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30 Jahre PhilharmonieDie Geschichte der Entstehung – Ein Architekt erinnert sich

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Philharmonie

Blick in den Konzertsaal der Kölner Philharmonie

Köln – Die Philharmonie gilt 30 Jahre nach ihrer Eröffnung vielen Liebhabern klassischer Musik als einer der bedeutenden Konzertsäle in Europa. Dabei sollte das Gebäude unterhalb des Museums Ludwig ursprünglich einem völlig anderen Zweck dienen – dort sollte eine Mehrzweckhalle entstehen. Erst während des kreativen Wettbewerbs 1976 entwickelten die Architekten Peter Busmann und Godfrid Haberer die Idee, stattdessen einen Konzertsaal zu bauen, der schließlich am 14. September 1986 eröffnet wurde.

Am Anfang hatte allerdings eine ganz andere Überlegung gestanden. Die Stadt wollte in den 1970er Jahren zunächst lediglich den Verkehr zwischen Dom und Rhein neu ordnen, nachdem die Domplatte und das Römisch-Germanischen-Museum realisiert waren. Dazu gehörte auch der Bau des Rheinufertunnels, um den Übergang zwischen Rheinufer und Altstadt vom Autoverkehr zu befreien.

Beamter mit Fantasie

„Das nannte man damals Dom-Rhein-Projekt, und es wurde dafür eine eigene Projektgruppe unter Leitung von Ludwig Rühle gegründet“, erinnert sich Architekt Peter Busmann. „Das war ein sehr untypischer Beamter mit viel Fantasie, der bei der Finanzierung die Fäden gezogen hat.“ So habe er etwa erfolgreich Geld aus einem Wiederaufbau-Programm beantragt, mit dem die Auswirkungen des Zweiten Weltkriegs beseitigt werden sollten.

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Die Idee, moderne Kunst in einem städtischen Museum auszustellen, entwickelten der damalige Chefkurator des Wallraf-Richartz-Museums (WRM) und der Sammler Peter Ludwig in einer Bar in New York. „Kulturdezernent Kurt Hackenberg war hellwach und hat direkt Feuer gefangen“, sagt Busmann.

Kultur und Verkehr

Als sich herausgestellt habe, dass alt und neu nicht zusammen in das von Architekt Rudolf Schwarz entworfene alte WRM passen würden, entstand der Gedanke, ein neues Museum zu bauen. Diese Absicht hätten sowohl der damalige Kulturausschussvorsitzende und spätere Oberbürgermeister John van Nes Ziegler als auch SPD-Fraktionschef Günter Herterich und Gert von der Osten, Generaldirektor der Kölner Museen, als Vordenker vorangetrieben, erinnert sich Busmann.

So seien das Thema Verkehr und die kulturelle Idee zwischen Dom und Rhein zusammengekommen. Man entschied sich dann, einen Ideenwettbewerb auszuschreiben. „Das war ein großartiger Schritt, weil es Architekten viel Freiraum für Fantasie verschafft und man zeigen kann, was alles möglich ist“, sagt Busmann.

Für Haberer und ihn sei klar gewesen, dass aus der Perspektive der Fußgänger die Dominanz des Doms erhalten bleiben musste. Deshalb habe man für einen freien Zugang zum Rhein gesorgt und schließlich eine Freitreppe eingeplant. Hackenberg habe diesen Brückenschlag zwischen der Kathedrale und dem Fluss sofort verstanden. „Da Haberer und ich auch Musiker sind, diskutierten wir irgendwann, ob man aus der geplanten Mehrzweckhalle nicht einen Konzertsaal machen könnte – da war die Idee zur Philharmonie geboren“, erinnert sich Busmann.

Zwei Jahre Überzeugungsarbeit

Es habe zwei Jahre gedauert, um die Verkehrsplaner zu überzeugen. So sollte der Verkehr ursprünglich von der Rheinuferstraße direkt in die Altstadt geführt werden. Die Idee der jetzigen unterirdischen Verbindung und Verkehrsführung hatte Ulrich Kuhn, ein Mitarbeiter von Haberer und Busmann, der damals im Architektenbüro als Projektleiter beschäftigt war.

Am Ende entstanden innerhalb von zehn Jahren auf einer Fläche von 10 000 Quadratmetern ein Gebäude, in dem bis 2001 das Museum Ludwig und das WRM (das dann in das eigene, von Oswald Mathias Ungers entworfene Gebäude umzog) untergebracht waren, ein Konzertsaal für 2000 Zuschauer und der Rheingarten als kleines Erholungsgebiet.

„Wir sind damals als einziges kommunales Großprojekt im Zeit- und Kostenrahmen geblieben“, sagt Busmann. Man habe damals sogar vom „Kölner Modell“ gesprochen.

„Für den Erfolg war das Zusammenspiel aus Stadtverwaltung, Ratspolitikern und Bauleuten entscheidend“, so Busmann. Es habe ein persönliches Miteinander gegeben und einen ständigen Gedankenaustausch. So seien aufgrund des Zusammenspiels aller Beteiligter gute Lösungen gefunden worden.

Schallschutz reicht nicht aus

Bis heute gilt das Dom-Rhein-Projekt mit einer Einschränkung als vorbildlich: Das Dach der Philharmonie, der Heinrich-Böll-Platz, muss während der Aufführungen gesperrt und von einem Wachdienst abgeschirmt werden, da der Schallschutz nicht ausreicht, so dass die Rollen von Reisekoffern und Skateboards zu hören wären. Eine zehn Millionen Euro teure Sanierung wurde bislang nicht in Angriff genommen.

Peter Busmann führt den Erfolg des Projekts auch darauf zurück, dass die Architekten klar gesagt hätten, was sie leisten können und was nicht. „Deshalb haben wir zum Beispiel die Planung und die Bauleitung voneinander getrennt“, sagt Busmann.

Man engagierte das Londoner Unternehmen „Quantity Surveyor“

Man habe das Unternehmen Tillyard aus London als „Quantity Surveyor“ engagiert. In dieser Funktion kümmerten sich die Mitarbeiter der englischen Firma um die Überwachung der Kosten und Verträge. „Auch damals gab es nicht Geld wie Heu“, sagt Busmann. Es sei entscheidend gewesen, die Kosten kontinuierlich nachzuverfolgen.

„Wenn ein Großprojekt erfolgreich sein soll, müssen in allen Bereichen die Besten ran“, sagt Busmann. Ihm sei bis heute wichtig, dass das Dom-Rhein-Projekt nur gelingen konnte, weil es so viele Beteiligte gab, die an einem Strang gezogen und mit viel Ausdauer und Einsatz dasselbe Ziel verfolgt hätten. „Der einzige Fehler, der damals begangen wurde, war es, den Rheinufertunnel nicht bis zur Bastei durchzuziehen“, sagt Busmann.

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