Umweltkosten in LebensmittelpreisenBauernverband kritisiert Penny-Aktion „wahre Preise“ als „Greenwashing“

Lesezeit 3 Minuten
Zwei Preisschilder hängen im Kühlregal vor einer Packung mit Wiener Würstchen.

Penny kassiert ab Montag die „wahren Preise“ für einige besonders umweltbelastende Produkte.

Interessensverbände debattieren eine kurzzeitige Preiserhöhung bestimmter Penny-Produkte. Verbraucher zeigen wenig Interesse an der Aktion.

Der Deutsche Bauernverband hat die Aktion „wahre Preise“ des Discounters Penny als „Greenwashing“ kritisiert. Bernhard Krüsken, Generalsekretär der Interessenvertreter, bezeichnete die Aktion als eine „auf Kosten der Bauern ausgetragenes Greenwashing-Projekt ei­nes Discounters, der sich ansonsten wenig für faire Bepreisung interessiert.“ So zitierte ihn der Verband am Montag auf Twitter.

„Greenwashing“ betreiben Unternehmen, Organisationen oder Personen, die ihr öffentliches Bild durch vermeintlich umweltfreundliche und nachhaltige Spenden- oder PR-Aktionen aufpolieren zu versuchen.

„Wahre Preise“: Kritik an Penny-Aktion

Seit Montag verlangt Penny für neun Produkte eine Woche lang die also den Betrag, der bei Berücksichtigung aller durch die Produktion verursachten Umweltschäden eigentlich berechnet werden müsste. Darunter fallen Faktoren wie klimaschädliche Emissionen, Bodenbelastungen und Pestizide. Die Produkte vom Käse bis zum Wiener Würstchen werden dadurch um bis zu 94 Prozent teurer.

Krüsken bezeichnete die Aktion als „aktivistische Effekthascherei“, die ein „verzerrtes Bild zeichnet, in dem die Rolle des niedrigpreisorientierten Lebensmittelhandels bewusst ausgeblendet wird.“ Penny solle „lieber die tatsächlichen Leistungen der heimischen Landwirtschaft anerkennen, wertschätzen und vor allem angemessen entlohnen“, so Krüsken weiter.

Die zur Kölner Rewe-Gruppe gehörende Kette will nach eigenen Angaben die Mehreinnahmen der Aktion für ein Projekt zum Klimaschutz und zum Erhalt familiengeführter Bauernhöfe im Alpenraum spenden.

Greenpeace: Aktion „wahre Preise“ nur erster Schritt

Reaktionen anderer Interessensverbände fielen positiver aus. Greenpeace lobte: „Die wahren Preise bei Penny machen anschaulich, dass viele Nahrungsmittel ohne Rücksicht auf Umwelt und Klima erzeugt werden.“ Doch reiche dies nicht aus. Auf die Aktion müssten weitergehende Maßnahmen von Politik, aber auch Supermarktketten selbst folgen. Greenpeace schätzt die Umwelt- und Klimaschäden durch die Herstellung von Fleisch- und Milchprodukten in Deutschland auf rund sechs Milliarden Euro im Jahr.

Auch der Bund für Umwelt und Naturschutz Deutschland (BUND) forderte, das Problem der verdeckten Umweltkosten bei der Lebensmittelproduktion müsse endlich konsequent angegangen werden. „Wir halten es für notwendig, dass Produkte zu Preisen verkauft werden, die deutlich näher an ihrem ‚wahren Preis‘ liegen“, erklärte der BUND. Dabei müsse jedoch zwingend ein sozialpolitischer Ausgleich für finanziell schwächer gestellte Menschen stattfinden, betonte der Verband.

Umfrage: Wenige Verbraucher unterstützen Penny-Aktion

Der Bundesverband der Verbraucherzentralen (vzbv) sieht die Politik in der Pflicht: Sie müsse höhere gesetzliche Standards für eine umwelt- und tiergerechte Lebensmittelproduktion durchsetzen. Gleichzeitig müsse es ihr aber gelingen, die Preissteigerungen bei Lebensmitteln für die Menschen finanziell abzufedern.

Nur wenige Verbraucherinnen und Verbraucher wollen die Penny-Aktion“ unterstützen, in dem sie die mit einem deutlichen Preisaufschlag versehenen Produkte kaufen. Das ergab eine repräsentative Umfrage des Meinungsforschungsinstituts YouGov, bei der am Montag 3315 Personen befragt wurden.

Nur 16 Prozent der Deutschen planen demnach die Produkte zu erwerben. 44 Prozent planen dies nicht. Rund 30 Prozent gaben an, dass sie in ihrer Nachbarschaft keinen Penny-Markt hätten, wo sie einkaufen könnten. Zehn Prozent machten keine Angaben. Am seltensten (8 Prozent) sagten Befragte ab 55 Jahren, dass sie die Aktion unterstützen wollen.

Bereits im September 2020 schilderte Penny in einer Berliner Filiale die „wahren Preise“ einiger Produkte neben der tatsächlichen Verkaufspreise aus. Der Discounter ließ diese, wie bei der aktuellen Aktion, von Wissenschaftlern errechnen. (dpa, mcl)

KStA abonnieren