Nicht nur KaffeeBei diesen Waren wird das Leben nach Corona teurer

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Tchibo erhöht den Kaffeepreis um 14 Prozent.

Köln – Die Inflation steigt, daran besteht kein Zweifel, die Ökonomen sind sich einig. Doch wann merken es auch Verbraucher? In der Regel dann, wenn beliebte Produkte des täglichen Bedarfs im Preis anziehen. Das ist diese Woche geschehen. Kaffee wird teurer: Tchibo erhöhte die Preise je nach Sorte und Herkunftsland um 50 Cent bis einen Euro pro Pfund. Die beliebte Standardpackung „Feine Milde“ kostet ab sofort 5,69 Euro statt bisher 4,99 Euro. Dieser Preisanstieg übertrifft sogar die schlimmsten Inflationsängste, ist es doch beim Lieblingsgetränk der Deutschen ein Anstieg um 14 Prozent. Doch auch viele andere Produkte werden aktuell deutlich teurer. Die Fondsgesellschaft Union Investment hat Sparer zu ihren Inflationssorgen befragt. Warum vieles teurer, was teurer wird und wie sich die Preise weiter entwickeln: ein Überblick.

Was wird alles teurer?

Was etwa zunehmend teurer werden könnte, sind nach Einschätzung vieler Experten Fleischwaren wie beispielsweise Frischfleisch, da hier besonders die steigenden Kosten für die Futterproduktion zu Buche schlagen. „Wenn sich die Preise noch eine Weile so halten für Pflanzenöle und für Getreide, dann wird sich das innerhalb einiger Monate sicherlich in den Lebensmittelpreisen auch im Supermarkt niederschlagen“, sagte der Vorstandsvorsitzende des Vereins der Getreidehändler der Hamburger Börse, Thorsten Tiedemann, der Deutschen Presse-Agentur. Besonders bei Produkten wie Mehl und Pflanzenöl dürfte der Weltmarkttrend nach Einschätzung Tiedemanns auf die Verbraucherpreise in Supermärkten starke Auswirkungen haben. Die Welternährungsorganisation FAO (Food and Agriculture Organization) bestätigt den Trend der steigenden Preise. Betroffen seien dabei fast alle Agrarrohstoffe. Im Vergleich zum Vorjahr habe der FAO-Preisindex einen Preisanstieg von 31 Prozent für Nahrungsmittel verzeichnet. Dies sei der höchste Stand seit sieben Jahren. Besonders bei Ölsaaten habe sich im Vergleich zu April 2020 das Preisniveau verdoppelt.

Welche Rolle spielt die Corona-Pandemie bei den Preisen?

Laut Tiedemann tragen auch wirtschaftliche Engpässe durch die Corona-Krise zu den historischen Preisausschlägen bei zahlreichen Supermärkten wie beispielsweise Aldi, Lidl, Edeka und Co. bei. Außerdem spiele auch die Getreide-Anbaumenge eine große Rolle, welche durch Fehlernten und schlechtes Wetter geringer ausgefallen sei. Während der Corona-Pandemie sind zudem zahlreiche weitere Lebensmittel in Supermärkten im Preis gestiegen.

Wie entwickelt sich der Benzinpreis?

Während der Benzinpreis stagniert, verteuert sich Diesel-Kraftstoff - das zeigt die ADAC Auswertung der Kraftstoffpreise in Deutschland vom vorigen Freitag. So kostet ein Liter Super E10 wie in der Vorwoche im bundesweiten Mittel 1,498 Euro. Der Diesel-Preis steigt dagegen um 0,8 Cent und liegt aktuell bei 1,356 Euro. Leicht gestiegen ist der Preis für Rohöl. Er rangiert derzeit bei etwa 72 US-Dollar je Barrel, vor Wochenfrist kostete ein Barrel der Sorte Brent noch etwas weniger als 70 Dollar. Schaut man sich die Entwicklung der vergangenen zwölf Monate an, sieht man allerdings einen deutlichen Anstieg. Anfang Juni 2020 kostete laut ADAC ein Liter Super-Benzin durchschnittlich 1,18 Euro. Bis zum Jahreswechsel zog er mit Schwankungen auf 1,25 Euro. Ende Mai wurden im Schnitt mehr als 1,50 Euro bezahlt, insgesamt entspricht das einem Anstieg von mehr als einem Viertel binnen Jahresfrist.

Welche Rohstoffe werden teurer?

Holz, Computerchips, Kunststoff, Kupfer, Aluminium und Stahl sind heute das, was vor einem Jahr in deutschen Supermärkten das Klopapier war. Mit diesen Rohstoffen werden auf dem deutschen Markt Fahrräder, Autos und Computer entweder knapp oder teurer. Das hat mehrere Gründe: Die weltweite Pandemie ist genauso eine Ursache wie die Erholung der globalen Wirtschaft. Aber auch verstärkte Anstrengungen für den Klimaschutz spielen eine Rolle.

Warum steigen die Preise so stark?

Die aktuelle Inflation wird getrieben von Knappheit bei vielen Vorleistungsgütern oder auch Rohmaterialien wie Metall oder Holz. „Der Grund ist, dass die Unternehmen fehlgeplant haben. Sie haben erwartet, dass die Pandemie mit ihren Folgen länger anhält und entsprechend ihre Lager und Produktionskapazitäten heruntergefahren", sagt Ulrich Kater, Chefvolkswirt der Deka-Bank dem „Kölner Stadt-Anzeiger. Jetzt seien alle weltweit überrascht von der schnellen Erholung. Das werde erst Mitte nächsten Jahres wieder aufgeholt sein. Die erste Preisanhebung von Kaffee seit 2017 begründet Tchibo mit den gestiegenen Rohkaffee-Preisen. So hat die schlechte Ernteprognose des weltgrößten Kaffeeerzeugers Brasilien die Einkaufspreise zuletzt nach oben getrieben. Viele erwarten, dass die Wettbewerber nun folgen werden.

Was fürchten die Verbraucher?

Beinahe neun von zehn Sparern in Deutschland rechnen laut einer Umfrage der Fondsgesellschaft Union Investment damit, dass die Preise in den kommenden sechs Monaten anziehen werden (89 Prozent). Zwar glaubt die Mehrzahl (66 Prozent), dass sich dies nur leicht bemerkbar macht. Der Anteil derer, der mit stark steigenden Preisen rechnet, erreicht mit 23 Prozent jedoch im Vergleich zu den Vorjahren ein neues Maximum. Gleichzeitig rechnen so wenige wie je zuvor mit gleich bleibenden Preisen (acht Prozent, 3. Quartal 2020: 27 Prozent). Die Zahl derjenigen, die mit leicht fallenden Preisen rechnen, liegt bei zwei Prozent (3. Quartal 2020: neun Prozent).

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Wie kommen die Verbraucher zu ihrer Einschätzung?

Bei der Einschätzung, wie sich die Preise künftig entwickeln, orientieren sich die meisten Befragten laut Union-Befragung an dem, was sie für ihre regelmäßigen Einkäufe im Supermarkt zahlen (83 Prozent). Gut zwei Drittel machen ihre Meinung auch an den Immobilien- und Mietpreisen (68 Prozent) sowie den Benzinpreisen (66 Prozent) fest. Mehr als die Hälfte entnimmt ihr Bild zur Preisentwicklung der Berichterstattung in den Medien (51 Prozent). 37 Prozent ziehen die Entwicklung ihres eigenen Guthabens zu Rate.

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