Sauberes Wasser aus dem RuhrgebietSo kann nachhaltiger Umgang mit Wasser in der Region gelingen

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Leitungswasser läuft in ein Glas.

Kostbares Gut: Leitungswasser könnte durch den Klimawandel auch in NRW knapp werden.

Zum globalen Klimastreik am Freitag haben wir uns nach guten Ideen zum nachhaltigen Umgang mit Wasser in der Region angesehen.

Frischwasser so viel wir wollen, ist für uns in Nordrhein-Westfalen eine Selbstverständlichkeit. Es kommt in bester Trinkwasserqualität aus dem Wasserhahn und Nachschub scheint es unendlich zu geben. Die zunehmend trockener werdenden Sommer mit Rekordniedrigständen der Pegel in unseren Flüssen und Talsperren sind jedoch ein Fingerzeig des Klimawandels. Auch bei uns kann das Wasser knapp werden. Es ist also an der Zeit, auch das Wasser als endliche Ressource anzuerkennen und einen nachhaltigen Umgang mit ihm zu pflegen. Ideen dazu gibt es. Auch in der Region. Wir stellen drei vor.

Der Kaufmann, der das Abwasser der Welt säubern will

Was Peter Muth erzählt, klingt gut. „Zu gut, um wahr zu sein, das höre ich oft am Ende eines Gesprächs“, sagt der 53 Jahre alte Diplomkaufmann aus Mülheim an der Ruhr. Sein Plan lautet: Vom Ruhrgebiet aus das Wasser der Welt ein bisschen sauberer machen. Die nötige Technik hat er in der Schweiz gefunden, einen ersten Investor in Griechenland. Aber hierzulande, so erzählt es Muth, sei es noch schwierig, Entscheider aus der Industrie für sein Abwasserreinigungs-Projekt zu begeistern.

Peter Muth trägt ein blaues T-Shirt und lächelt in die Kamera.

Peter Muth von Green Ocean will das Wasser der Welt vom Ruhrgebiet aus reinigen.

Muths Firma Green Ocean, 2018 in der Schweiz gegründet und seit 2021 um ein Büro in Essen erweitert, will aus verunreinigtem Wasser solches machen, das wieder brauchbar und sogar trinkbar ist. „Unsere Technik kann den Wasserkreislauf schließen“, sagt Muth. Sie könne Abwasser wieder nutzbar machen. Auch solches aus der Chemie- oder Kosmetikindustrie, das heute kostenintensiv entsorgt werden muss. Wenn die entsprechenden Firmen ihre Produktionen nicht längst in Regionen der Welt verlegt haben, wo es deutlich weniger strenge Regeln für den Umgang mit toxischem Abwasser gibt.

Aus China rennen sie uns die Bude ein
Peter Muth, Green Ocean

Dort, etwa in Asien, wird schon jetzt die Endlichkeit des Frischwassers deutlich. „Aus China rennen sie uns die Bude ein“, sagt Muth. Auch aus den Arabischen Emiraten lägen Anfragen vor. In seiner Maschine werde Abwasser auf der Basis einer Nassoxidation von toxischen Stoffen befreit. Gebraucht würden dafür „Luft und eine sehr geringe Menge an Chemikalien“, sagt Muth. Die chemischen Verunreinigungen im Wasser würden größtenteils zu Kohlendioxid und Wasser umgebaut. Übrig blieben Moleküle, die in einer normalen Kläranlage biologisch abgebaut werden können.

Schon jetzt existiere in einigen Regionen Deutschlands eine reale Wasserknappheit, sagt Muth, „und das nicht nur im Sommer, wenn der Rhein zu einer Steinlandschaft wird“. Nach Vorhersagen der Vereinten Nationen werde die weltweite Nachfrage die Frischwasserkapazitäten schon 2030 um 40 Prozent übersteigen. Und dann werde es zwischen Industrie und Menschen einen Kampf um das knappe Gut geben, davon ist Muth überzeugt. Sein Traum lautet deshalb: „Wir bauen im Ruhgebiet Maschinen, die Abwasser zur Ressource machen, und schicken sie in alle Welt. Das finde ich besser, als Panzer zu liefern.“

Der Gärtner, der sich von neuartigen Sensoren helfen lässt

Bei Andreas Pellens geht es nicht um ein bisschen Wasser für ein paar Blümchen. Der Gärtner-Meister aus Geldern ist jedes Jahr für 1,2 Millionen Hortensien verantwortlich. Sie werden in seinem Betrieb, der unter seinem Großvater ein Bauernhof war und vom Vater zur Gärtnerei umfunktioniert wurde, aufgezogen und in alle Welt verkauft. Und sie brauchen eine ganze Menge Wasser.

Ein Mann kniet vor vielen Blumentöpfen, in denen Hortensienpflänzchen stecken.

Andreas Pellens pflanzt Hortensien auf seiner Plantage.

Das nimmt Pellens aus Brunnen, die vom Grundwasser unter seinen 15 Hektar Land gespeist werden. Aktuell gibt es da keine Engpässe. Aber der Gärtner denkt voraus. „Wasser ist für uns eine lebenswichtige Ressource“, sagt der 48-Jährige. 1,2 Millionen vertrocknete Hortensien, das wäre eine Katastrophe. Deshalb war es für Pellens auch keine Frage, an einem vom Landwirtschaftsministerium NRW unterstützten europäischen Projekt zur Erprobung von Sensoren teilzunehmen, die Zierpflanzengärtner im Freiland bei der Kontrolle ihres Bestandes unterstützten sollen. „Wenn ich so eine Chance nicht wahrnehme, würde ich ja sehenden Auges ins offene Messer rennen“, sagt Pellens.

Sensorsystem gibt genaue Rückmeldung, welche Pflanzen gerade Wasser brauchen

Das Gärtnern in Gewächshäusern werde in aller Regel bereits sehr wassersparend betrieben. „Das sind geschlossene Systeme auf einer abschüssigen Fläche, das Wasser, das die Pflanzen nicht aufnehmen, wird aufgefangen, gereinigt und wieder genutzt“, erklärt Pellens. Im Freien dagegen wird nach Auge und Erfahrung des Gärtners bewässert. Und wenn es um 28 Parzellen geht, kann es schon mal sein, dass nur einige kontrolliert und dann alle mit Wasser versorgt werden – obwohl das in einigen vielleicht noch gar nicht nötig gewesen wäre.

Das neuartige Sensorsystem, das Pellens im Rahmen des Projektes testet und bereits für gut befunden hat, gibt dem Gärtnermeister dagegen eine genaue Rückmeldung, welche Pflanzen wo gerade Wasser brauchen. Und es hat sich herausgestellt, dass es über eine Salzgehaltmessung auch dabei helfen kann, die Hortensien mit der richtigen Menge an Langzeitdünger zu versorgen – was wiederum auch dem Wasser guttut. Denn weniger Dünger bedeutet weniger Nitrat-Belastung für das Grundwasser. Also sind die Sensoren die besseren Gärtner? Nein, sagt Pellens: „Aber sie sind eine gute Unterstützung.“

Der Stadtplaner, der auf Klima-Reparaturen setzt

Jan Benden hat 2014 zu dem etwas sperrig klingenden Thema „Einbeziehung von Verkehrs- und Freiflächen zur Überflutungsvorsorge bei Starkregen“ promoviert. Heute ist das Prinzip unter dem Begriff „Schwammstadt“ in aller Munde, denn der Klimawandel beschert uns nicht nur extremere Trockenphasen, sondern immer häufiger auch mal ein Plötzliches Zuviel an Wasser durch Starkregenereignisse. Benden ist inzwischen Geschäftsführer von MUST Städtebau, das Unternehmen hat Büros am Kölner Eigelstein und in Amsterdam und widmet sich der Klimaanpassung von Städten.

Jan Benden steht vor der Kölner Eigelstein-Torburg und trägt ein schwarzes Hemd.

Jan Benden versucht den Wasserhaushalt der Städte zu regulieren und sowohl ein Zuviel, als auch ein Zuwenig an Wasser zu verhindern.

Dabei sieht Benden im Wachstum von Städten nicht nur eine Notwendigkeit, sondern auch eine Chance, Ballungsgebiete klimagerecht zu „reparieren“. Einst hatte er vor allem Wasser im Überfluss im Auge. Wohin damit, wenn Starkregen auf die Städte niederprasselt? Es braucht Flächen, auf Dächern, unter Sportanlagen, in Parks oder auf Plätzen, die große Mengen Wasser aufnehmen und verzögert in die Kanalisation abgeben können. Damit die Keller trocken bleiben und die Straßen nicht zu reißenden Flüssen werden.

Gesundes Grün zwischen dem Beton ist in heißen Nächten die beste Klimaanlage

Inzwischen kommt der Schwammstadt aber eine weitere Bedeutung zu: Gespeichertes Wasser kann in Trockenperioden helfen, das Stadtgrün am Leben zu halten. Und gesundes Grün zwischen all dem Beton ist in heißen Nächten die beste städtische Klimaanlage. Bei der Planung müssten oft Kompromisse eingegangen werden, erzählt Benden, weil Platz gebraucht werde, den auch Auto- oder Fahrradfahrer, Liferanten oder Parkplatzsuchende beanspruchen. Und wenn das Wasser knapp wird, konkurriert der Baum in der Stadt irgendwann mit dem Menschen. „Deshalb müssen wir viel mehr auf Regenwasser setzen, um diesen Konflikt nicht zu erzeugen“, betont Benden.

Der Ingenieur nimmt ein Umdenken wahr. Für die Stadt Bonn entwickelt sein Büro gerade ein Schwammstadt-Konzept. Bochum sei sehr aktiv. In Wien handele man vorbildlich. „Aber es gibt auch noch einige Bremser“, sagt Benden. Und manchmal ist der gute Wille da, aber die Umsetzung klappt nicht. Wie etwa in Düsseldorf, wo 1000 Bäume gepflanzt werden sollten, man dann aber gar nicht genug Standorte fand, die nicht von Leitungen im Boden blockiert werden. Fest steht: Wasser und Grün gehörten reichlich in die moderne Stadtplanung. Benden formuliert es so: „Man kann nicht mehr nur in Beton und Quadratmetern denken.“

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