Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

Raclette und FonduePlädoyer gegen öde Käse-Essen an Weihnachten und Silvester

Lesezeit 3 Minuten

Halbgares Gemüse begraben unter eine Lawine von geschmolzenem Käse. Raclette wird völlig überbewertet, findet unsere Autorin.

Die große Frage nach dem Weihnachtsessen. Jedes Jahr spaltet sie diverse Familien, treibt Hobbyköche an den Rand des Nervenzusammenbruchs. Klar, ist ja auch wichtig.

Weihnachten ist ein besonderer Tag. Ein besonderer Tag verdient ein besonderes Essen. Alle Mitesser mit all ihren Vorlieben und Allergien unter einen Hut zu bekommen, das Festmahl zum richtigen Zeitpunkt mit allen Komponenten auf den Tisch zu zaubern, verlangt den Weihnachtsköchen einiges ab. Manchen anscheinend zu viel.

Dann heißt es plötzlich: „An Heiligabend gibt's bei uns Raclette! Toll oder? Dann kann jeder selbst entscheiden, was er in sein Pfännchen tut und man sitzt so nett zusammen um den Tisch.“

Labbrige Käsedecke und furztrockene Fleischfetzen

Ganz ehrlich? Ich finde das Ergebnis dieser Raclette-Pfännchen schmeckt nicht toll, sondern einfach nur langweilig. Und als Feiertagsesen markiert es einen kulinarischen Tiefpunkt am Jahresende. Das Gemüse wird nie so richtig durch und wird (als würde das noch irgendwas retten) von einer labbrigen Käsedecke erschlagen. Vor lauter Pfännchen-Bruzzlerei vergisst man dann noch die Fleischfetzen, die oben drauf liegen und die man dann am Ende furztrocken von der heißen Platte kratzen darf.

Zwar sitzen beim Raclette alle nett um das in der Mitte thronende Raclette-Gerät, aber meistens steht doch ständig irgendwer vom Tisch auf, weil das Schälchen mit der Guacamole leer ist oder in der Küche neue Champignons geschnibbelt werden müssen.

Und mal ehrlich: Gemeinsam am Tisch sitzen, tun wir bei allen anderen Mahlzeiten genauso. Wenn die Gespräche stimmen und der Wein nachgeschenkt wird, auch gerne mal länger. Dafür braucht es kein elektronischen Höhlenfeuer in unserer Mitte.

Nein, Fondue ist genauso langweilig!

Sehr beliebt auch in vielen Familien, die sich gegen ein gekochtes Essen aus der Küche und für ein Tischgerät entscheiden, ist das Fondue. Meiner Meinung nach ein ebenso langweiliges Essen wie die Käsepfännchen vom Raclette. Da hält man mit viel Geduld einen Spieß in einen Topf, um dann nach einer gefühlten halben Stunde endlich ein (ein!) Stück Fleisch, oder eben Brot mit Käse, zu essen.

Weil die Wartezeiten so lang sind, futtert man sich meistens eh schon an den Beilagen satt. Ist das Sinn und Zweck eines Weihanchtsessens? Irgendwie nicht, finde ich.

Mut zur großen Küche

An Weihnachten (und auch an Silvester) sollte man schlemmen, sich richtig den Bauch vollschlagen und genießen, was das Zeug hält. Das ganze Jahr über sind wir solide Köche im Alltag, scheuen nicht davor zurück, sonntags mal ein Steak zu braten oder viel Geld für Jakobsmuscheln, Wildbraten, Trüffel oder Steinpilze auszugeben. Warum also an Weihnachten eine Ausnahme machen und auf halbgares Essen nach dem Baukasten-Prinzip umsteigen?

Weihnachten ist die Gelegenheit, Freunden und Familie seine Kochkünste vorzuführen und auch mal Gerichte zu kochen, für die im Alltag entweder Zeit oder Gäste fehlen. Gerade ambitionierte Hobbyköche können sich zu Weihnachten ruhig mal an ein Roastbeef, eine Ente oder einen Rehrücken wagen. Fast jedes Gericht lässt sich tagsüber so vorbereiten, dass die Gastgeber abends nur noch etappenweise in der Küche stehen müssen.

Schlussendlich ist es wohl so, dass ein gelungenes Weihnachtsfest oder eine gute Silvesterparty nicht an der Auswahl des Essens scheitert. Jeder sollte das essen, was ihn glücklich macht. Aus eigener Erfahrung kann ich nur sagen, dass nichts so sehr die Vorfreude auf den Abend steigert, wie der Geruch der Weihnachtsgans, der schon ab mittags durchs Haus strömt.

Käse duftet nun mal nur den Kühlschrank voll. (ksta)