Knigge-Experten erklärenWas tun, wenn ich den Chef in der Sauna treffe?

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Bloß nicht vor Schreck das Handtuch verlieren. Wenn der Chef die Sauna betritt, heißt es trotz Hitze: Cool bleiben.

Bloß nicht vor Schreck das Handtuch verlieren. Wenn der Chef die Sauna betritt, heißt es trotz Hitze: Cool bleiben.

In der Sauna, im Urlaub oder beim Therapeuten: Auch wenn wir unsere Chefs und Kollegen mögen, in manchen Situationen möchte man ihnen vielleicht doch lieber nicht begegnen. Dabei passiert es häufig genug. Was also tun? Bloß nicht ignorieren, sagen Knigge-Experten. Wir haben sie auf einzelne Situationen angesprochen.

Mit dem Chef in der Sauna: „Schön, dass Sie sich auch hier entspannen.“

Manch einer lässt womöglich vor Schreck das Handtuch fallen, wenn der Chef oder Kollege in der Sauna auf einmal nackt vor einem steht. Umdrehen und weglaufen ist aber die schlechteste Lösung, wie Knigge-Experte Rainer Wälde erklärt, „auch wenn einem die Situation peinlich ist.“ Der Vorsitzende des Deutschen Knigge-Rats rät zu einer kurzen namentlichen Begrüßung und einem freundlichen Abschluss, etwa mit dem Satz: „Schön, dass Sie sich auch hier entspannen.“ Das reiche aus, so der Experte.

„Auf gar keinen Fall sollte man den Chef auf ein berufliches Projekt ansprechen“, sagt Wälde. Falls der Vorgesetzte von sich aus unbedingt etwas Berufliches abklären möchte, sollte man ihn, wenn es nicht bis zum nächsten Arbeitstag Zeit hat, bitten, zusammen die Sauna zu verlassen und an die Bar zu gehen, wie Wälde empfiehlt. „Dann können sich zumindest beide einen Bademantel überziehen und fühlen sich etwas wohler.“

Beim Therapeuten: Man muss sich nicht erklären

Mancher Mitarbeiter rede sich in solchen Situationen vor lauter Aufregung um Kopf und Kragen und trete in jedes Fettnäpfchen, weiß Wälde. Besser sei es aber, ruhig zu bleiben und sich für solche Fälle vorzunehmen, „freundlich auf Abstand zu gehen“. Wer einen Arbeitskollegen beim Psychotherapeuten trifft, sollte ihn Wälde zufolge freundlich begrüßen und um Vertraulichkeit bitten. „Wer seinem Chef beim Therapeuten begegnet, grüßt ihn nett, braucht aber nichts weiter zu erklären oder gar irgendetwas über sein Krankheitsbild zu erzählen“, erklärt der Experte aus Limburg. Eine Frage wie nach dem Zahnarztbesuch à la „War's denn schlimm?“ sei vollkommen unangebracht.

Im Erotik-Shop: Den Chef freundlich grüßen

Auch im Erotik-Shop gilt: Abtauchen kann nicht die Lösung sein. „Im Gegensatz zu Kindern können wir uns nicht einfach verstecken oder die Decke über den Kopf ziehen“, betont Wälde. „Als Erwachsener muss man mit unangenehmen Situationen souverän umgehen lernen.“ Wer den Arbeitgeber oder Kollegen im Erotik-Shop trifft, sollte daher einfach freundlich grüßen, so Wälde. „Die prüden Zeiten sind ja inzwischen vorbei.“ Trotzdem sei es besser, diskret zu sein und nicht genau zu verfolgen, wofür der jeweils andere sich genau interessiert oder was er kauft.

Im Restaurant: Nicht auf Begleitung ansprechen

Horst Hanisch, Knigge-Experte aus Bonn, betont, dass man grundsätzlich die Privatsphäre der Kollegen und des Chefs akzeptieren sollte. Er hält in privaten Kontexten „ein kurzes Zunicken mit den Augen“ für angemessen. Im Restaurant, Theater oder Kino könne man dem jeweils anderen so signalisieren, dass man sich registriert habe, ein Small Talk sei aber nicht unbedingt notwendig.

Wenn der Chef nun mit einem Gespräch beginne, könne man kurz und knapp darauf antworten. Kniffliger sei es, wenn der jeweils andere eine Begleitung dabei habe. „Wenn diese nicht vorgestellt wird, sollte man diese auch nicht in das Gespräch einbeziehen und in jedem Fall Nachfragen à la 'Ist das Ihre Frau?' vermeiden“, empfiehlt Hanisch.

Im Zug: Kurz zunicken und weitergehen

Gerade hatte man noch einen anstrengenden Termin zusammen, jetzt steigt der Kollege oder Vorgesetzte zufällig in dasselbe Zugabteil. Was tun? „Es ist vollkommen in Ordnung, wenn man sich kurz zunickt, dann aber weiter geht“, sagt Hanisch. „Wenn man aber selbst Lust auf eine Unterhaltung hat und der andere das auch andeutet, indem er etwa kurz neben meinem Platz stehen bleibt, kann man ihm auch helfen“, erklärt der Buchautor. So könne man mit der Formulierung „Wenn Sie keinen Platz finden, können Sie sich gerne auch hierher setzen“ signalisieren, dass beide Varianten für einen in Ordnung seien, so Hanisch.

Beim Sommerfest: Nicht auf das Gehalt ansprechen

„Auch wenn manche es vielleicht als perfekte Möglichkeit ansehen, um mit dem Chef einmal in Ruhe über eine neue Idee oder eine Gehaltserhöhung zu sprechen - das Sommerfest, die Weihnachtsfeier oder der Betriegsausflug ist dafür nicht die richtige Gelegenheit“, warnt Hanisch. Es gehe vielmehr darum, einmal zwanglos etwas Zeit miteinander zu verbringen. Es sei unfair, den Arbeitgeber in einer Situation, in der mit allen Mitarbeitern ein unverbindliches zwangloses Gepräch möglich sein soll, mit dienstlichen Fragen aus dem Konzept zu bringen.

Im Urlaub: Mit dem Chef an der Pool-Bar

Es sollte so ein schöner Urlaub werden: ein schickes Hotel auf einer einsamen Insel direkt am Strand. Alles scheint perfekt zu sein, endlich kann man einmal richtig ausspannen, denkt an nichts Böses, das Blackberry hat man zu Hause gelassen - da trifft man den Chef höchstpersönlich am Hotelbuffet. Was nun? Und vor allem, was wenn er auch die nächsten zwei Wochen mit seiner Familie im selben Hotel verbringt? „Halten Sie während des Urlaubs eine gesunde Distanz, ein kurzer Gruß am morgendlichen Büffet genügt“, empfiehlt Knigge-Experte Rainer Wälde. „Auch hier entscheidet der Chef, ob er Smalltalk will und kann jederzeit damit starten.“ Berufliche Themen sollte man in jedem Fall auf die Zeit nach dem Urlaub vertagen, erklärt Wälde. „Wichtig ist: Ich bleibe offline und muss mich im Urlaub nicht um Businessthemen kümmern.“

Horst Hanisch findet, dass jeder - trotz allem - das tun sollte, was er mag. Um sich so selten wie möglich zu sehen, könne man notfalls auch mehr Tagesausflüge machen als eigentlich geplant. Hanisch sieht hier auch eher den Vorgesetzten in der Pflicht: „Ein ‚guter‘ Chef würde seinen Mitarbeiter am letzten Abend gegebenenfalls zu einem Drink an die Bar einladen.“ Na dann, Prost, Chef! Auf den Urlaub!

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