„Köln ist Wahnsinn“Roadfans vermietet rund um die Uhr kontaktlos Wohnmobile

Lesezeit 5 Minuten
Neuer Inhalt

Kölner Standortleiter Wolfgang Hecht mit seinen Technikern Michael Scharrenbroich und Max Binder (v.l.).

Köln – Joscha Stephan vermutet, dass es eine „Mentalitätssache“ sein könnte. Vielleicht ist es auch einfach die Lage. Aber so oder so: Die Domstadt-Filiale des Wohnmobil-Vermieters Roadfans ist die mit Abstand erfolgreichste. „Köln ist Wahnsinn“, sagt der Roadfans-Mitgründer Stephan. „Die Kölner lieben Camping.“ Da muss auch Standortleiter Wolfgang Hecht zustimmen. Man habe kaum genug Platz für die Anzahl an Wohnmobilen, die hier nachgefragt werden – sowohl zum Mieten als auch zum Kaufen. Seit der Eröffnung 2020 gebe es ein stetiges Wachstum, selbst die aktuell hohen Spritpreise hätten Wohnmobilfans nicht gehindert. Trotzdem vermutet Stephan, dass mit der beschlossenen Spritpreissenkung nochmal mehr Menschen Lust auf einen Urlaub mit Wohnmobil bekommen.

Köln ist einer von mittlerweile elf Standorten des Start-ups. Allein dieses Jahr sind vier neue dazugekommen: Berlin, Dresden, Düsseldorf und Stuttgart. Angefangen hat alles aber vor fünf Jahren in Mönchengladbach. Mit sieben Fahrzeugen haben die Gründer Joscha Stephan und sein Cousin Jan Philipp Harmes vom Niederrhein ausprobiert, ob ihre Geschäftsidee überhaupt funktioniert. Mit Erfolg. „Gerade dieses 24/7 rund um die Uhr abholen, auch sonntags, keine Mindestmietdauer – das hat die Leute angesprochen“, sagt Stephan.

Neuer Inhalt

Roadfans-Mitgründer Joscha Stephan

Die Wohnmobile können online gebucht werden, die Abholung funktioniert jederzeit und kontaktlos – das gleiche Prinzip wie beim Carsharing. Ab Ostern ist auch alles per App möglich, dort soll das ganze „Camper-Universum“ gesammelt werden: Buchung, Camping- und Stellplatzmiete, Erklärvideos und für Wohnmobil-Käufer auch die Buchung von Werkstattterminen. Alles soll möglichst unkompliziert sein. Und genau das war es auch, was dem 35-Jährigen vorher gefehlt hat.

2016 wollte er mit Freunden an den Gardasee fahren und dafür ein Wohnmobil mieten. Aber die Anbieter hätten fast alle eine Mindestmietdauer von sieben Tagen und feste Abholzeiten gehabt, eine Online-Buchung war kaum möglich. „Wir leben in einer Zeit von Amazon und Netflix. Wir können eine Flasche Wasser bestellen und zehn Minuten später ist sie da. Aber der Ansatz bei Wohnmobilen war komplett gestrig“, sagt Stephan. Und so begann eine ganz klassische Gründergeschichte: Stephan hat die Marktlücke erkannt und zusammen mit Harmes Roadfans gegründet.

Umsatz soll dieses Jahr mehr als verdoppelt werden

Eine logische Konsequenz, da beide auch quasi auf Campingplätzen groß geworden seien. Der gemeinsame Großvater war Schreinermeister und hat nach dem Zweiten Weltkrieg ein Wohnwagenwerk am Niederrhein hochgezogen. Das gibt es mittlerweile nicht mehr, aber die Liebe zum Campen ist in der Familie geblieben. Und so haben beide ihre Jobs gekündigt, um selbstständig zu werden.

So viel kostet die Wohnmobilmiete

Wer bei Roadfans für ein verlängertes Wochenende ein Wohnmobil mieten möchte, zahlt etwa zwischen 500 und 900 Euro. Für vier Tage kostet ein kleineres Modell mit zwei Schlafplätzen über Ostern (Karfreitag bis Ostermontag) etwa 600 Euro. Es gibt Modelle mit vier Schlafplätzen, die 675 Euro kosten und Modelle mit fünf Schlafplätzen für 810 oder auch 855 Euro. Die Preise sind nicht nur von der Anzahl der Schlafplätze und Mietdauer sondern auch von der Ausstattung und dem gewählten Zeitraum abhängig. Alle Wohnmobile können mit dem Führerschein der Klasse B gefahren werden.

Trotz der hohen Nachfrage in Köln soll jederzeit auch eine kurzfristige Miete möglich sein, nur nicht unbedingt mit dem Wunsch-Mobil. 

Hier geht es zur Buchungsseite für den Kölner Standort.

Roadfans zählt mittlerweile 80 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter. Die Fahrzeugflotte wurde innerhalb eines Jahres von 500 auf 1200 aufgestockt, kommendes Jahr sollen es 1500 Autos sein. Die Gründer verfolgen ehrgeizige Ziele: Der Umsatz von etwa 25 Millionen Euro im vergangenen Jahr soll dieses Jahr nochmal mehr als verdoppelt werden. Dabei werde dem Unternehmen häufig nachgesagt, dass es gerade durch die Pandemie so schnell wachsen konnte. Und die wird dieses Jahr voraussichtlich keinen so starken Einfluss mehr auf das Urlaubsverhalten der Deutschen haben. Joscha Stephan stimmt dem aber nur teils zu: Corona habe zwar einen stärkeren Fokus auf das Campen gelenkt, den Trend gebe es aber schon deutlich länger. Immerhin: 2021 wurden mehr als 82.000 Reisemobile in Deutschland zugelassen, 2017 waren es noch halb so viele und auch die Jahre davor ist die Zahl stetig, wenn auch nicht so rasant, gestiegen. Außerdem sei zwei Jahre lang zu Ostern und im Mai niemand verreist.

Das könnte Sie auch interessieren:

Und auch sonst hatte die Pandemie nicht nur positive Effekte, auch wenn das kontaktlose System gerade in dieser Zeit viele Urlauber angesprochen haben könnte. Roadfans hatte enorme Probleme dabei, die Flotte weiter aufzubauen. „Wir sind gerade um jedes Auto froh, das auf dem Hof steht“, sagt Stephan. Corona-bedingte Lieferschwierigkeiten bei den Fahrzeugen waren der Grund dafür, dass dieses Jahr noch nicht wie geplant der erste Standort außerhalb Deutschlands in Wien eröffnet werden konnte.

Auch bei der Kölner Filiale mangelt es an Wohnmobilen. Deshalb werden von anderen Standorten Fahrzeuge nach Bedarf zugeliefert. Noch schwieriger ist aber die Grundstücks-Situation. Neben dem Abholort in der Fuggerstraße in Porz hat Roadfans in der Nähe noch einige Abstellplätze für Wohnmobile. Aktuell suchen sie aber zusätzlich eine Halle oder noch besser ein Autohaus. Denn auch wenn aktuell noch jeder Interessierte kurzfristig mit einem Wohnmobil versorgt werden könne, steht der große Ansturm noch bevor.

Kölner Filiale wird wie von Bienenschwarm überfallen

Das weiß auch Wolfgang Hecht, der Anfang des Jahres die Leitung für den Kölner Standort übernommen hat. Zu Ostern und über den Sommer wird es voll. Stephan bringt den Vergleich mit einem Bienenschwarm, der auf den Kölner und seine sechs Mitarbeiter zukommt. „Ich schaue mit Respekt auf diese Zeit“, sagt der 57-jährige Hecht. Aber auch mit Freude.

KStA abonnieren