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GedenkenVon der Flut herausgerissen: In Bad Münstereifel sind zwei Stolpersteine neu verlegt

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Die Stolpersteine sind von weißen Rosen eingerahmt.

Im Gedenken an Lena Levy und Sibilla Wolff wurden die Stolpersteine wieder ins Pflaster eingesetzt.

In dem Haus am Entenmarkt 16 in Bad Münstereifel lebten bis zu ihrer Deportation durch die Nationalsozialisten die Jüdinnen Lena Levy und Sibilla Wolff. 

Ein großer Kreis von Interessierten hatte sich um das Haus Nr. 16 am Entenmarkt in Bad Münstereifel versammelt, als zwei Stolpersteine wieder in das Pflaster eingesetzt wurden, die durch die Flutkatastrophe mitgerissen worden waren. In dem Haus hatten bis zur Deportation durch die Nationalsozialisten die Jüdinnen Lena Levy und Sibilla Wolff gewohnt.

„Viel ist über die beiden Frauen nicht bekannt“, sagt die neue Archivarin der Stadt, Anna Rosemann. Sie hat selbst zur jüdischen Geschichte geforscht und ist dabei, über dieses Thema zu promovieren. Die Zeremonie zur erneuten Einsetzung der Steine hält sie für wichtig, um die Erinnerung wach zu halten.

Das Städtische St.-Michael-Gymnasium war mit mehreren Klassen der Jahrgangsstufen neun und zehn vertreten. Rund 70 Schüler hörten aufmerksam zu, als Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian und die Archivarin Rosemann die Bedeutung der Erinnerungskultur betonten. Die Schülerin Emma Riehl: „Es ist etwas anderes, ob ich höre, dass sechs Millionen Juden ermordet wurden oder hier persönlich zwei solcher Schicksale begegne.“

Bad Münstereifelerinnen wurden in Vernichtungslagern ermordet

Dem Lehrer Thorsten Krause ist es wichtig, Schulunterricht nicht nur im Gebäude stattfinden zu lassen: „Das ist ein Ereignis von Relevanz. Wir haben eine geschichtliche Verantwortung, an diese Zeit zu erinnern.“ Auch Vertreter vom Arbeitskreis Forschen, Gedenken, Handeln aus Mechernich waren gekommen, ebenso Mitglieder des Kreisgeschichtsvereins und die Fraktionsvorsitzenden der Bad Münstereifeler Parteien.

Bürgermeisterin Sabine Preiser-Marian spricht vor dem Haus zu einer großen Gruppe von Zuhörern.

Ihren Respekt drückten zahlreiche Bad Münstereifeler durch die Teilnahme aus.

Preiser-Marian berichtete von der Atmosphäre des Antisemitismus, in der die Jüdinnen Levy und Wolff lebten: „Mit der Reichsgründung 1871 waren jüdische Bürgerinnen und Bürger der übrigen Bürgerschaft gleichgestellt. Im Alltag waren sie jedoch weiterhin eingeschränkt. Der Antisemitismus war tief in der Gesellschaft verankert.“

Es liegt an jedem Einzelnen von uns, Haltung zu zeigen.
Sabine Preiser-Marian, Bürgermeisterin der Stadt Bad Münstereifel

Lena Levy wurde am 27. September 1942 im Ghetto Theresienstadt ermordet, ihre Verwandte Sibilla Wolff am 19. September 1942 im Vernichtungslager Maly Trostinez bei Minsk. Insgesamt waren es 37 jüdische Bürger der Stadt, die diesem Unrecht zum Opfer fielen.

Die Bürgermeisterin spannte den Bogen ihrer Betrachtungen bis in die Gegenwart: „In der heutigen Zeit müssen wir uns wieder verstärkt gegen solche Strömungen stellen. Ausgrenzung von Gruppen und Menschenfeindlichkeit rücken angesichts von Migrationsbewegungen wieder stärker in den Fokus.“

Stolpersteine: Erinnerungskultur zur Stärkung der Demokratie

Und sie schloss mit einer direkten Aufforderung: „Mit der Verlegung der Stolpersteine setzen wir ein Zeichen gegen das Vergessen und für eine aktive Erinnerungskultur zur Stärkung unserer Demokratie. Es darf aber nicht beim Zeichen bleiben. Es liegt an jedem Einzelnen von uns, Haltung zu zeigen.“ Rosemann schloss sich mit einem Text des jüdischen Ehepaars und Shoah-Überlebenden Leonie und Walter Frankenstein an.

Ob die Deutschen sich wirklich geändert haben, stehe für sie nicht endgültig fest: „Er, im April im Alter von 100 Jahren verstorben, sagte: Die Demokratien sind zu demokratisch, um den Fanatismus abzuwehren.“ Bitter habe er auch mit Blick auf die aktuellen Entwicklungen befürchtet: „100 Jahre, nachdem der letzte Jude von der Erdkugel verschwunden ist, wird es immer noch Antisemitismus geben.“

Als „letzter Repräsentant“ der jüdischen Bevölkerung in Bad Münstereifel sprach Michael Meyer. Er stellt ehrenamtlich wesentliche Nachforschungen zu jüdischem Leben in Bad Münstereifel an.