SchufaHandy-Anbietern droht Klagewelle wegen Weiterreichung von Daten

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Eine Flagge mit dem Firmenlogo flattert vor dem Geschäftssitz in der Landeshauptstadt.

Dürfen Mobilfunkanbieter Daten ihrer Kunden an die Schufa weitergeben? Verbraucherkanzleien wollen für Betroffene jetzt Schadensersatz einklagen. (Symbolbild)

Deutsche Mobilfunkanbieter übermittelten Vertragsdaten ihrer Kunden unrechtmäßig an die Schufa. Jetzt klagen Verbraucherkanzleien.

Deutschen Mobilfunkanbietern droht eine Klagewelle: Diese sollen jahrelang Vertragsdaten ihrer Kunden unrechtmäßig an die Schufa weitergegeben haben. Zwei Verbraucherkanzleien wollen nach Recherche des NDR jetzt für Betroffene Schadenersatz einklagen.

Die Anwälte berufen sich dabei auf ein jüngst ergangenes Gerichtsurteil. Das besagt, dass die Mobilfunkanbieter zunächst die Einwilligung ihrer Kunden hätten einholen müssen, bevor sie ihre Daten an die Schufa weitergeben.

Zwei Kölner Verbraucherkanzleien wollen gegen Handy-Anbieter klagen

Bei den beiden Anwaltsbüros handelt es sich um die Kölner Kanzlei WBS – spezialisiert auf Medien, E-Commerce und Internet – sowie die Kölner Kanzlei Legalbird – unter anderem spezialisiert auf Vertragsrecht.

Den Anwälten zufolge könnte den Verbrauchern bei erfolgreicher Klage bis zu 5000 Euro pro Fall zugesprochen werden. Das sei jedenfalls der Betrag, den Gerichte in der Vergangenheit bei illegalen Schufa-Einträgen ausgeurteilt hätten, sagte Christian Solmecke von der Kanzlei WBS dem NDR.

100.000 Verbraucher haben sich bei den Kanzleien gemeldet

Bereits 100.000 Verbraucher hätten sich bereits bei den beiden Kanzleien gemeldet, sagte Andreas Quauke der Kanzlei Legalbird dem NDR. 15.000 Schufa-Auszüge habe die Kanzlei angefordert. Und nach den ersten 3500 festgestellt, dass jeder dritte Mobilfunkvertrag betroffen sei.

Die ersten Klagen würden in dieser Woche noch auf den Weg gebracht. Tausende weitere würden in den kommenden Monaten folgen, so Quauke gegenüber dem NDR.

DSK: Handydaten ohne Einwilligung der Nutzer zu speichern ist unzulässig

Dass Schufa und andere Wirtschaftsauskunfteien die Handydaten von Verbrauchern speicherten, ohne zuvor deren Einwilligung eingeholt zu haben, ist nach Auffassung der Teilnehmer der Datenschutzkonferenz (DSK) unzulässig.

Im April dieses Jahres urteilte das Landgericht München, dass der Münchner Mobilfunkanbieter Telefónica O2 Vertragsdaten eines Kunden nicht ohne dessen Zustimmung an die Schufa hätte übermitteln dürfen. Mit Unterstützung der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen war der Kunde gegen O2 vorgegangen. Rechtskräftig ist das Urteil bisher noch nicht.

VATM: Branchenverband hält die Auskünfte zur Betrugsprävention für notwendig

Der Branchenverband der Mobilfunkanbieter VATM hält die Übermittlung der Vertragsdaten jedoch aufgrund der Gesetzeslage für zulässig. Zur Betrugsprävention seien diese Auskünfte notwendig – zur Betrugsprävention, der besseren Einschätzung der Zahlungsfähigkeit der Verbraucher sowie zum Schutz vor Identitätsmissbrauch.

Doch Verbraucherschützer hatten kritisiert, dass die Datenauswertungen des Scorings auch zulasten der Kunden gelesen werden könnten. Es sei zwar rechtens, wenn dauerhaft säumige Zahler oder Nutzer, die durch mutwilligen Betrug auffielen, bei einschlägigen Auskunfteien gespeichert würden. Doch wie die Handyvertragsdaten letztendlich ausgewertet würden, sei höchst intransparent. So äußerte sich der Verbraucherzentrale Bundesverband (VZBV) gegenüber dem NDR.

Von der Klagewelle könnte auch die Schufa selbst erfasst werden

Aber nicht nur die Mobilfunkanbieter, auch die Schufa selbst könnte demnächst von einer Klagewelle erfasst werden. Ein Prozessfinanzierer aus Bayern wird nach NDR-Informationen nach einem für den Herbst erwarteten Urteils des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) gegen die Wiesbadener Wirtschaftsauskunftei vorgehen. In dem EuGH-Verfahren soll geklärt werden, ob der Schufa-Score grundsätzlich über das Zustandekommen eines Vertrages entscheiden darf.

Dieses Verfahren läuft bereits seit 2021. In diesem März hatte der Generalanwalt am EuGH festgestellt, dass Schufa-Scores nicht maßgeblich bei Vertragsentscheidungen sein dürfen. Bisher folgte der Gerichtshof in seinen Urteilen in der weit überwiegenden Zahl der Fälle dem Generalanwalt.

Der bayerische Prozessfinanzierer EuGD bietet jetzt Betroffenen auf seiner Webseite die kostenlose Prüfung von Ansprüchen gegen die Schufa an. Man wolle zusammen mit der Leipziger Anwaltskanzlei Spirit Legal Schadenersatz für die Kläger erwirken, so ein Unternehmenssprecher gegenüber dem NDR. Man gehe aufgrund vergleichbarer Urteile von bis zu 2.500 Euro pro Fall aus.

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