Ausflug ins StädtedreieckKeine Region in Europa hat mehr Wasserburgen zu bieten

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Das Barockschloss in Miel.

  • Die Wasserburgenroute im Dreieck Bonn-Köln-Aachen erstreckt sich über 450 Kilometer. Eine tolle Tour fürs Cabrio oder auch für ehrgeizige Radler.
  • Man begibt sich auf eine Zeitreise vom Mittelalter in die Gegenwart, die kulturell und landschaftlich viel zu bieten hat.
  • Etliche Denkmäler kann man besichtigen, aber auch im Vorbeifahren erschließt sich der ungeheure Reiz dieser Burgenlandschaft. 

Für den Golfer dürfte die Ansicht des Schlosses Miel ein ambivalentes Vergnügen sein, wahlweise Symbol für größte Schmach und schönem Triumph. Denn der honiggelbe Barockbau erhebt sich hinter dem letzten Grün der Golfanlage. Und auf dem steckt nicht nur die Fahne 18, das Grün ist auch noch eine vom Wasser umspülte Insel. Ein kniffliges Finale: Rund 160 Meter trennen den Spieler von der Fahne, ein gezielter Schlag mit dem Eisen 6 oder 7 möglichst mitten aufs Grün ist die Aufgabe, die Alternative ist ein Platsch – und dann ist der Golfball weg. Und, wenn man Pech hat, die ganze Runde ergebnistechnisch verhagelt.

Ganz andere Gefühle und Erinnerungen dürften junge Paare haben, die sich im Schloss, eine romantische Außenstelle des Standesamtes der Gemeinde Swisttal, das Ja-Wort gegeben, in den wunderbaren historischen Räumen ein rauschendes Fest gefeiert haben. Schließlich die Hochzeitsnacht unter dem Baldachin des Bettes in der Suite verbracht haben, in der vielleicht im 18. Jahrhundert Caroline von Satzenhofen, Äbtissin des freiweltlichen adelige Damenstifts in Villich, ihren Geliebten, den Haus – und Bauherrn von Miel, Minister Caspar Anton Freiherr von der Heyden, genannt Belderbusch, empfing. „Das hier war ein Lustschloss“, schmunzelt Jasmin Kerschgens, die Eventmanagerin von Schloss Miel und präsentiert das großzügige Vestibül, die Enfilade der Gartenseite und als Höhepunkt den Gartensaal mit originaler Wandbespannung: Szenen aus dem ländlichen Leben in zarten Pastellfarben, Jagdszenen, arkadische Landschaften, Allegorien der Jahreszeiten, reiche Rokoko-Ornamentik.

Anwesen war in bedauernswertem Zustand

Hier kann man heiraten, feiern oder Konzerten lauschen. Der unbekannte Maler stammte wohl vom Bonner Hof, für einige Details war der in Brühl tätige Francois Rousseau verantwortlich. Der Bau selbst ist ein völliger Neubau aus dem 18. Jahrhundert, was außergewöhnlich für rheinische Adelssitze ist, die in der Regel über einem  mittelalterlichen Vorgängerbau errichtet wurden. Handwerker des Bonner Hofes bauten das Schloss in vier Jahren, 1772 war es fertig.

Schloss_Miel

Unterwegs auf der Wasserburgenroute mit Stopp auf dem zauberhaften Schloss Miel.

So wie in der Barockzeit aussah und es jetzt aussieht, ein Schmuckstück, präsentierte es sich über weite Strecken des 20. Jahrhunderts nicht mehr. Als die Bonner Familie Thelen 1991 das inzwischen baufällig gewordene Anwesen 1991 erwarb, war es in einem bedauernswürdigen Zustand, erinnert sich Alexander Thelen, der aktuelle Schlossherr und Geschäftsführer des seit 1996 existierenden Golfclubs. „Das Haus war ein Totalschaden, es hat durch das Dach hineingeregnet, man hatte oben Asbest verbaut, ich kann mich an mehrere hundert Plastikeimer auf dem Dachboden erinnern, die das Wasser aus den verschiedenen Lecks aufgefangen haben“, erzählt Thelen.

Gartensaal_Miel

Der Gartensaal im Schloss Miel.

Über zehn Jahre lang wurde das Schloss in Kooperation mit Denkmalschützern renoviert, allein fünf Jahre war hier ein polnisches Restauratorenteam aktiv: „Türen, Beschläge, die meisten Böden, viele Fenster, die Malereien im Gartensaal, alles original“, berichtet Thelen. Er sieht sein Schloss als Ziel für Golfer und Hochzeiter, kulturbeflissene, Ausflügler und natürlich Radler.

Die Tour hat viel zu bieten

Denn das Mieler Schoss liegt nicht nur auf der neuen Apfelroute, sondern auch auf der Wasserburgenroute. Eine Zeitreise vom Mittelalter in die Gegenwart, vorbei an einer  Landschaft, die alle paar Kilometer neue Akzente bietet, entlang der Erft und der Rur, der Seenlandschaft zwischen Liblar und Brühl und des Rheins – das bietet diese Tour. Dabei sind die namensgebenden über 120 Burgen und Schlösser noch gar nicht genannt. Rund 450 Kilometer ist die Wasserburgenroute mit ihren vielen Varianten lang. Keine Region in Europa hat mehr Wasserburgen zu bieten.

Etliche dieser Denkmäler kann man besichtigen, aber auch im Vorbeifahren erschließt sich der ungeheure Reiz dieser Burgenlandschaft  im Städtedreieck Aachen, Köln und Bonn. Die Route verbindet die Gebiete Eifel, Jülicher Börde und Rheinische Bucht miteinander, hat unglaublich viel zu bieten: Natur satt an verwunschenen Bächen, Feldern und Wäldern. Kulturschätze gibt es entlang der Route und in den wichtigsten Städten Bad Godesberg, Brühl, Erftstadt, Bergheim, Kerpen, Bedburg, Jülich, Aachen, Düren, Heimbach, Zülpich, Euskirchen und Rheinbach.

Durch den Torbogen mitten ins Märchen

Unbedingt empfehlenswert ist da die Durchfahrt durch Aachen, wobei gute Nerven angesichts der Verkehrsdichte hilfreich sind. Die Route streift nicht nur Naturschönheiten oder Örtchen wie das beschauliche Alt-Kaster bei Bedburg, wo man durch einen Torbogen fährt und sich plötzlich wie mitten in einem Märchen fühlt. Eine echte Idylle. Die Route führt auch unübersehbar entlang den brutalen Spuren des Bergbaus in der Region, etwa dem ehemaligen Tagebau Fortuna-Garsdorf, der aufgeschütteten Halde „Sophienhöhe“ und dem Tagebau Hambach.

WasserburgenRoute

Unterwegs auf der Wasserburgenroute sieht man viel Grün und viele Denkmäler.

Die Wasserburgenroute kann man sich sehr schön einteilen, je nach physischer Konstitution und persönlichen Vorlieben.  Die neu gestaltete Wasserburgenroute-Webseite schlägt acht Etappen vor. Aber natürlich kann man die Route auch ganz individuell portionieren.

Radfahrer können Rast machen

Für wen ist sie geeignet? Eigentlich für die ganze Familie: Die Route verläuft größtenteils über Asphalt, über Nebenstraßen, Wirtschaftswege und Radwege, bisweilen sind auch Wanderwege dabei, die aber gut zu befahren sind;  die Steigungen sind moderat. Der „bikeline-Radtourenführer“ hält die Wasserburgenroute für geeignet für „trainierte Kinder ab zehn Jahren“.

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Für alle Radreisenden, die in Miel vorbeikommen, preist Thelen den Garten hinter dem Schloss an, der als großzügiger Biergarten nicht nur allen Abstands-Regelungen genügt, sondern gerade in der Nachmittagssonne und im Abendlicht den schönsten Blick auf das Schloss bietet. Wer als Fotograf etwas geduldig ist und eine windstille Situation abwarten kann, erlebt das wunderschöne Schloss mit Spiegelung im Wassergraben. Ein echtes Postermotiv.

www.die-wasserburgen-route.de

Weiterführende Tipps

Die Route: Der Weg ist recht gut mit einem Burgensymbol ausgeschildert. Manchmal ist die Wegeführung missverständlich, weswegen eine Landkarte mitgenommen werden sollte: als Papierkarte,  GPS-Datei oder Radtourenbuch. Zum Beispiel das „bikeline-Radtourenbuch“ im Verlag Esterbauer (13,90 €) oder „Kompaktspiralo Wasserburgenroute“ von BVA BikeMedia (12,95 €) inklusive GPS-Tracks-Download.

Übernachten: Es gibt eine ausgezeichnete Auswahl auf der Webseite „Bett + Bike“. Unter dem Kapitel Wasserburgenroute findet man vier Dutzend Übernachtungstipps von der Jugendherberge bis zum Hotel in allen Preiskategorien. www.bettundbike.de

Schloss Miel: Das Schloss befindet sich in der Schlossallee 1, 53913 Swisttal-Miel. Informationen zu den Öffnungszeiten der Gastronomie finden Sie im Internet. Hier können auch Schlossführungen gebucht werden. www.schlossmiel.de

Freizeit: Der nächste Grillplatz  ist in der Peterstraße 60, Swisttal. Die Mieler Freizeitfläche mit Spielplatz befindet sich Am Sportplatz in Swisttal (während der Corona-Pandemie empfiehlt es sich, nachzufragen, ob die Plätze geöffnet sind). 

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