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KochenDie Erotik des Alters

Lesezeit 4 Minuten

Schaschlik mit Paprika ist ein Gericht, das von besonders von älteren Menschen geschätzt wird. Wie es zubereitet wird, sehen Sie in unserer Bildergalerie.

Frau Menebröcker, anstatt zu kochen machen sich viele Senioren oft nur noch ein belegtes Butterbrot oder ein Spiegelei in der Pfanne. Warum verlieren manche im Alter die Freude am Essen und Kochen?

CLAUDIA MENEBRÖCKER Wer allein lebt, hat oft einfach keine Lust zu kochen, das trifft ja nicht nur für ältere, sondern auch für junge Leute zu. Es fängt beim Einkaufen an, viele finden es mühsam, die vielen verschiedenen Zutaten zu beschaffen. Wer körperlich beeinträchtigt ist, hat zum Kochen natürlich noch weniger Lust. Dazu kommt, dass der Appetit bei vielen im Alter schwindet.Woher kommt das eigentlich?

MENEBRÖCKER Die Sinneseindrücke lassen nach und werden nicht mehr als so stark empfunden. Gerade Essen ist ja etwas sehr Sinnliches. Sie kennen ja den Spruch, Essen ist die Erotik des Alters, und alles Sinnliche wird eben irgendwann weniger, das liegt zum Teil auch an den hormonellen Veränderungen. Viele ältere Menschen finden Essen generell nicht mehr so spannend.

Wie lässt sich das ändern? Mit welchen Gerichten lassen sich auch Ältere noch begeistern?

MENEBRÖCKER Das kommt natürlich auf die Biografie jedes Einzelnen an, aber viele mögen die klassische Hausmannskost. Und die übrigens auch gerne kräftig gewürzt, Senioren möchten klar erkennen, was sie da auf dem Teller haben. Auch süß wird im Alter gerne gegessen und Eintöpfe gehen immer. Viele bestehen auf die klassische Drei-Komponenten-Mahlzeit mit Fleisch, Gemüse und Sättigungsbeilage, so wie sie es eben seit Jahrzehnten kennen. Kartoffeln sind vielen ganz wichtig, mit Reis habe ich nicht so gute Erfahrungen gemacht. Das Gemüse sollte kaufreundlich und auch das Fleisch butterweich sein. Das muss gar kein Braten sein, viele finden einfache Gerichte toll, wie etwa Bratkartoffeln mit Sülze.

Wie bringt man Ältere wieder an den Herd?

MENEBRÖCKER Mit dem Einkaufen geht es los. Nützlich sind Lieferservices, etwa für Getränke, auch viele Supermärkte bieten Lieferdienste an, da lohnt es sich, einfach mal nachzufragen. Wichtig ist auch, sich das eigene Essen wieder etwas wert sein zu lassen. Auch wenn man alleine isst, kann man es sich schön machen. Mit einer Serviette, mit einer Kerze, mal mit frischen Blumen. Oder mit Gesellschaft, die man sich ab und zu einlädt, wenn man mag. Das sollte man sich selbst wert sein, gerade auch im Alter.

Was hilft sonst noch beim Kochen?

MENEBRÖCKER Fertigprodukte sind nicht per se schlecht. Eine Sauce muss ich nicht mehr unbedingt selbst ansetzen. Und ein kleiner Vorrat ist wichtig, für alle Fälle und für die Tage, an denen man keine Lust auf großes Kochen hat. Dazu gehören etwa abgepacktes Brot und ein paar Konserven.

Welche Küchenhelfer sind nützlich?

MENEBRÖCKER Hier lohnt es, sich einfach mal im Sanitätshaus beraten zu lassen, es gibt viele Utensilien, die man im Alltag noch gar nicht kennt. Gummiaufsätze etwa, mit denen sich Flaschen leichter öffnen lassen, verdickte Griffe, die man über das Messer schieben und so besser schneiden kann oder rutschfeste Schneideunterlagen und leicht zu bedienende Dosenöffner. Vieles kann sogar der Arzt verschreiben. Auch eine Mikrowelle leistet gute Dienste, wenn sie nicht hochtechnisch-kompliziert ist. Und ein Pürierstab ist auch nützlich, nicht nur für alle mit Kau- oder Schluckbeschwerden.

Aber beim Pürieren gehen doch angeblich viele Vitamine und Nährstoffe verloren.

MENEBRÖCKER Im Idealfall halten sich auch Senioren an die bekannten Ernährungsregeln, fünf Portionen Gemüse und Obst am Tag, viele Milch- und Vollkornprodukte. Trotzdem ist Saft besser als gar kein Obst. Und weiches Vollkorntoast ist besser als reines Weißbrot. Viel Fleisch muss es im Alter gar nicht mehr sein, ab und zu ein Würstchen oder eine Frikadelle reichen aus. Das Obst darf auch mal als Kompott aus der Dose kommen, auch Tiefkühlgemüse ist empfehlenswert. Wichtig finde ich, dass Genuss und Spaß am Essen nicht zu kurz kommen. Mal ein Schokoriegel, Flips oder Weingummi, warum denn nicht?

Und die zusätzlichen Kilos?

MENEBRÖCKER Studien haben gezeigt, dass sich leichtes Übergewicht im Alter sogar positiv auswirkt, weil man so gegen leichte Erkrankungen besser gefeit ist. Und mal ehrlich, kommt es auf zwei Kilo mehr oder weniger wirklich an?

Das Gespräch führte Christina Horn

Die Expertin:

Claudia Menebröcker ist Diätassistentin und gründete das Beratungsunternehmen CM Verpflegungskonzepte für Senioren.