„Katastrophe für die Schüler“Kölner Schulleiter und Lehrer reagieren entsetzt auf das Abitur-Desaster

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„Heute Abitur“ steht auf einer Tafel, vor der mehrere Schüler sitzen.

Die Abitur-Prüfungen mussten wegen einer Technik-Panne auch in Köln von Mittwoch auf Freitag verschoben werden.

Nach der Abitur-Panne herrschen in Kölner Schulen Wut, Frust und Entsetzen. Und die Sorge davor, dass es noch einmal schiefgehen könnte.

Bis zum späten Dienstagabend saßen viele Lehrerinnen, Lehrer und Schulleitungen in Kölner Gymnasien und Gesamtschulen und warteten auf Informationen des NRW-Schulministeriums, wie es mit den Abiturprüfungen weitergeht, die für den Mittwochmorgen geplant waren. Kurz nach 20.30 Uhr kam dann die E-Mail des Ministeriums mit der Ansage, dass die Prüfungen auf Freitag verschoben werden. Am Tag danach äußern sich viele Kölner Schulleitungen und Lehrkräfte geschockt und empört.

„Es ist unfassbar und mehr als peinlich“, sagt Christa Dohle, Schulleiterin der Gesamtschule Holweide. Sieben Lehrkräfte hätten bis 20.30 Uhr in der Gesamtschule zusammen gesessen. „In den naturwissenschaftlichen Fächern müssen Versuche aufgebaut werden, die Kollegen konnten nicht einfach nach Hause gehen“, sagt Dohle. Über eine Chatplattform seien die Schülerinnen und Schüler dann über die Absage informiert worden.

Kölner Schiller-Gymnasium versorgte andere Schulen mit Abitur-Aufgaben

Am Schiller-Gymnasium in Sülz hakte der Download der Prüfungsaufgaben zwar, aber nach etwa zwei Stunden lagen alle Materialien sicher im Tresor der Schule, wie Schulleiter Georg Scheferhoff berichtet. „Es hat sich ziemlich schnell herumgesprochen, dass es bei uns geklappt hat.“ Und so seien Oberstufen- und Schulleiter von acht anderen Kölner Schulen vorbeigekommen, um die Aufgaben zu kopieren und in ihre Schultresore zu bringen. „Die Verzweiflung der Beteiligten war groß.“

Am Mittwoch herrscht in den Lehrerzimmern große Anspannung. „Die größte Sorge ist, dass sich so etwas wiederholt und der Download noch einmal nicht funktioniert“, sagt Scheferhoff.  „Ich frage mich, warum man die Technik nicht vorher ausprobiert hat. Und warum hat man für solche Fälle keinen Plan B?“ Die diesjährigen Abiturienten seien ohnehin gebeutelt – durch ein kurzes Schuljahr und die vergangenen Coronajahre, die „eine riesige Belastung waren. Und nun gibt es so ein Chaos“.

Es ist ein Unding, dass so etwas passieren kann.
Alexander Fladerer, Kölner Bezirks-Vorsitzender der GEW

Auch die Königin-Luise-Schule gehört zu den ganz wenigen Schulen, die die Abiturprüfungen herunterladen konnte. „Um 16 Uhr lagen die Aufgaben in unserem Tresor“, berichtet Schulleiterin Ute Flink. Dennoch hätten sie natürlich die Mails des Schulministeriums aufmerksam verfolgt. Schließlich habe es die Auskunft gegeben, dass es eine Lösung gebe. „Daraufhin habe ich die Schülerinnen und Schüler dann darüber informiert, dass die Prüfungen stattfinden.“ Als dann kurze Zeit später doch die Absage vom Ministerium kam, war das Flink zufolge „eine Katastrophe für die Abiturientinnen und Abiturienten“.

Gemeinsam mit Kollegen habe sie diejenigen abtelefoniert, deren Handynummern sie hatte, damit die Info in den Klassenchats verbreitet werden konnte. Außerdem wurde per Mail und über die Homepage der Schule informiert. Die häufigsten Reaktionen seien Unglauben, Fassungslosigkeit und völliges Unverständnis gewesen. „Einige saßen noch über ihren Büchern und lernten. Vor allem für diejenigen mit Prüfungsangst ist es besonders schwierig“, sagt Flink. Corona habe für große psychische Belastungen gesorgt. Auch dadurch seien viele besonders sensibel.

„Der Ersatztermin ist problematisch“, sagt Rolf Grisard, Schulleiter der Heinrich-Böll-Gesamtschule in Chorweiler. Für die Schulen bedeutet das Verschieben viel Organisation. Unter anderem müssen neue Aufsichtspläne erstellt werden. „Und die Schüler müssen ihre Lernpläne umstellen.“ Für muslimische Schüler sei es besonders bitter, da am Freitag das Zuckerfest gefeiert wird. „Wir hoffen, dass die technischen Probleme gelöst werden können. Aber momentan sind wir in einem großen Spannungszustand“, so Grisard.

„Es ist ein Unding, dass so etwas passieren konnte“, sagt Alexander Fladerer, Kölner Bezirks-Vorsitzender der Gewerkschaft Erziehung und Bildung (GEW) und Lehrer an einem Kölner Gymnasium. „Es ist erschreckend, dass das bevölkerungsreichste Bundesland nicht in der Lage ist, für einen reibungslosen Ablauf beim Abitur zu sorgen.“


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