Die Auseinandersetzung rund um die Proteste in Los Angeles eskaliert weiter. J.D. Vance sprang Trump zur Seite
Nationalgarde und Soldaten„Trump wird in Kalifornien nicht nachgeben“ – Vance unterstützt Präsidenten

Los Angeles: Auseinandersetzungen zwischen Polizei und Demonstranten am Montag (9. Juni).
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US-Präsident Donald Trump lässt die Lage in Los Angeles mit einer beispiellosen Machtdemonstration weiter eskalieren: Am Montag (Ortszeit) ordnete Trump nach Angaben des Pentagon die Entsendung weiterer 2000 Mitglieder der Nationalgarde in die kalifornische Metropole an. Der Streit zwischen Kaliforniens demokratischem Gouverneur Gavin Newsom und LAs Bürgermeisterin Karen Bass auf der einen und Trump auf der anderen Seite geht ebenfalls weiter. Trump ordnete zudem die Entsendung von 700 Marines, einer Teileinheit der US-Armee, nach Los Angeles an. Kaliforniens Gouverneur Gavin Newsom warf Trump vor, „Chaos“ zu säen.
Bereits am Samstag hatte Trump gegen den ausdrücklichen Willen von Newsom und der Stadtverwaltung die Entsendung der 2000 Soldaten der Nationalgarde nach Los Angeles angeordnet. Zuvor war es wegen des Vorgehens von Bundespolizisten gegen Migranten zu teils gewalttätigen Protesten gekommen. Am Sonntag bezogen rund 300 Angehörige der Nationalgarde Stellung zum Schutz von Bundesgebäuden und Beamten.
Am Dienstag sprang auch Vizepräsident J.D. Vance Trump zur Seite. Beim Kurznachrichtendienst X, ehemals Twitter, bekräftige er, die Regierung werde sich nicht einschüchtern lassen. Man werde an der Seite der FBI-Agenten stehen, die „Gewaltverbrecher aufspüren“. Man werde die Nationalgarde, die örtliche Polizei und Soldaten unterstützen ebenso wie die Mitarbeiter der Einwanderungsbehörde ICE, die die Gesetze ausführten.
„Trump wird nicht nachgeben“, endet das Statement von Vance. Zuvor hatte auch sich zu Gouverneur Newsom geäußert. Dieser solle „einfach seinen Job machen“, das sei alles, so Vance. Zu Beschimpfungen ließ es sich nicht hinreißen.
Gummigeschosse gegen Demonstranten in Los Angeles
Das ganze Wochenende und der Montag waren geprägt von den Protesten, berichtet CNN aus Los Angeles. Tausende hätten vor Regierungsgebäuden gegen Trumps Migrationspolitik demonstriert. Die Einsatzkräfte seien mit großer Stärke vor Ort, es sei ein Mix aus Polizei, Nationalgarde und Soldaten zu sehen. Die Polizei sei mit Gummigeschossen und Blendgranaten gegen die Demonstranten vorgegangen und habe diese zurückdrängen können. Aus der Menge seien am Montag einzelne leere Wasserflaschen geworfen worden. An einer anderen Stelle wurde offenbar auch ein Feuerwerkskörper von einem Demonstranten gezündet.
CNN-Reporterin Erin Burnett berichtet, die Situation sei extrem angespannt, die Lage könnte jederzeit eskalieren. Immer mehr Personen würden festgenommen. Zu sehen seien Menschen, denen die Hände auf dem Rücken gefesselt wurden. Sie würden mit Bussen weggefahren, so ein anderer CNN-Reporter.
Ein Team des Senders wurde unterdessen nach eigenen Angaben aufgefordert, die Protestzone zu verlassen. Die Reporter sollten ihre Hände auf den Rücken nehmen und wurden aus dem Bereich eskortiert. Verhaftet wurden die Pressevertreter nicht, allerdings wurden zwei begleitende Sicherheitskräfte von der Polizei kurzzeitig festgenommen.
Pentagon mobilisiert 2000 weitere Nationalgardisten
„Auf Anweisung des Präsidenten mobilisiert das Verteidigungsministerium zusätzliche 2000 Mitglieder der kalifornischen Nationalgarde“, hatte Pentagon-Sprecher Sean Parnell am Montag im Onlinedienst X erklärt. Die zusätzlichen 2000 Nationalgardisten würden einberufen, um die Einwanderungsbehörde „ICE zu unterstützen und es den Bundespolizisten zu ermöglichen, ihre Aufgaben sicher auszuführen“.
Es war nicht sofort klar, ob es sich bei den „zusätzlichen“ 2000 Nationalgardisten um die 2000 handelte, die bereits mobilisiert worden waren, oder lediglich um die 300, die bereits in den Straßen von Los Angeles positioniert waren. Die Nationalgarde ist eine militärische Reserveeinheit und Teil der US-Streitkräfte.
Zuvor am Montag hatte Trump überdies 700 Soldaten nach Los Angeles beordert. Die US-Marines „im aktiven Dienst“ würden „angesichts der zunehmenden Drohungen gegen Bundesbeamte und Bundesgebäude“ aus Camp Pendleton nach Los Angeles entsandt, um diese zu schützen, erklärte ein Regierungsvertreter gegenüber der Nachrichtenagentur afp. Er nannte zunächst eine Zahl von 500 Soldaten, aktualisierte sie später aber auf 700.
700 Soldaten werden nach Los Angeles geschickt
Das US-Militär bestätigte separat die Entsendung von „etwa 700 Marines“ eines Infanteriebataillons in die Westküsten-Metropole. Der Einsatz solle sicherstellen, dass nach den teils gewaltsamen Protesten vom Wochenende eine „angemessene Anzahl von Kräften“ zur Verfügung stehe, hieß es weiter. Sie würden sich „nahtlos“ in die Einsatzkräfte der Nationalgarde einfügen.
Die Entsendung von aktiven Militärangehörigen wie den US-Marines in eine US-Innenstadt ist ein höchst ungewöhnlicher Schritt. Er erfolgte, nachdem Demonstrierende am Sonntag Straßen in der Innenstadt von Los Angeles gestürmt, Autos in Brand gesetzt und Geschäfte geplündert hatten. Es gab zahlreiche Festnahmen.
Newsom: Entsendung von Marines ist „geistesgestört“
Kaliforniens Gouverneur Newsom prangerte den Schritt Trumps als „geistesgestört“ an. „Die US-Marines haben in mehreren Kriegen ehrenhaft zur Verteidigung der Demokratie gedient“, erklärte der Demokrat bei X. „Sie sollten nicht auf amerikanischem Boden eingesetzt werden, wo sie ihren eigenen Landsleuten gegenüberstehen, um die geistesgestörte Fantasie eines diktatorischen Präsidenten zu erfüllen.“ Dies sei „unamerikanisch“.
Nach der Ankündigung des Pentagons legte Newsom umgehend nach. Er beschuldigte Trump, in Los Angeles „Chaos“ zu säen. „Trump versucht, Chaos zu provozieren, indem er 4000 Soldaten auf amerikanischen Boden schickt“, schrieb der Gouverneur bei X. Zuvor hatte Newsom eine Klage gegen Trump wegen der unabgesprochenen Entsendung der Nationalgarde angekündigt.
In einem Interview nannte Newsom die Entsendung der Einsatzkräfte „absurd, illegal und unmoralisch“. Trump solle sich endlich wie ein Präsident verhalten und diese Rolle nicht nur schlecht spielen, wandte sich der Gouverneur direkt an Trump.
Auch die Bürgermeisterin von Los Angeles, Karen Bass, wehrt sich gegen die Entsendung von Nationalgarde und Soldaten in ihre Stadt. Sie warf Trump bei X vor, die angebliche Krise selber erzeugt zu haben. Die Stadt werde alle zur Rechenschaft ziehen, die Chaos stifteten.
Die Bevölkerung solle Ruhe bewahren und sich nicht von dem künstlich geschaffenen Chaos mitreißen lassen, schrieb sie zuvor. Zugleich gab die Stadt Verhaltensregeln heraus, wie sich Personen ohne gültige Dokumente am besten zu verhalten haben, wenn sie auf Polizei treffen. „Es geht um den Schutz unserer Einwanderergemeinschaften, nicht um die Zerstörung unserer Stadt“, so Bass. In Los Angeles herrsche derzeit „echte Angst“ vor den Razzien der ICE. „Eltern, Arbeiter, Großeltern, junge Menschen haben Angst, ihrem Alltag nachzugehen. Wir sind eine Stadt der Einwanderer“, so Bass.
Im Los Angeles County leben zwischen 800.000 und eine Million Menschen ohne gültigen Aufenthaltsstatus. In der Stadt selber wird ihre Zahl auf 370.000 geschätzt. Diese Migranten bilden einen wichtigen Teil der Wirtschaftskraft, sie arbeiten in Sektoren wie der Landwirtschaft, dem Bau, in der Gastronomie und bei der Pflege und Hausarbeit. Die meisten von ihnen zahlen regulär Steuern. Bass sagte, Los Angeles sei eine Stadt von Einwanderern. Das Vorgehen der Behörden gegen Immigranten schade auch der Wirtschaft.
Trump beschuldigt Newsom, Bürgerkrieg zu wollen
Kurz vor dem drastischen Schritt hatte Trump am Montag „professionelle Agitatoren und Aufständische“ für Zusammenstöße am Rande von Demonstrationen verantwortlich gemacht und mit einem noch härteren Vorgehen gedroht. „Die Leute, die diese Probleme verursachen, sind professionelle Agitatoren und Aufständische“, sagte Trump vor Reportern im Weißen Haus. „Das sind schlechte Leute, sie sollten im Gefängnis sein.“
In Onlinediensten erklärte Trump, Demonstrierende hätten vor Soldaten ausgespuckt. Wenn sie so weitermachten, „verspreche ich Ihnen, dass sie härter getroffen werden als jemals zuvor. So eine Respektlosigkeit wird nicht toleriert.“
Später sagte der US-Präsident, dass er „keinen Bürgerkrieg will“. Es würde aber „ein Bürgerkrieg stattfinden, wenn man es Leuten wie ihm überlässt“, sagte er mit Blick auf Gouverneur Newsom. Er zeigte sich zudem der Anregung seines Grenzschutzbeauftragten Tom Homan nicht abgeneigt, Newsom festnehmen zu lassen.

Los Angeles: Soldaten der kalifornischen Nationalgarde feuern Tränengas und Gummigeschosse auf Demonstranten.
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Überdies hielt Trump an seiner Kritik an dem Demokraten fest. Newsom sei seiner Aufgabe bei der Eindämmung der Zusammenstöße in Los Angeles nicht gerecht geworden. „Sehen Sie, ich mag Gavin Newsom, er ist ein netter Kerl - aber er ist ausgesprochen inkompetent, das weiß jeder“, sagte Trump.
Einwohner von LA sind gespalten
Eine Kleinunternehmerin, deren Grundstück mit Graffiti beschmiert wurde, befürwortete das harte Vorgehen der US-Regierung. „Ich denke, das ist notwendig, um den Vandalismus zu stoppen“, sagte sie der afp ohne Angabe ihres Namens. Jeder habe „das Recht zu protestieren, aber bitte auf die richtige Art und Weise“, sagte sie. „Man sollte nicht randalieren oder seiner eigenen Stadt schaden, weil man damit Menschen trifft, die versuchen, ihren Lebensunterhalt zu verdienen.“
Andere Einwohner äußerten sich dagegen entsetzt. „Sie sollen uns eigentlich beschützen, aber stattdessen werden sie geschickt, um uns anzugreifen“, sagte die 47-jährige Kelly Diemer mit Blick auf das Einschalten der US-Armee. „Das ist keine Demokratie mehr.“
Die Proteste in Los Angeles waren am Freitag von dem verstärkten Vorgehen der Einwanderungsbehörde ICE gegen Migranten ausgelöst worden. Sie richten sich gegen Trumps rigide Migrationspolitik, die eine Massenabschiebung von Einwanderern zum Ziel hat. (cme/afp)