Hohe NachfrageImmer mehr Kölner wollen eine Klimaanlage – Experten geben Tipps

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Luftbild von Dächern in der Kölner Innenstadt. Auf einigen sind Klimaanlagen zu sehen.

Auf manchem Dach in der Kölner Innenstadt sind Klimaanlagen zu erkennen, die Zahl steigt. (Archivbild)

Welche Optionen es für die eigene Wohnung gibt, wie sich der Markt verändert und welche Klimabilanz Kältegeräte haben.

Die Deutschen entdecken Klimaanlagen für sich. Auch wenn die Jahresmitteltemperatur hierzulande bei ungefähr zehn Grad liegt: In den immer häufiger langen und heißen Sommern wird es unterm Dach trotzdem unangenehm warm. Klimaanlagen, die in südeuropäischen und nordamerikanischen Privatwohnungen schon lange Standard sind, kannte man in Deutschland bisher vor allem aus Büros. Das ist Geschichte.

Alfred Nesseler hat diese Entwicklung mitgemacht, sie hat sein Geschäft verändert. Nesseler führt in Wesseling einen Fachbetrieb für Kälteanlagenbau im Raum Köln und Bonn – und Mallorca, wo er Fincas deutscher Auswanderer ausstatte, erzählt er. Er baut Split-Klimageräte ein. Sie bestehen aus einem Kühlgerät im Raum und dem Kompressor außerhalb des Hauses.

Mit 42 Grad im Jahr 2018 fing es an

2018 habe es angefangen, sagt Nesseler dem „Kölner Stadt-Anzeiger“, während einer Hitzephase mit annähernd 40 Grad Lufttemperatur. Seine Kunden hätten regelrecht Angst vor der Hitze und wollten seither vorsorgen. „Als wir angefangen haben vor 50 Jahren, haben wir über 95 Prozent Gewerbekälteanlagen gebaut“, sagt Nesseler. „Das ist total gekippt.“ Jetzt, schätzt er, baue der Betrieb 95 Prozent private Klimaanlagen ein. Corona hat den Trend beschleunigt: Statt im gekühlten Büro arbeiteten die Kölnerinnen und Kölner zu Hause – und schwitzten.

Heribert Baumeister, Bundesinnungsmeister des Verbands des Deutschen Kälteanlagenbauerhandwerks, bestätigt: „Der Run auf Klimaanlagen nimmt zu.“ Zu den Temperaturen steige auch das Komfortbedürfnis: Wer auf der Arbeit eine Klimaanlage gewöhnt ist, wünsche sie sich auch für sein Zuhause.

Klimaanlagen: Monoblock versus Split-Geräte

Die Kosten für den Einbau einer Split-Klimaanlage durch einen Fachbetrieb inklusive des Geräts fangen bei 2500 Euro an. Einzeln kosten einfache Geräte 1000 bis 2500 Euro. Die Stromkosten belaufen sich laut Stiftung Warentest auf etwa 40 Euro im Jahr.

Erste Anlaufstelle für viele sind aber nicht Split-Anlagen, sondern Monoblock-Modelle, die es zum Beispiel im Baumarkt schon für 200 Euro zu kaufen gibt. Mit einem Schlauch zum Fenster leiten die mobilen und kompakten Anlagen warme Luft nach draußen und verteilen kühle im Raum. Ihr Vorteil: Sie können auch in Mietwohnungen unkompliziert genutzt werden und sind in der Anschaffung vergleichsweise günstig. Ihr Nachteil: Sie können laut sein und haben mitunter einen hohen Stromverbrauch. Stiftung Warentest rechnet mit 60 bis 140 Euro Stromkosten jährlich.

Die Verbraucherzentrale weist darauf hin, dass sich Monoblock-Geräte bei weniger als 20 Hitzetagen jährlich nicht lohnten. Zudem zweifelt sie den Effekt dieser Modelle an. Durch das offene Fenster, und sogar wenn der Abluftschlauch durch eine Bohrung nach draußen führt, sorge der Unterdruck im Raum für einen ständigen Nachstrom warmer Luft von anderer Stelle.

Import von Klimageräten in einem Jahrzehnt verdoppelt

Wie viele private Haushalte in Köln eine Klimaanlage haben, ist unbekannt. Nesseler schätzt den Anteil der Haushalte mit Split-Geräten auf drei Prozent. Auch für Deutschland gibt es keine genauen Zahlen. In einer gerade veröffentlichten Umfrage von Verivox gaben 13 Prozent der Deutschen an, eine Klimaanlage, welche Art auch immer, zu besitzen. Es gibt also noch viel Luft nach oben, der von den Experten beschriebene Andrang auf die Geräte ist auf niedrigem Niveau gestartet.

Aber er macht sich bei den Händlern bemerkbar: 2021 wertete das Statistische Bundesamt aus, dass sich der Import von Klimageräten nach Deutschland in den vorherigen zehn Jahren verdoppelte, auf einen Umsatz von insgesamt 187,8 Millionen Euro im Jahr 2020. Wichtigstes Herkunftsland ist China.

Das sorgt für ein Problem, das den eigentlich wachsenden Markt ausbremst. Er kämpft seit der pandemiebedingten Unterbrechung von Lieferketten mit Engpässen. „Die Branche ist seit vielen Jahren nicht nur ausgelastet, sondern überlastet“, sagt Baumeister. Hinzu kommt der Fachkräftemangel. Die Ausbildungszahlen steigen, aber nicht ausreichend. Bis 2007 hieß der Beruf Kälteanlagenbauer, jetzt sind es Mechatroniker für Kältetechnik, die in 3000 Betrieben in Deutschland arbeiten.

Umweltbilanz von Klimaanlagen umstritten

Die Klimaanlage ist bei Deutschen auch deshalb noch nicht so beliebt wie in anderen Ländern, weil sie den Ruf einer schlechten Umweltbilanz hat. Das Paradoxon: Sie kühlt einen Raum und erhitzt das Klima. Allerdings variiert die Umweltauswirkung der Modelle. Split-Anlagen sind mit geringerem Stromverbrauch und besserem Kühleffekt deutlich effizienter. Kommt die Energie aus erneuerbaren Quellen, ist der CO₂-Fußabdruck kleiner.

Neben den indirekten CO₂-Emissionen stellen die Kältemittel der Geräte ein Problem dar. Fluorierte Treibhausgase können sich sehr stark negativ auf das Klima auswirken, bis zu 23.500-mal intensiver als Kohlendioxid, schreibt das Umweltbundesamt. Bis 2017 sind die Emissionen dieser Gase gestiegen, Hauptursache ist ihr Einsatz als Kältemittel. Nun sinken sie, auch weil die EU die Begrenzung der Verkaufsmengen des zumeist verwendeten Kältemittels HFKW (teilfluorierten Kohlenwasserstoffen) verordnete.

Haben die Anlagen Lecks, tritt das Kältemittel aus und gelangt in die Umwelt. Das soll gerade in kleinen Anlagen mit kurzen Leitungen so gut wie nie auftreten, sagt Kälteanlagenbauermeister Alfred Nesseler.

Klimaanlage als kleine Wärmepumpe

Ihre Energieeffizienz und damit ihre Umweltbilanz können Klimageräte steigern, wenn sie eine Wärmepumpenschaltung haben. „Ein Klimagerät ist nichts anderes als eine Wärmetransportmaschine“, sagt Nesseler. Kehrt man die Schaltung um, entzieht die Anlage der Außenluft Wärme und schickt sie in den Raum. Kölner Kunden nutzten diese Funktion aber kaum, ist Nesselers Beobachtung.

„Die Deutschen wollen ihre Zentralheizung haben, die sind noch nicht so weit“, sagt Nesseler. Sein Vorbild ist Schweden, das mit einem weniger dichten Gasnetz als in der Region und härteren Gesetzen gegen Öl und Gas europäischer Vorreiter im Wärmepumpenheizen ist. Mit dem geplanten Gebäudeenergiegesetz ginge Deutschland in eine ähnliche Richtung.

Eine Klimaanlage muss also auch an kälteren Tagen nicht nutzlos sein, sondern kann eine Alternative zur Heizung bieten. Kleine, einzelne Anlagen in Wohnungen sind meist zu schwach, diese ganz zu ersetzen. Aber im Herbst lässt sich mit ihnen die Heizungseinschaltung verzögern – und Gas oder Öl einsparen.

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