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QR-Codes entschlüsseln und Rätsel lösenSchnitzeljagd mit Codes und Handy

Lesezeit 4 Minuten

Die Sticker kleben häufig an Rück- oder Unterseiten von Schildern, Werbetafeln und Laternenpfählen.

Munzees können süchtig machen. Sie kleben auf der Rückseite von Straßenschildern, auf Laternenpfählen oder an der Unterseite von Werbetafeln. Wer einmal angefangen hat, die wenige Zentimeter großen Aufkleber mit den schwarz-weißen QR-Codes zu jagen, kommt nur schwer wieder los davon. Das noch relativ junge Geländespiel Munzee (Mansie gesprochen) ist eine virtuelle Schnitzeljagd.

Ziel des Spieles ist es, möglichst viele fremde Munzees mit einer Smartphone-App zu scannen, aber auch eigene zu platzieren. Die Spieler erhalten fürs Verstecken und Finden virtuelle Punkte. Sie sind in sogenannten Clans organisiert, es gibt Wettkämpfe und Ranglisten. Auf dem Handy werden die gescannten Munzees dann auf einer Karte angezeigt. Das Spiel erinnert in seinen Grundzügen an Geocaching, tatsächlich wurde Munzee vor etwa drei Jahren in den USA von Geocachern entwickelt. Der Begriff geht auf das deutsche Wort „Münze“ zurück. Statt nach Münzen sucht man bei dieser Art der Schatzsuche nach QR-Codes, inzwischen gibt es weltweit Millionen von ihnen. Mehr als 175000 Spieler sind bisher online registriert.

Rheinländer sind offenbar besonders geschickt im Suchen und Finden, denn Köln gilt als deutsche Munzee-Hauptstadt. Sie gehört neben New York und London zu den Top-5-Städten mit den meisten Munzees und Spielern. Knapp 100 „Power-User“, also sehr aktive Spieler gibt es im Kölner Raum. Zwei von ihnen sind Christoph Brunner und Stefan Bachmann, die in Wirklichkeit anders heißen. Beide sind begeistert von Munzee, möchten ihre richtigen Namen aber nicht in der Zeitung lesen. Der Grund: In der Stadt Köln ist das unbefugte Bekleben von öffentlichen und privaten Anlagen verboten. „Der Eigentümer des beklebten Gegenstands hat einen Anspruch auf Beseitigung – und kann unter Umständen die entsprechenden Kosten geltend macht“, erklärt der Kölner Anwalt Andreas Tiedge von der Kanzlei DLA Piper.

„Als verantwortungsbewusste Spieler achten wir aber darauf, nichts zu beschädigen“, sagen die Munzee-Fans Brunner und Bachmann. Da die Aufkleber so klein sind, fallen sie im Straßenbild so gut wie gar nicht auf, zumindest dem nicht, der das Smartphone-Spiel nicht kennt. „Trotzdem riskieren die Spieler bei nicht leicht entfernbaren Aufklebern immer eine strafrechtliche Verfolgung wegen Sachbeschädigung“, so Anwalt Andreas Tiedge. Suchen, entdecken und Punkte kassieren – was die Herzen der Spieler höher schlagen lässt, sieht das Kölner Ordnungsamt kritisch: „Die Sticker anzubringen ist eine Ordnungswidrigkeit und damit verboten“, betont Markus Rosellen: „Wenn unsere Mitarbeiter jemanden dabei erwischen, liegt das maximale Bußgeld bei 1000 Euro.“ Allerdings: Als wirkliches Problem wurden die Munzees bisher von der Stadt noch nicht betrachtet. Bevor wir vom Kölner Stadt-Anzeiger beim Ordnungsamt angefragt haben, war das Thema dort noch nicht bekannt. Mittlerweile ist die Freizeitbeschäftigung zum Glück nicht mehr auf die Aufkleber angewiesen und Munzee-Spielen ohne Risiko möglich: „Inzwischen sind die Hälfte aller vorhandenen Munzees in Köln virtuell“, sagt Christoph Brunner. Das Scannen des Codes ist dann nicht mehr notwendig, es reicht, wenn man sich mit seinem Smartphone an der entsprechenden Stelle aufhält und den Knopf auf dem Gerät drückt.

Munzee ist hauptsächlich in Großstädten verbreitet. Wer die kostenlose App herunterlädt und sich registriert, kann loslegen. Für das neue Hobby scheinen sich vor allem technikaffine Männer zu interessieren. „Anfangs dachte ich, das ist ein reines Nerdspiel“, sagt Christoph Brunner. Sein zehnköpfiger Clan besteht aus neun Männern und nur einer Frau. Viele von ihnen haben im Job mit Computern oder Technik zu tun. Der Reiz des Spiels? „Es ist ein guter Grund, öfter mal rauszukommen, denn Munzees zu suchen ist interessanter als nur spazieren zu gehen“, findet Stefan Bachmann. Er selbst hat sogar schon viele seiner Urlaube nach der Munzee-Karte geplant.

Zentrale Plattform, über die auch die Ranglisten geführt werden, ist die Seite munzee.com. Vergangenes Jahr hat der Kölner Clan einen internationalen Battle gewonnen, einen virtuellen Punktekampf gegen 400 andere Clans. In der Szene ist das ein riesiger Erfolg. Wenn sie gefragt werden, wie viele Stunden pro Woche sie in Munzee investieren, antworten Bachmann und Brunner: „Zu viele.“ Sobald einer zu seiner Partnerin sagt: „Schatz, ich dreh draußen kurz ne Runde“, kann es auch schon mal sechs Stunden bis zur Rückkehr dauern. Gut ist, wenn beide mitspielen.