Kölner Musikproduzentin Alycce„Trotz Studium trauen mir viele Typen nicht alles zu“

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Die Künstlerin kritisiert die Überheblichkeit vieler Männer in der Szene.

Köln – Die Musikbranche ist eine männerdominierte Szene, vor allem in der Produktion. Doch es gibt sie, die weiblichen Ausnahmen. Eine ist Alicia Kreckel, Musikproduzentin und wohnhaft in der Kölner Altstadt. Gebürtig kommt Alicia, die sich als Künstlerin Alycce nennt, aus dem Westerwald. Die Produzentin liebt ihren Beruf, auch wenn es schon Situationen gab, in denen sie sich nicht ernst genommen gefühlt hat. Und trotzdem hat sie das Ziel, sich in der männerdominierten Branche durchzusetzen.

Im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ erinnert sich Kreckel an  Momente mit ihren männlichen Kollegen zurück. Viele würden zum Beispiel denken, dass sie als Frau nicht so viel Ahnung von Technik hat. „Aber ich habe das ja studiert, ich weiß genau, was ich machen muss. Aber viele Typen haben mir trotzdem nicht zugetraut, alles selber und analog zu verkabeln“, sagt sie.

Für die Technik braucht man keine Muskeln

Die Produzentin erzählt von einer Situation in einem fremden Studio. „Die hatten ein anderes Programm als üblich und der Kopfhörerausgang war woanders, aber geholfen haben mir die vier Besitzer nicht und wussten selber nicht weiter. Das war dann eher für die peinlich, ich hab da alles richtig verkabelt.“  

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Außer im Livebereich, wo Kisten und Boxen geschleppt werden müssen, hätten männliche Kollegen absolut keinen Vorteil, sagt Alicia. „Zum Musik abmischen oder Technik einstellen braucht man ja keine Muskeln.“ 

Musikproduktion braucht mehr Frauen

Um den Produzentenberuf  vor allem jungen Mädchen näher zu bringen, gibt Alycce Anfang Mai einen Workshop in einer Schule. „Das geht vor allem an die Mädchen, die etwas mit Technik machen wollen, sich aber nicht trauen. Aber Mädchen können auch Technik, man muss ihnen das nur in die Hand geben.“ Alicias Standpunkt ist klar: Die Musikbranche, insbesondere die Produktion, braucht mehr Frauen.

Früh anzufangen ist wichtig, sagt Alycce, das sei für ihren Werdegang von Vorteil gewesen. Als Kind hat sie Saxophon gespielt, im Kindergarten gab es musikalische Früherziehung. Mit ihrem Talent ist sie in ihrer Familie allerdings eine Ausnahme. „In meiner Familie ist niemand musikalisch. Mein Patenonkel sagt immer: Wenn mich jemand fragt, woher ich mein Talent habe, soll ich sagen von ihm, aber er arbeitet bei der Bank und hat keine Ahnung“, sagt Alicia und lacht. 

Keine Förderung in Lockdownzeiten

Irgendwann habe sie gemerkt: „Ich will beruflich auch mit Musik arbeiten, aber vom Saxophon spielen kann ich nicht leben“, sagt sie. Studiert hat sie an der Akademie Deutsche Pop in Köln und in London, Music Technology Specialist nennt sich der Studiengang. 2020 folgte ein Studienabschluss in Lockdownzeiten.

Förderungen gab es danach keine. „Ich war ja nie gelistet als Künstlerin, ich hab studiert, aber nichts veröffentlicht. Ich hatte das Gefühl, dass die Künstlerinnen und Künstler, die 2020 starten wollten, vergessen wurden.“

Die EP als Visitenkarte

Um irgendetwas zu machen, hat sie angefangen an einer EP, eine Art Mini Album, zu arbeiten, daraus wurde „Broken Hearts Club“. Die EP enthält zu viele Songs für eine Single aber ist zu kurz, um als Album zu gelten, und sei so etwas wie ihre Visitenkarte, „irgendwas muss ich ja vorzeigen können.“

Sechs Songs haben es auf die EP geschafft. "Irgendwer von meinen Freunden kannte immer wen, der oder die gern einen Song aufnehmen wollte, aber nicht selber produzieren konnte. So ist oft die Zusammenarbeit entstanden", erzählt die Produzentin. Für die EP hat Alicia auch mit den zwei Kölner Sängerinnen Irene Muvic und tine zusammengearbeitet, weitere Stimmen auf der EP sind Riva Leon und Georg' Estelle.

Alicias persönlicher Favorit sei „Take me higher“ mit Georg' Estelle. „Der Song klingt so anders, als das was gerade in den Radios läuft. Es geht darum, dass man das Leben so nehmen muss, wie es kommt, man muss das Beste draus machen“, beschreibt sie ihren Liebling. Hören kann man die Musik von Alycce vor allem auf Musikplattformen wie Spotify, Deezer oder Apple Music. Im Laden steht die EP noch nicht, in Vorkasse zu gehen, das sei zu teuer und unsicher, bedauert Alicia. 

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Alycce legt sich in der Produktion nicht auf ein Musikgenre fest. Für sie sei die Richtung erst einmal egal, solange es ihr gefalle. „Alles was ich mache, ist zwar Pop, aber ich bin offenzu experimentieren oder auch etwas neues abzumischen“, erklärt sie. Inspiriert werde sie vor allem von Mark Ronson, Jungle oder Daft Punk. Mit Mark Ronson würde sie auch gerne zusammenarbeiten, ebenso wie mit Miley Cyrus oder Dua Lipa. 

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