Ansturm auf KölnDie Touristen sind zurück in der Stadt

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Tourismus in Köln Symbolbild 1

Touristen nehmen ein Foto vor dem Kölner Dom auf.

Köln – Das Geräusch von Rollkoffern ist wieder zu hören. Touristen, die den Dom im Ganzen und – noch schwieriger – sich selbst vor dem ganzen Dom fotografieren, sind unterwegs. Und Reisegruppen, die einem Guide folgen, der ein Schild hochhält, damit auch niemand verloren geht in dem Gewühl. Am Eingang des Café Reichard hat sich eine kleine Schlange gebildet.

Die Touristen sind zurück in der Stadt. Auf einer der wenigen Bänke vor dem Café Reichard hat sich eine Reiseleiterin, erkennbar an Uniform und Namensschild, niedergelassen. Für eine Pause bleibt ihr nicht viel Zeit. Sie ist mit einer Busgruppe aus Amsterdam gekommen, die jetzt genau eineinhalb Stunden Zeit für Köln hat. Das reiche für den Dom und für einen Lunch, sagt die Niederländerin. Köln ist nur eine kleine Station, es geht in zwei Wochen durch Europa. Dann muss sie telefonieren, denn gleich geht es schon weiter.

Aus Australien nach Köln

Etwas länger bleibt die Familie Sachs aus Sydney in Australien. Sie hat deutsche Wurzeln. Die Eltern Caroline und Martin sind mit den Kindern Emilia, Lillian und Jeremy bei der Oma in Bergisch Gladbach zu Besuch. „Wir waren schon oben auf dem Dom und haben uns auch die alten Gräber angeschaut“, sagt die Mutter.

Alles zum Thema Museum Ludwig

Sydney und Köln – wie ist der Vergleich? „Wir haben nicht so große und alte Kirchen“, sagt Emilia. Köln sei schön und genauso aufgeräumt wie Sydney, finden sie. Nur dass hier so viele Kippen auf der Straße liegen und in den Ritzen des Kopfsteinpflasters hängen bleiben, wundert sie. In Sydney ist das Rauchen in der Öffentlichkeit weitgehend verboten.

Reisegruppen vor dem Dom

Auf dem Domvorplatz tummeln sich die Reisegruppen, ein Gewirr aus Englisch, Französisch, Spanisch und anderen Sprachen ist zu hören. Dass hier rundherum die Riesenbaustellen Domhotel und Domcarré sind und auch die Hälfte der Domtreppe wegen Sanierungsarbeiten unter einem Dachverschlag verschwunden ist, scheint die meisten nicht zu stören. Der Dom ist wohl einfach zu gewaltig.

Schlange vor Luxusgeschäft

Gezielt steuern einige Touristen das Geschäft von Louis Vuitton an, das wie ein Juwel zwischen Bauzäunen hervorlugt. Auch hier hat sich eine kleine Schlange gebildet. Die Dom-Umgebung als Standort für Luxusmarken ist offensichtlich auch durch Pandemie und Baustellen unkaputtbar.

Viele Besucher sind mit Flusskreuzfahrtschiffen gekommen. Während die Schiffe in der Mittagszeit aufgereiht wie an einer Perlenschnur leer am Ufer vertäut sind, sind die Gäste mit Guides in der Stadt unterwegs. Die meisten Guides halten ein Schild mit der Aufschrift „Viking“ hoch, dem großen Kreuzfahrtveranstalter.

Geheimnis der Philharmonie

Im Durchgang vom Römisch-Germanischen Museum zum Museum Ludwig bleibt der Führer einer amerikanischen Gruppe vor den Sarkophagen stehen und erklärt, dass das Bauen in Köln stets das Risiko berge, auf archäologische Funde zu stoßen. „Deshalb heißt es hier: erst ausgraben, dann bauen.“

Ein paar Meter weiter, am Platz über der Philharmonie, berichtet er dann von einer weiteren Kölner Besonderheit: Weil man nach dem Bau des unterirdischen Konzertsaals merkte, dass Geräusche – etwa durch Skater verursacht – unten zu hören sind, ist nun der Platz seit vielen Jahren gesperrt. Vereinzeltes Kopfschütteln. Stolz ist der Führer aber darauf, dass die Hohenzollernbrücke weltweit die am zweitmeisten befahrene Eisenbahnbrücke ist.

Hundefotos vor dem Dom

Derweil steht eine kleine Familiengruppe am Geländer der Dombauhütte und eine Führerin erklärt, warum auf dem Dach eine Figur des heiligen Josefs zu sehen ist. „Josef war von Beruf Schreiner, ist der Schutzpatron aller Handwerker und passt deshalb gut zur Dombauhütte.“ Einen der jungen Zuhörer interessiert das nur wenig. „Mama, warum müssen wir diese Führung mitmachen?“

Zwei Ehepaare aus Aachen sind zu einem Tagesausflug gekommen und fotografieren – natürlich – sich selbst vor dem Dom. „Obwohl unserer ja eigentlich schöner ist“, meint Willi Bonten lachend. In Aachen, berichten sie, seien derzeit übrigens auch so viele Touristen wie in Köln.

Daniel Diaz aus Madrid posiert mit seinen Hunden vor dem Dom. Er war mit den Tieren bei einem Hundewettbewerb in Dänemark und pausiert auf dem Rückweg in der Stadt. Die Menschen sind gut gelaunt und entspannt. Das Wetter ist schön und es ist noch nicht zu voll. In den Lokalen am Rheingarten ist auch zur typischen Mittagessen-Zeit noch Platz. Man kann sogar wählerisch sein. Die meisten wollen im Schatten sitzen.

Auf dem Heumarkt wird bereits die Bühne und Buden für die CSD-Feier am kommenden Woche aufgebaut, als solle den Touristen signalisiert werden: In Köln gibt es immer etwas zu feiern.

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Lange hat Köln warten müssen, bis hier – fast – wieder alles so ist wie 2019 vor der Pandemie, als die Stadt ihren bis dahin besten Wert bei den Übernachtungszahlen erreichte. Wegen der großen Beliebtheit Kölns als Reise- und Messeziel waren deshalb auch bereits einige neue Hotels geplant, die in der Pandemie eröffneten, wie etwa das Ruby am Ring oder das Moxy am Flughafen.

Tourismus-Chef spricht von Normalisierung

Doch schon in den letzten Monaten zeichnete sich ein langsamer Aufwärtstrend ab. Jürgen Amann, Geschäftsführer von Köln-Tourismus, sagt sogar: „Wir beobachten eine zunehmende Normalisierung des Tourismus. Unsere Prognosen bestätigen sich hinsichtlich eines Strukturwandels bei der touristischen Regenerierung.“

Köln-Tourismus hatte in der Pandemie gezielt um Freizeitgäste in Deutschland und in den Nachbarländern geworben – wohl wissend, dass Köln sich zukünftig wohl nicht mehr auf den Schwerpunkt der Geschäftsreisen verlassen kann.

Freizeittouristen kommen wieder nach Köln

Das Ziel scheint erreicht: Der Freizeittourismus erhole sich, vor allem Besucher aus dem Umland und den Nachbarländern kämen wieder. Und auch das Messe- und Tagungsgeschäft erhole sich. „Aber auch der anhaltende Rückgang bei den klassischen Geschäftsreisen ist nicht zu übersehen.“

Insgesamt schließe sich aber die Lücke zu 2019 langsam. Bei einzelnen Ländermärkten, wie zum Beispiel den Niederlanden, erreichen die Zahlen nun wieder fast Vorkrisen-Niveau. Und das Geschäft der organisierten Reisen läuft wieder. „Wir nehmen – nachdem lange vor allem Individualreisende dominiert haben – wieder vermehrt Reisegruppen wahr.“

Starke Zuwachs in der Sterne-Hotellerie 

Im April hatte Köln die größten Zuwächse bei der Hotelauslastung im Vergleich der großen deutschen Städte und den zweithöchsten Anstieg bei den Erträgen in der Sterne-Hotellerie nach Berlin.

Ein Bett in einem Sterne-Hotel braucht die ältere Dame aus Aachen, die sich auf einer Bank beim Dom ausruht, nicht. Sie fährt am Abend wieder nach Hause, möchte aber erst einmal aus dem Epizentrum des Tourismus’ raus. „Ich gehe jetzt ins Schnütgen-Museum, da ist es so schon ruhig.“ Neben ihr bimmelt die Bimmelbahn und fährt gut besetzt Richtung Schokoladenmuseum los.

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