im Januar 2024 hat die US-Börsenaufsicht Fonds auf Bitcoin zugelassen. Diese ETFs bilden unmittelbar den Spotpreis der Digitalwährung ab. Damit werden Krypto-Investments deutlich vereinfacht, was Kleinsparer ebenso anlockt wie große institutionelle Investoren. Bitcoin ist damit aus der Nische der Krypto-Fans herausgekommen.

Am Donnerstag und Freitag sollen nach Angaben der Fondsgesellschaft Farside insgesamt mehr als 2 Milliarden Dollar in Bitcoin-ETFs von Blackrock und anderen Anbietern geflossen sein. Jeder verkaufte ETF-Anteil bedeutet Nachfrage nach Bitcoin.

4. Unternehmen kaufen

Das Tech-Unternehmen Microstrategy - inzwischen umgetauft in Strategy - hat ein Geschäftsmodell gefunden, das viele Fachleute mit gemischten Gefühlen sehen: Unternehmensgründer Michael Saylor begann 2020, Bargeldreserven in Bitcoin anzulegen. Es folgten mehrere Kapitalerhöhungen für weitere Bitcoin-Käufe, sodass der Software-Entwickler praktisch zur Bitcoin-Investmentgesellschaft wurde - mit entsprechendem Wertzuwachs.

Inzwischen folgen auch andere Firmen dieser Strategie und treiben mit Bitcoin-Käufen den Preis weiter hoch. Nach Recherchen des Fernsehsenders CNBC haben solche Firmen in den vergangenen drei Quartalen mehr Bitcoin gekauft als die ETF-Betreiber.

5. Hoffnung auf Zinssenkung

In der Vergangenheit hat vor allem der Zinstrend den Bitcoin-Preis bewegt. Wie beim Gold gilt auch für die Kryptowährung: Sie bringt keine regelmäßigen Einnahmen wie Zinsen oder Dividenden. Also sinkt das Interesse, wenn anderswo höhere Zinsen geboten werden. Die US-Notenbank Fed zögert zwar bisher mit weiteren Zinssenkungen, aber allgemein wird damit gerechnet, dass sie in diesem Jahr noch einen oder zwei Schritte machen wird. Das gäbe dem Bitcoin Sicherheit.

Ein Risiko wartet allerdings schon an diesem Dienstag: Neue US-Inflationsdaten werden Hinweise auf die weitere Zinsentwicklung geben.

Zinssenkungen in den USA hätten noch einen zweiten Effekt: Der ohnehin schon deutlich gefallene Dollarkurs könnte weiter unter Druck kommen. Das macht alles, was in Dollar gehandelt wird, für Investoren aus anderen Währungsräumen attraktiver - also auch Bitcoin. Die Kehrseite: Europäer, die in der Vergangenheit Bitcoin bei höheren Dollarkursen gekauft haben, spüren jetzt die Schwäche der US-Währung.