OppenheimRücksicht auf die oberste Etage
Köln – Christopher Freiherr von Oppenheim, einer der früheren persönlich haftenden Gesellschafter des Bankhauses Sal. Oppenheim, hat am Mittwoch im Untreue-Prozess gegen Georg Baron von Ullmann, der Aufsichtsratschef des Kreditinstituts und Vize des Aktionärsausschusses war, die Aussage verweigert. Wie erwartet berief er sich darauf, dass jeder Zeuge schweigen darf, wenn er mit seiner Aussage zum Anklagevorwurf sich selbst oder einen nahen Angehörigen belasten würde.
Hintergrund im konkreten Fall ist, dass sowohl von Oppenheim als auch die Staatsanwaltschaft Revision gegen ein Urteil des Kölner Landgerichts vom Juli 2015 eingelegt haben. Als einer von fünf Angeklagten war der Ex-Banker wegen Untreue, die auch den aktuell verhandelten Fall betrifft, zu einem Jahr und elf Monaten Haft auf Bewährung verurteilt worden. Der Bundesgerichtshof hat die mündliche Hauptverhandlung für Januar 2018 anberaumt. Das Verfahren schwebt also, daher hat von Oppenheim das Recht, die Auskunft zu verweigern.
Ursprünglich sollten am Mittwoch auch die drei anderen persönlich haftenden Gesellschafter in den Zeugenstand treten. Doch alle drei waren verhindert. Matthias Graf von Krockow ist auf unbestimmte Zeit erkrankt, Friedrich Carl Janssens Termin ist auf den 25. Oktober verlegt worden und Dieter Pfundts Termin auf den 9. November. Doch weil sie alle nach dem Mammutprozess um den Niedergang der Privatbank, in dem außer ihnen der Immobilienunternehmer Josef Esch verurteilt wurde, ebenfalls in Revision gegangen sind, ist damit zu rechnen, dass auch sie vor der 16. Großen Strafkammer die Aussage verweigern werden. Wer dagegen am Mittwoch erschien, war Ilona Gräfin von Krockow, die ihrerseits zu einem der Familienstämme gehört, die bei Sal. Oppenheim das Sagen hatten. Doch als Schwester des Angeklagten machte auch sie von ihrem Recht Gebrauch, das Zeugnis zu verweigern.

Baron Ullmann
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Baron von Ullmann ist in dem Prozess der Untreue durch Unterlassen angeklagt. Er soll seine Aufsichtspflicht bei einem Immobiliengeschäft mit einem Oppenheim-Esch-Fonds verletzt haben. Der Fonds, an dem neben Ullmann sein Schwager Krockow, Christopher von Oppenheim und Esch beteiligt waren, erwarb 2007 für 51 Millionen Euro eine Immobilie an der Bockenheimer Landstraße in Frankfurt. Sie sollte saniert und an die Investmentsparte von Sal. Oppenheim vermietet werden. Der Plan zerschlug sich 2008 wegen der Finanzkrise.
Nach einer Renovierung der Immobilie kaufte die Bank knapp 95 Prozent der Fonds-Anteile, Kostenpunkt: 123,4 Millionen Euro. Der Anklage zufolge ist der Bank dadurch ein Schaden von 23,5 Millionen Euro entstanden.
Wie wenig sich offenbar gegen den auf höchster Ebene beschlossenen Anteilskauf ausrichten ließ, machte am Mittwoch Patricia Sandscheper deutlich. Im Wesentlichen wiederholte die 42-jährige Bankkauffrau und Unternehmensberaterin, die damals für das Beteiligungscontrolling der Privatbank zuständig war, ihre Aussage im vorangegangenen Oppenheim-Prozess. Ihre Abteilung sei mangelhaft mit Informationen zu dem Geschäft versorgt worden und habe unter anderem deshalb ein Votum gegen den Anteilskauf eingelegt, weil ein Wertgutachten zur Immobilie gefehlt habe. Die in Aussicht gestellte Mietrendite von sechs Prozent sei fragwürdig gewesen, und die Großinvestition Ende 2008 habe nicht dazu gepasst, dass die Bank in eine schwierige Lage geraten war und deshalb ein Kosten- und Personalsparprogramm aufgelegt hatte. So stark die Vorbehalte der Kontrollabteilung auch waren, das Votum habe man mit Rücksicht auf die oberste Etage "nicht zu harsch formulieren" wollen, sagte Sandscheper. "Wohlwollend ablehnend" sei es ausgefallen. Bewirkt hat es allerdings auch in dieser Form nichts.