Der US-Autobauer verbucht seine E-Autos als Flop, stampft Modelle ein und schreibt 19,5 Milliarden US-Dollar ab.
Rückzug aus der E-MobilitätVollbremsung bei Ford kostet den Autobauer 19,5 Milliarden US-Dollar

Fords Flagschiff, der F150 Lightning, wird in Zukunft nur noch als Verbrenner oder Hybrid verkauft.
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Kurz vor Weihnachten ereilt Ford in Köln die nächste Hiobsbotschaft. Die US-Mutter in Dearborn trägt alle Hoffnungen auf die reine Elektromobilität zu Grabe. In einem Strategieupdate verkündet der Autobauer, er wolle sich in Zukunft auf Verbrenner und Hybride konzentrieren. Außerdem propagiert der Konzern „kleine, erschwingliche Elektroautos für Millionen von Kunden“. Ford fokussiert sich damit wieder auf ein Segment, das der Autobauer mit dem Ford Fiesta aus Köln über Jahrzehnte erfolgreich bedient hat. Ob der US-Konzern die heute in Köln gebauten Modelle Capri und Explorer noch zu dieser Fahrzeuggruppe zählt, ist unklar. Beide sind in der Basisversion nicht unter Listenpreisen von rund 40.000 Euro zu bekommen.

Der Ford Explorer ist das erste Elektroauto von Ford aus Europa. In den Kölner Produktionsstandort wurden rund zwei Milliarden Euro investiert.
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„Anstatt Milliarden in die Zukunft zu stecken, obwohl wir wissen, dass diese großen Elektrofahrzeuge niemals Geld verdienen werden, ändern wir unseren Kurs“, erläuterte Ford-CEO Jim Farley den radikalen Strategieschwenk in einem Interview mit dem „Wall Street Journal“. Kurzfristig wird die Kurskorrektur teuer für Ford. Der Konzern beziffert die Kosten für die Neuausrichtung auf 19,5 Milliarden US-Dollar.
Erstes Opfer der neuen Strategie ist der Elektro-Pickup F-150 Lightning. Die Batterieversion des Ford-Flaggschiffs wird eingestellt. Künftige Generationen des in den USA sehr beliebten Pickups sollen stattdessen als Hybrid mit einer Reichweite von 700 Meilen (1126 Kilometer) in den Handel kommen. Zudem werden die Pläne für einen elektrischen Van für den europäischen Markt verworfen. In den USA soll auch hier ein Hybrid die Modellücke füllen.
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Kooperation mit Renault
Bei Ford in Köln ist man bemüht, die Rosskur der US-Konzernmutter zu relativieren. Die jüngsten Ankündigungen seien „sehr stark auf den US-Markt bezogen“, erklärt ein Sprecher gegenüber dem „Kölner Stadt-Anzeiger“. In Europa werde Ford weiter ein breites Portfolio von Modellen anbieten, dazu gehörten auch der Capri und der Explorer. Unmittelbare Auswirkungen habe die nun kommunizierte US-Strategie auf die Produktion in Köln daher nicht.
Dabei haben sich die ersten Konsequenzen aus der neuen Denke bei Ford bereits abgezeichnet. Vor rund einer Woche rief das Unternehmen eine „neue Produktoffensive“ für Europa aus. Wie auf dem Kontinent Innovationen vorangebracht und Partnerschaften eingegangen würden, definiere „die Strategie für die nächste Generation“, hatte Jim Farley dazu vollmundig erklärt.
E-Autos ab 30.000 US-Dollar
Kern dieser vermeintlichen Blaupause für Fords Zukunft ist eine Partnerschaft mit Renault. Auf der Ampere-Plattform der Franzosen sollen künftig zwei neue Elektrofahrzeuge gebaut und unter der Marke Ford in den Handel gebracht werden. Sie dürften auf das Segment der „kleinen, erschwinglichen“ Autos abzielen, die Ford nun erklärtermaßen im Visier hat. In den USA peilt Ford für diese Kategorie Preise ab 30.000 US-Dollar an, wie Farley in einem TV-Interview erklärte. Für Europa sind noch keine Zahlen bekannt. Fest steht aber, dass Ford sich bei den neuen Modellen auf die Entwicklung des Designs und der Fahrwerkabstimmung beschränkt. Den Rest übernimmt Renault. Schon 2028 könnte der neue Ford-Stromer im nordfranzösischen Douai vom Band rollen – und damit auch den deutschen Modellen Konkurrenz machen.
„Die Modellstrategie wird dynamisch an die Kundenanforderungen und die regulatorischen Rahmenbedingungen angepasst“, heißt es aus der Kölner Ford-Zentrale beschwichtigend. Genau da liegt aber der Knackpunkt der Ford-Misere. Die schweren E-Autos fanden schon zu Zeiten nicht genug Absatz, als ihr Kauf noch mit hohen Prämien angereizt wurde. Diese Zeiten sind nun aber sowohl in Europa als auch in den USA vorbei. Das schlägt sich in den Zahlen nieder.
E-Autos machen nur fünf Prozent vom Ford-Umsatz aus
Zuletzt hatten reine E-Autos nur noch einen Anteil von fünf Prozent am gesamten Ford-Umsatz. Bis Ende September hatte der Wert immerhin noch bei zwölf Prozent gelegen. Bis dahin konnten Autokäufer in den USA noch eine Prämie von 7500 US-Dollar beim Kauf eines E-Autos einstreichen. Nachdem US-Präsident Donald Trump die Steuergutschrift, die in den Vereinigten Staaten bereits seit 15 Jahren für E-Autos gezahlt wird, streichen ließ, brach der Absatz für batterieelektrische Autos auf dem US-Markt um 40 Prozent ein.
Zeitgleich hat die Trump-Administration die strengen Regeln zur Kraftstoffeffizienz in den USA gelockert. Statt eines gesetzlich vorgeschriebenen maximalen Verbrauchs von 4,7 Litern Benzin auf 100 Kilometern, soll jetzt eine deutlich anspurchslosere Grenze von 6,8 Litern gelten. Und auch die ist von den Autobauern erst ab dem Jahr 2031 einzuhalten. Den Handel mit Emissionsrechten will Donald Trump ganz stoppen. „Die Menschen wollen Verbrenner“, so der US-Präsident zur Begründung. Ford-Chef Farley begrüßte den Schritt ausdrücklich und sprach von einer „Angleichung der Treibstoffstandards an die Marktgegebenheiten“.
Sein Unternehmen reagiert mit der neuen Strategie schnell und konsequent auf die veränderten Rahmenbedingungen. Ford verlagere sein Kapital „in profitablere Wachstumsfelder“, so Farley. Dazu gehört auch der Einstieg in ein völlig neues Geschäftsfeld. Batterien, die Ford künftig nicht mehr für seine E-Auto-Flotte benötigt, sollen in Speichersystemen verbaut und vertrieben werden. Farley hat hierbei Rechenzentren und Infrastruktureinrichtungen als potenzielle Abnehmer im Sinn. So entstehe eine neue, diversifizierte Einnahmequelle für Ford. Immerhin zwei Milliarden US-Dollar will der Autobauer in diese neue Sparte investieren. Der Umbau Fords werde zudem Tausende neue Jobs in den USA schaffen, verspricht Farley.
Währenddessen läuft der Personalabbau in Köln. Man sei noch mittendrin. Zahlen, wie gut das Abfindungsprogramm angenommen werde, könne man noch nicht nennen, heißt es da. Man müsse abwarten. Das scheint die neue Rolle des Kölner Standorts zu sein. Der Dinge harren, die in Übersee entschieden werden. Die Zukunft hat man längst nicht mehr in den eigenen Händen.
