Prominent verteidigtÜber Dinge, die auch nur ein George Clooney tragen kann

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George Clooney – gut aussehend wie immer.

George Clooney – gut aussehend wie immer.

  • Nur einem George Clooney gelingt es, den „Flowbee“, einen elektrischen Haarschneideaufsatz mit Schlauchabsaugung, plötzlich sexy aussehen zu lassen.
  • Würdigung eines gut aussehenden Mannes.
  • Lesen Sie hier auch weitere Folgen der „Prominent verteidigt“-Kolumne.

Zu meinen WG-Zeiten, als wir oft genug spätnachts und trunken nach Hause kamen, setzten wir uns regelmäßig noch vor das alte Röhrengerät in der Küche. Was wir dann bevorzugt zusammen anschauten, waren jene seltsamen Dauerwerbesendungen, „Infomercials“ genannt, bei denen aufgedrehte amerikanische Pärchen den schlaflosen Zuschauern mehr oder weniger bizarre und völlig nutzlose Produkte andrehen wollten, 130-teilige Pfannensets oder der „Universal Trainer Total Tiger“. Ach ja, und unser absolutes Lieblingsprodukt: der Flowbee.

Was ist ein Flowbee? Im Grunde nur ein Haarschneide-Aufsatz, den man auf dem Schlauch seines Staubsaugers befestigt. Dazu gleich mehr.

Was uns faszinierte, war zum einen diese absolut unangebrachte, womöglich Amphetamin-induzierte Begeisterung, nicht nur der Verkäufer, sondern auch der vor die Kamera gezerrten Verbraucher, deren Leben sich etwa durch den Gebrauch eines Wischmops grundlegend verändert hatte.

Was waren wir für Menschen?

Dazu die unsynchron darübergelegten deutschen Stimmen, die wahlweise klangen, als kommentierten sie Geschehnisse jugendgefährdenden Inhalts, oder als sendeten sie direkt aus der Gummizelle für überaffirmative Shopping-Opfer.

Zum anderen rätselten wir lange und ausgiebig darüber, was das bloß für Menschen sein müssen, die sich von solchen Sendungen angesprochen fühlen? Es konnten ja nicht nur beschwipste Bummelstudenten wie wir sein, was war das denn für ein Geschäftsmodell? Es blieben: einsame Seelen, die jede mögliche eingeblendete Telefonnummer anwählten, um nur eine menschliche Stimme zu hören. Oder: Menschen von derart krankhafter Leichtgläubigkeit, dass die Krankenkassen eigentlich Pillen dagegen anbieten müssten (die man dann per Infomercial zielgruppengenau verteilen könnte).

Seit vergangener Woche ist noch eine dritte Kundengruppe dazugekommen, beziehungsweise ein Kunde: George Clooney. Ausgerechnet der Mann, der seine sämtlichen Geschlechtsgenossen seit Jahrzehnten diffus unzulänglich aussehen lässt, hat in einer morgendlichen Talkshow zum Besten gegeben, dass er seine Haare selbst schneidet, und zwar mit Hilfe eines Flowbees, dazu brauche er nur zwei Minuten. Nächtelang haben wir auf den Bildschirm gestarrt und konnten einfach nicht genug kriegen, von der Flowbee-Dauerwerbesendung, vor allem nicht von den Bildern erwachsener Männer, die sich einen Staubsauger an den Kopf hielten, ihre Haare in den Flowbee fließen ließen, wo sie in voreingestellter Länge geschnitten und anschließend eingesaugt wurden. Das sah für unsere erweiterten Pupillen nach einer Art von Selbst-Lobotomie aus, jedenfalls so herrlich bescheuert, dass wir uns vor Lachen die damals noch nicht vorhandenen Bäuche hielten. Keine Frau, die einen Mann bei einer Flowbee-Sitzung erwischte, würde jemals wieder Sex mit ihm haben können.

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Dachten wir. Dachte ich noch bis vergangene Woche. Bis Clooney kam, sprach und den Flowbee plötzlich irgendwie cool aussehen ließ, wie die männlich möglichste Art der Haarpflege, jedenfalls wenn man dazu nicht gerade eine Axt einsetzen wollte. Wenige Tage nach seinem Bekenntnis trat George Clooney dann in der Late Night Show von Jimmy Kimmel auf, brachte seinen Flowbee mit — und demonstrierte dessen Anwendung! Das Studiopublikum war ähnlich begeistert wie die armen Irren im alten Infomercial. Nur dass man das diesmal leicht nachvollziehen konnte. Wahrscheinlich hätten in diesem Augenblick alle gerne Sex mit Clooney gehabt.

Lieber George Clooney, ich mag Ihre Filme (na ja, bis auf „Batman and Robin“), ich schalte noch nicht einmal um, wenn Sie sich für Kaffeekapseln verkaufen. Aber für Ihre kostenlose Flowbee-Werbung hätten Sie Ihren dritten Oscar verdient. Entweder das, oder ich habe das Gerät einfach zum ersten Mal nüchtern betrachtet.

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