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KommunenDuisburg ist teuerste Großstadt bei Grundsteuer

Lesezeit 3 Minuten
  1. Acht der zehn Gemeinden mit den höchsten Hebesätzen in Deutschland liegen in Nordrhein-Westfalen

Berlin – Deutschlands Kommunen haben im vergangenen Jahr einen Rekordüberschuss von zehn Milliarden Euro erzielt. Die Gesamtverschuldung ging um ein Prozent zurück. Es ist zunächst einmal eine gute Nachricht, die der Kommunalsteuerreport der Wirtschaftsberatung EY Beratung aussendet.

Die Sache hat allerdings mindestens einen Haken: Der Anstieg der Steuereinnahmen ist nämlich nicht allein der guten Konjunktur geschuldet, sondern teils kräftigen Erhöhungen der Grund- und Gewerbesteuer. Gerade Städte und Gemeinden in strukturschwachen Regionen sahen sich dazu veranlasst, um einen genehmigungsfähigen Haushalt vorlegen zu können. Sie verschlechterten damit zugleich ihre Attraktivität als Wohn- und Wirtschaftsstandort. Besonders betroffen sind nordrhein-westfälische Kommunen. In keinem anderen Bundesland liegt der Grundsteuer-Hebesatz für bebaute Flächen mit durchschnittlich 534 Punkten so hoch wie an Rhein und Ruhr.

Acht der zehn Gebietskörperschaften mit den bundesweit höchsten Hebesätzen liegen in NRW. Unter den Großstädten befindet sich Duisburg mit 855 Punkten an der Spitze. In Bergneustadt, Bönen, Hürtgenwald, Altena, Witten, Aldenhoven, Hattingen, Overath und Niedeggen gelten Hebesätze zwischen 959 und 850 Euro. Unter dem Strich stiegen die Grundsteuersätze in NRW zwischen 2012 und 2017 um 24 Prozent.

In Bayern und Baden-Württemberg waren es nur drei und zwei Prozent. Getoppt wird das NRW-Ergebnis nur von Hessen mit einem Anstieg um 51 Prozent. Das hessische Nauheim führt mit 960 Punkten auch die Kommunenliste mit den höchsten Grundsteuerhebesätzen an.

Für die Gewerbesteuer gilt ähnliches: Mit durchschnittlichen Hebesätzen von 448 Prozent liegt NRW an der Spitze der Flächenländer, gefolgt vom Saarland (421), Sachsen (395), Thüringen (381) und Hessen (380). An der Spitze der Großstädte erscheint Oberhausen mit 550 Prozent. Bundesweit erhöhten seit 2012 rund 53 Prozent aller Kommunen die Gewerbesteuer, 60 Prozent hoben die Grundsteuer an. Die Einnahmen aus beiden Steuerarten nahmen in diesem Zeitraum um 25 und 17 Prozent zu. Das machte sich auch in wirtschaftlich angeschlagenen Regionen bemerkbar. In NRW stiegen die kommunalen Steuereinnahmen allein im vergangenen Jahr um neun Prozent und erbrachten einen Überschuss von drei Milliarden Euro.

Extrem konjunkturabhängig

Ob das so weiter geht, ist indessen fraglich. Gerade die Gewerbesteuereinnahmen, die ansässige Unternehmen entrichten, sind extrem konjunkturabhängig. Zudem verschlechtern hohe Steuersätze die Position einer Kommune im Wettbewerb um Menschen und Betriebe. Während prosperierende Regionen im Süden weitgehend auf Steuererhöhungen verzichten konnten, hätten gerade besonders finanzschwache Kommunen ihre Situation im Standortwettbewerb weiter verschlechtert, heißt es bei EY. Die kommunale Zwei-Klassen-Gesellschaft habe sich dadurch mancherorts weiter verfestigt. Die „Grenze des Zumutbaren“ sei vielerorts erreicht.

Damit ist das Dilemma der betroffenen Gebietskörperschaften beschrieben: Ohne hohe Steuersätze fehlen die Einnahmen für das Notwendigste, zugleich belasten Grund- und Gewerbesteuern Mieter, Wohneigentümer und örtliche Betriebe, sie schwächen Kauf- und Wirtschaftskraft. Gesellschaftspolitisch sind abgehängte Menschen in abgehängten Landstrichen auf Dauer nicht hinnehmbar. Daher ist eine Grundgesetzänderung, die dem Bund direkte Finanzhilfen für Kommunen ermöglichte, dringlicher denn je.