OppenheimNeues Kapitel im Prozess

Die frühere Oppenheim-Niederlassung in Düsseldorf.
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- Revision gegen das Strafmaß vor dem Bundesgerichtshof
Köln – Mehr als 100 Zeugen wurden in zwei Jahren vernommen, 15 000 Urkunden vorgelegt. "Die Zeit ist fortgeschritten. Die Luft ist schlecht. Aber wir werden heute fertig", versichert Sabine Grobecker, Vorsitzende Richterin des 16. Großen Strafkammer am Kölner Landgericht. Es ist Donnerstag, 9. Juli 2015, 19.20 Uhr, als das erste Kapitel der Aufarbeitung des Niedergangs von Sal. Oppenheim, der einst größten Privatbank Europas, geschlossen wird.
Zweieinhalb Jahre später wird es am 24. Januar, vor dem Bundesgerichtshof in Karlsruhe wieder aufgeklappt. Die Staatsanwaltschaft ist unzufrieden mit den aus ihrer Sicht zu milden Urteilen gegen die vier Ex-Banker und hat Revision gegen das Strafmaß eingelegt. Sie sind der Auffassung, das Landgericht habe die Strafen angesichts eines Schadens von 83,7 Millionen Euro viel zu niedrig bemessen.
Zwar werden alle vier wegen wegen schwerer Untreue zu Freiheitsstrafen verurteilt, doch lediglich der für das Risikomanagement verantwortlichen Friedrich Carl Janssen (73) muss für zwei Jahre und zehn Monate in Haft. Die Strafen gegen den Ex-Sprecher der Bank, Matthias Graf von Krockow (68), und den für die Investmentsparte zuständigen Dieter Pfundt (65) fallen mit zwei Jahren milder aus. Sie werden zur Bewährung ausgesetzt. Das gilt auch für den Ex-Manager Christopher Freiherr von Oppenheim (52), der zu einem Jahr und elf Monaten verurteilt wurde. Die Bewährungsstrafen sind mit Zahlungen von je 300 000 Euro verknüpft.
Nach dem Urteil des Landgerichts, das noch nicht rechtskräftig ist, gewährten die vier Angeklagten 2008 als Verantwortliche des Bankhauses Sal. Oppenheim ohne Abstimmung mit den Aufsichtsgremien der Bank dem Warenhauskonzern Arcandor einen ungesicherten Kredit in Höhe von 20 Millionen Euro. Darüber hinaus kauften sie für das Bankhaus im Rahmen einer Kapitalerhöhung ausgegebene Aktien an Arcandor im Wert von 19,1 Millionen Euro, zahlten aber dafür 59,8 Millionen.
Die Arcandor AG, zu der unter anderem Karstadt und Quelle gehörten, befand sich in der Krise, und es lag kein Sanierungskonzept vor; im Juni 2009 wurde das Insolvenzverfahren über ihr Gesellschaftsvermögen eröffnet. Daneben schädigten die vier Angeklagten das Bankhaus durch ein Immobiliengeschäft um mindestens 23 Millionen Euro durch den Kauf eines Grundstücks und den geplanten Neubau eines Bankgebäudes in der Frankfurter Innenstadt.
Ex-Banker Friedrich Carl Janssen, der als einziger zu einer Freiheitsstrafe ohne Bewährung verurteilt wurde, hatte im Prozess einen der Hauptgründe für die vergleichsweise harte Strafe selbst geliefert. Bis zuletzt hat er darauf beharrt, die missglückte Rettungsaktion für den Handelskonzern Arcandor im September 2008 sei alternativlos gewesen. Die Arcandor-Großaktionärin Madeleine Schickedanz habe eine Nachbesicherung ihrer Millionenkredite bei Sal. Oppenheim davon abhängig gemacht, dass die Bank sich im Gegenzug mit frischem Kapital an der Rettung von Arcandor beteilige. Deshalb habe es für ihn keine Alternative gegeben. Man habe Schaden von der Bank abwenden müssen. Vor dem sogenannten Rettungswochenende habe er von der Arcandor-Krise gar nichts gewusst. Diese Version hat ihm das Landgericht nicht abgenommen.
Dieter Pfundt hingegen hatte es eine Art Außenseiterbonus zugestanden. Weil das von ihm verantwortete Investmentbanking in Frankfurt in der Finanzkrise schwer ins Schleudern geraten war, habe man bereits darüber nachgedacht, ihn als Gesellschafter aus der Bank zu entlassen.
Der damalige Sprecher des Bankgesellschafter, Matthias Graf von Krockow, zog mit einem späten Geständnis nach mehr als 100 Verhandlungstagen den Kopf aus der Schlinge. Dadurch habe er zur Abkürzung des Verfahrens beigetragen. Christopher von Oppenheim kam mit der mildesten Strafe davon, weil er sich kooperativ gezeigt hatte. Die vier Ex-Bankchefs und der Immobilienunternehmer Josef Esch, der wegen unerlaubten Betreibens von Bankgeschäften eine Strafe von 495 000 Euro zahlen muss, haben ebenfalls Revision beim BGH eingelegt. Wann darüber entschieden wird, steht noch nicht fest.