Meine RegionMeine Artikel
AboAbonnieren

100 Ideen für KölnStadtsuperintendent wünscht sich ein öffentlich zugänglicheres Mahnmal Alt St. Alban

4 min
Das Bild zeigt die Skulptur „Trauerndes Elternpaar“.

Bernhard Seiger möchte die Kirche Alt St. Alban und die Skulptur im Innenhof als Gedenkort zugänglicher machen.

Im Zentrum von Alt St. Alban steht die Skulptur „Trauerndes Elternpaar“. Bernhard Seiger findet, ein solches Mahnmal sollte für die Menschen da sein.

Bernhard Seiger ist Stadtsuperintendent des evangelischen Kirchenverbands Köln und Region. Wir haben mit ihm im Rahmen unserer Serie „100 Ideen für Köln“ gesprochen.

Das Bild zeigt Bernhard Seiger.

Bernhard Seiger möchte die Kirche Alt St. Alban als Gedenkort zugänglicher machen.

Was ist meine Idee für Köln?

Die Kirche Alt St. Alban wurde nach ihrer Profanierung (Entwidmung) 1959 durch Bundespräsident Theodor Heuss als Gedenkort für Opfer von Krieg, Terror und Gewaltherrschaft eröffnet: die im Zweiten Weltkrieg zerstörte Kirche als Ruine, mit Blick in den offenen Himmel.

Zurzeit ist das Mahnmal Alt St. Alban nur einmal im Jahr, am Volkstrauertag, zugänglich. Auf Einladung der Stadt trifft man sich dort für zwei, mit etwas Glück für vier Stunden. Ich schlage vor, diesen zentralen Ort des Gedenkens – gut erreichbar in der Innenstadt, zwischen Gürzenich und Wallraf-Richartz-Museum – für alle zugänglich zu machen. Ich wünsche mir, dass Alt St. Alban schon 2026 einmal pro Woche betreten werden kann und am Gedenktag des Weltkriegsendes am 8. Mai, am Volkstrauertag und am Tag des offenen Denkmals durchgehend geöffnet ist.

Warum wäre das gut für die Stadt?

Wenn wieder ein Terrorakt, ein schlimmer Unfall oder eine Naturkatastrophe die Seele der Menschen aufwühlt und sie den Schmerz der unmittelbar Leidtragenden teilen; wenn sie an einem öffentlichen Ort an die Opfer von Gewaltherrschaft, Terror und Krieg denken möchten – wo können sie hingehen? Ja, wir haben dafür unsere wunderbaren katholischen und evangelischen Kirchen. Hier kann man still werden, beten, eine Kerze anzünden. Aber was ist mit denen, die nicht so kirchlich sind, keinen spezifischen religiösen Glauben haben und dennoch einen besonderen Ort suchen, der der Trauer Raum gibt? Es gibt ihn schon: Alt St. Alban. Hier könnte ein jeder, eine jede in unserer Stadt Blumen ablegen, Kerzen aufstellen, ein Zeichen der Trauer und des Mitgefühls setzen.

Im Zentrum von Alt St. Alban steht die Skulptur „Trauerndes Elternpaar“ von Ewald Mataré (1887 bis 1965). Joseph Beuys (1921 bis 1986) hat die Figur des Vaters beigesteuert. Die Gruppe ist sehr ausdrucksstark, innig und stimmig. Man kann in die Haltung der beiden Figuren so vieles hineinlesen – als Mutter, als Vater, als Kind, als Trauernder oder Betroffene. Seine Wirkung kann dieses Kunstwerk gegenwärtig nicht entfalten, weil man nicht in Beziehung zu ihm treten kann. Matarés Werk befindet sich buchstäblich hinter Gittern. Ein Mahnmal wie dieses soll aber für die Menschen da sein, nicht für sich selbst.

Wie könnte die Umsetzung gelingen?

Alt St. Alban ist ein Gesamtensemble. Die Gedenkstätte gehört der Stadt, und sie achtet zu Recht die Würde des Ortes und die Totenruhe, denn hier liegen auch alte Gräber. Der zerstörte Raum ist das Besondere und muss natürlich geschützt bleiben. Die Aufgabe ist es, die Balance zu finden zwischen Bewahrung und Zugänglichkeit. Deshalb sollten behutsame Schritte der Öffnung gegangen werden, um ein Gespür für den Ort und seine Möglichkeiten zu entwickeln: Was geht dort? Was nicht?

2023 haben Stadtdechant Robert Kleine und ich bereits erste Gespräche mit Oberbürgermeisterin Henriette Reker und dem Kulturdezernenten geführt. Auch mit den Fraktionsspitzen haben wir uns in Verbindung gesetzt: Alle unterstützen das ökumenische Ansinnen, Alt St. Alban behutsam zu öffnen. Ich sehe darin auch eine kulturpolitische Aufgabe für unsere Stadt.

Was braucht es dafür?

Es gibt Bedenken, den Ort zeitweise zu öffnen, obwohl bisher nur sehr vorsichtige Schritte in diese Richtung erörtert wurden. Der Denkmalschutz fürchtet um die Ruhe des Ortes. Ich denke, eine Historisierung im Sinne der 1950er und 1960er Jahre ist keine angemessene Gedenkkultur für das 21. Jahrhundert. Die Gründungsidee lässt sich heute nicht mehr verständlich machen. Deshalb braucht es einen Sinneswandel der Behörde und eine schnelle Beendigung der aktuellen Sicherungsmaßnahmen, sodass dann bis zu 100 Personen das Gelände zu verabredeten Zeitpunkten betreten können – zum Beispiel mit festen Öffnungszeiten an einem Tag der Woche.

Um die Würde des Ortes zu bewahren, könnten Kameras installiert und das Areal durch den Museumsdienst der naheliegenden Museen überwacht werden. Auch eine Aufsicht in Präsenz durch ehrenamtliche Hilfe ist denkbar – ähnlich wie zu den Öffnungszeiten der romanischen Kirchen.