Der bekannte Arzt und Moderator tritt am Montag, 26. Mai in Köln auf. In diesem Interview spricht er über Pinguine, Klimaschutz und den Papst.
Hirschhausen bei „frank&frei“Sympathie für Pinguine und den Papst

Eckart von Hirschhausen
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Herr von Hirschhausen, für den Talk bei „frank&frei“ kündigen Sie „überraschende Zusammenhänge“ zwischen Papst, Planet und Pinguin an. Wie passt der Papst in diese Reihe?
Papst Franziskus hat 2015 in seiner Enzyklika „Laudato si“ die Bewahrung der Schöpfung in den Mittelpunkt gestellt – im selben Jahr, in dem das Pariser Klimaabkommen geschlossen wurde. Wenn wir uns an das halten, was in beiden Dokumenten zugesagt wurde, dann hätten sowohl die Pinguine als auch der Planet noch eine Chance und damit auch wir Menschen. Gesunde Menschen gibt es nur zusammen mit einer gesunden, artenreichen Erde.
Glauben Sie noch an diese Chance?
Ich habe eine sehr kluge Klimawissenschaftlerin, Ricarda Winkelmann, kürzlich gefragt: Wie hältst du aus, das zu wissen, was du weißt? Nach einem kurzen Moment sagte sie: Zum Verzweifeln haben wir keine Zeit. Das, finde ich, ist eine sehr gute Haltung.
Halte dich fern von Leuten, die keine Pinguine mögen!
Wieso ist der Pinguin zur Titelfigur Ihres neuesten Buchs geworden?
Meine Geschichte vom Pinguin, der fliegen lernt, ist als Video schon länger ein viraler Hit. Ich bekomme immer wieder berührende Rückmeldungen von Menschen, die sich dadurch animiert gefühlt haben, einen Sprung ins kalte Wasser zu machen. So wie der Pinguin das tut und nach seinem Watscheln an Land plötzlich in seinem Element ist. Offensichtlich ist das eine Geschichte, die hängenbleibt. Zum Buch wurde sie aber erst, als ich den preisgekrönten Naturfotografen Stephan Christmann traf, der zwei harte Winter in der Antarktis mit den Pinguinen verbracht und berührende Aufnahmen mitgebracht hat.
Zum Dreh „vom Pinguin lernen“ kommt aber schon noch ein „Ach sind die niedlich“-Moment dazu, oder.
Tatsächlich kenne ich niemanden, der Pinguine nicht mag. Oder, anders gesagt, ich würde immer empfehlen: „Halte dich fern von Leuten, die keine Pinguine mögen!“ Irgendwie rühren sie etwa in uns. Und natürlich gibt es die Gefahr der Vermenschlichung von Tieren – das ist so, seit die erste Fabel erzählt oder die erste Tiermetapher verwendet wurde. Nicht alles, was hinkt, ist ein Vergleich! Aber bei meinen Recherchen über Pinguine habe ich Riesenrespekt davor bekommen, wie Pinguine zusammenleben und überleben.
In der Kälte - auch in der sozialen Kälte - ist es gut, wenn man zusammenrückt.
Was hat Ihnen besonders imponiert?
Wenn es bei minus 40 Grad so richtig stürmt und pfeift, dann bilden Pinguine einen „Huddle“ – einen Pulk, bei dem manche Tiere außen stehen und andere innen. Letztere haben es warm, erstere frieren sich die Flügel ab. Das Irre ist jetzt: Es gibt ein Rotationsprinzip. Die, die außen im Wind standen, rücken nach und nach in die Mitte; die von drinnen nach draußen. Wie sie das so ohne Dienstplan, einen Bestimmer oder eine Chefin hinkriegen, ist ein echtes Wunder der Natur. Wenn ich mir uns Deutsche als Pinguine vorstelle, dann würde das nicht funktionieren. Die einen würden sagen: Ne, neben dem da möchte ich nicht stehen – der ist gar nicht von hier. Oder: Hier drinnen hab ich’s doch gut, ich gehe nicht nach draußen, erstmal die andren. Wenn wir die angeblich intelligenste Art sind, sollten wir doch kapieren: Wir sind nicht gegeneinander geschaffen, sondern füreinander. In der Kälte – auch in der sozialen Kälte – ist es gut, wenn man zusammensteht.
Das klingt jetzt aber schon schwer nach Ratgeber-Weisheiten. Haben wir an gutem Rat nicht längst genug, fehlt es nicht vielmehr an der Tat?
Der klassische Psycho-Ratgeber sagt ja so was wie: Du musst hart an dir arbeiten, oder du musst zurück in deine Kindheit, du musst alle deine alten Verletzungen aufarbeiten etc. Für manche ist das wichtig, aber längst nicht immer. Veränderungen dürfen Spaß machen, dürfen leicht sein. Nur sind die Dinge, die uns leichtfallen, für uns selbst nicht so offensichtlich. Darauf lenke ich den Blick. Und wenn Sie vor lauter gutem Rat das Handeln vermissen – genau darum geht es mir: um die Ermutigung, einfach mal loszulegen, etwas Neues zu probieren. Und Stärken zu stärken und die Kraft der richtigen Umgebung und Menschen um uns herum.
Ich glaube, die Entscheidung für Leo XIV. war sehr weise.
Sie schreiben davon, dass es im Leben einen Umschlagpunkt gibt. In jungen Jahren fragt man sich: Was will ich erreichen? Irgendwann dreht sich das, und die Frage lautet: Was soll von mir bleiben? Sie sind jetzt 57 – in welcher Phase sind Sie?
Schon rein rechnerisch in der zweiten, wenn ich nicht mindestens 115 werde. Tatsächlich frage ich mich heute, wo mache ich einen relevanten Unterschied. Wer möchte ich gewesen sein? Die Schimpansen-Forscherin Jane Goodall hat mich darauf gebracht, dass wir Menschen den Tieren eines voraushaben: Wir können uns verabschieden. Das klingt banal, ist aber revolutionär: Nur wir Menschen haben eine Vorstellung von dem, was sie hinter sich lassen und was Zukunft heißt. Wenn wir uns nicht um die Zukunft kümmern, dann wird es kein anderer tun. Und deshalb lege ich in meiner verbleibenden Lebenszeit die Priorität auf den Schutz unserer Lebensgrundlagen.
Abschied und Neubeginn – das hat die katholische Kirche beim Tod des Papstes und der Wahl seines Nachfolgers wieder so inszeniert, dass die halbe Welt fasziniert nach Rom geschaut hat. Was ist Ihnen als Protestant durch den Kopf gegangen?
Dass man anders denkt und handelt, wenn man für eine Wahl in der Sixtinischen Kapelle sitzt und nicht im Homeoffice mit Zoom-Konferenz. Ich glaube, die Entscheidung für Leo XIV. war sehr weise. Ob das die Kardinäle waren oder der Heilige Geist, das lasse ich mal offen.
Warum weise?
Nach allem, was bisher vom neuen Papst wahrnehmbar war, ist er kein machtgieriger Ich-zuerst-Typ. Das lässt schon mal hoffen. Ich finde es spannend, dass er lange in Peru mit sozial Benachteiligten gelebt und gelitten hat. Zugleich kennt er als Bürger der USA deren Gepflogenheiten. Ich hoffe, dass er die getrennten Welten zueinander führen und klar machen kann, dass wir alle viel stärker voneinander abhängen, als diese Ideologie von „Make America Great Again“ es suggeriert. Wir brauchen Nächstenliebe - und Übernächstenliebe.
Hirschhausen zu Gast bei „frank&frei“
Eckart von Hirschhausen, geb. 1967, ist Arzt, Kabarettist, Moderator und Buchautor. Über „Papst, Planet und Pinguin – überraschende Zusammenhänge“ spricht von Hirschhausen in der KStA-Talkreihe „frank&frei“.
Montag, 26. Mai, 19 Uhr. Karl-Rahner-Akademie, Jabachstraße 4-8, 50676 Köln. Anmeldung: 0221/ 801078-0 oder per Mail: info@karl-rahner- akademie.de. Eintritt: 12 Euro (mit KStA-ABOCARD 9 Euro), ermäßigt 6 Euro.
Eckart von Hirschhausens jüngstes Buch „Der Pinguin, der fliegen lernte. Eine Geschichte über das Leben, die Liebe und das Glück“ (168 Seiten, 14,99 Euro) ist im Verlag dtv erschienen. (jf)