Kommentar zum BezahlenBargeld abschaffen? Nur Bares ist Wahres

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Bargel Münzen Scheine

Ein Leben ohne Münzen und Scheine? Für Thorsten Breitkopf nicht vorstellbar.

  • Laufen Sie gerade mit Hundertern im Geldbeutel durch die Stadt, um alle Geschenke mit Barem zu erwerben? Oder würden Sie am liebsten auch die Tasse Glühwein am Weihnachtsmarkt digital bezahlen?
  • Unsere Autoren diskutieren: Sollte Bargeld abgeschafft werden?
  • Lesen Sie hier das Contra von Thorsten Breitkopf, der auf Bargeld und somit seine Privatsphäre nicht verzichten will.

An die Kirmestage meiner Kindheit erinnere ich mich noch gut. Da ich Karussells und Achterbahnen nicht besonders reizvoll fand, war diese Zeit so etwas wie mein persönlicher Weltspartag. Denn Onkel und Tanten drückten mir vorab die begehrten Fünf-Mark-Stücke in die Hand, die Limo, Eis und Autoscooter (oder in meinem Fall erste Ersparnisse) ermöglichten. Stellen Sie sich nun vor, es gäbe kein Bargeld. Bei aller digitalen Offenheit auch heutiger Omas, Tanten, Onkel und Opas ist doch fraglich, ob die finanzielle Ausbeute ohne Bargeld ähnlich aussehen würde. Denn der Effekt, den die Überreichung der dicken Münze (oder gar eines Scheines) bei Schenkenden und Beschenkten hatte, wird sich nicht einstellen, wenn die Tante ihr Handy zückt und für niemanden erkennbar per Paypal zwei Euro 50 an den jungen Kirmesbesucher schickt. Münzen und Scheine erleichtern gerade Kindern das Erlernen eines sparsamen Umgangs mit Geld.

Bargeld ist aber nicht nur Emotion. Bargeld ist auch ein Instrument, um Erwachsene zu einem sorgsamen Umgang mit Geld zu erziehen. Ist das Portemonnaie leer, kann man nichts mehr kaufen. Um zu sehen, wie viel Geld noch im Geldbeutel (oder in der Spardose) ist, reicht ein Blick. Man braucht dafür weder Smartphone noch Internetzugang. Schon gar nicht irgendwelche Apps.

Lesen Sie hier den Kommentar von Kendra Stenzel, die Bargeld am liebsten ganz abschaffen will.

Die Gegner des Bargeldes argumentieren, dies sei das Öl im Motor von Kleinkriminalität und Schwarzarbeit. Da ist was dran. Denn auch der Haschisch-Dealer oder die nicht angemeldete Putzfrau werden kaum ihre 24-stellige IBAN preisgeben, um sich den illegalen Lohn überweisen zu lassen. Doch auf solchen Märkten werden sich Alternativ-Währungen etablieren.

Der Autor

Thorsten Breitkopf, 42, ist Leiter des Wirtschafts-Ressorts und war früher mal Banker. Das prägte seine Wertschätzung für Münzen und Scheine. Für ihn gilt noch der Spruch: Nur Bares ist Wahres. Er glaubt, dass Bargeld erzieht und vor Überwachung schützt. 

Das hat es zu allen Zeiten gegeben. Viele Schwarzmärkte der Welt funktionieren mit Kaffee, Zigaretten oder gleich Edelmetall. Und größere Transaktionen wickeln Kriminelle in Zeiten von Darknet und Bitcoin schon seit langem nicht mehr mit einem Koffer voller Dollar-Noten ab. Bargeld hat aber noch einen anderen Effekt: es funktioniert ganz unabhängig von elektronischen Hilfsmitteln. Geld rüber, Ware her. Einfacher geht es nicht. Das garantiert auch Trinkgeld in der Gastronomie und das Einkommen von Menschen, die Toiletten reinigen und vor der Klotür mit einer Untertasse sitzen. Ein Kartenlesegerät haben die nicht.

Alle Menschen haben darüber hinaus ein berechtigtes Interesse ans Diskretion. Ich möchte nicht, dass meine Frau weiß, was ich ihr zu Weihnachten schenke, weil sie es im Online-Banking auf dem gemeinsamen Konto im Betreff der Überweisung bereits gelesen hat. Bei Bargeld habe ich diese Sorge nicht. Und nicht nur der Ehepartner kontrolliert in der bargeldlosen Welt ja, wofür ich mein Geld ausgebe. Im Zweifel weiß es auch die Bank, der Staat, der Handy-Anbieter und all deren Vertragspartner. Bares ist Wahres. Münzen und Scheine bieten Schutz vor staatlicher Willkür. Sie verhindern, dass ich zig mal am Tag meinen elektronischen Fingerabdruck hinterlasse, und damit auch meinen Aufenthaltsort und meine Konsum-Vorlieben.

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