Ein offenbar der rechten Szene zugehöriger Youtuber filmt und interviewt Teilnehmer des CSD in Brühl, bis er erkannt wird.
„Erschreckendes Geschehen“Initiatoren beklagen rechte Provokation am Rande des CSD in Brühl

Rund 1000 Menschen nahmen am bunten und friedlichen Demonstrationszug beim CSD in Brühl teil. Am Rande soll es aber zu Provokationen gekommen sein.
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Der CSD in Brühl am ersten September-Wochenende hinterließ grundsätzlich zufriedene Organisatoren. Rund 1000 Teilnehmer hatten die Innenstadt zum zweiten Mal in eine bunte Partymeile verwandelt und für Vielfalt und die Rechte queerer Menschen geworben. Ein Vorfall am Rande wird jedoch in unschöner Erinnerung bleiben: Ein Youtuber –offenbar aus der rechten Szene – begleitete den Demonstrationszug vom Start am Balthasar-Neumann-Platz durch die Stadt mit Kamera und Mikrofon.
Er stellte den Teilnehmern Fragen – offenkundig mit der Absicht, diese anschließend mit einem Zusammenschnitt im Internet bloßzustellen. „Einige jüngere Leute haben ihn als bekannten rechten Streamer erkannt“, berichtet Sirin Seitz aus dem Vorstand des ausrichtenden Vereins Pride Brühl. Körperlich bedroht worden sei zwar niemand, aber man habe daraufhin versucht, die Teilnehmenden mit Schildern und Bannern vor der Kamera des jungen Mannes abzuschirmen.
Auf Höhe des Krankenhauses wurden „Nazis-raus-Rufe“ laut
Dies habe man getan, um eine Veröffentlichung der Gesichter einzelner Demonstrationsteilnehmer auf Online-Plattformen rechter Kreise zu erschweren. Auf Höhe des Marienhospitals wurden dann „Nazis-raus-Rufe“ laut. Mitglieder der Fußgruppe der Antifa Rhein-Erft forderten den Streamer laut Schilderungen nachdrücklich auf zu verschwinden. Ob dabei, wie von dem Streamer behauptet, seine Kamera beschädigt wurde, ist unklar.
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Die Polizei bestätigt lediglich, dass noch an Ort und Stelle zwei wechselseitige Anzeigen aufgenommen wurden. Eine Person erstattete demnach Anzeige wegen einfacher Körperverletzung und Sachbeschädigung, die andere wegen des Verdachts der Bedrohung.
„Im vergangenen Jahr hat es keinerlei vergleichbaren Vorfall gegeben. Das Geschehen ist schon erschreckend und wirft einen Schatten auf die Veranstaltung“, sagt Seitz. Sie sei aber davon überzeugt, dass die positive Ausstrahlung des CSD in Brühl stärker sei. „Wir haben so viel tolle Resonanz erfahren. Die Menschen in Brühl sind dem Pride mit Neugierde und Offenheit begegnet. Das stimmt uns zuversichtlich“, erklärt die Organisatorin.
Man sei nicht naiv und habe sich Gedanken über Gegendemonstrationen und Provokationen von Rechts gemacht. „Wir haben im Vorfeld klar gemacht, dass rechtes Gedankengut bei uns nicht willkommen ist und versucht, Maßnahmen zu ergreifen“, betont Seitz. So habe man eigens ein Awareness-Team benannt, das als Ansprechpartner bei unschönen Vorkommnissen dienen sollte. Dieses sei jedoch nicht auf den Vorfall angesprochen worden.
Wir queeren Menschen sind kein Großstadtphänomen, sondern überall. Rechtsradikale aber leider auch
Die Möglichkeiten der ehrenamtlichen Helfer am Demonstrationsweg seien in so einem Fall begrenzt, zumal das Filmen nicht grundsätzlich verboten sei. In einer Großstadt wie Köln würden sich Rechtsgesinnte wohl nicht trauen, vergleichbar dreist aufzutreten, vermutet Seitz.
Umso wichtiger seien Veranstaltungen in kleineren Städten. „Wir queeren Menschen sind schließlich kein Großstadtphänomen, sondern überall. Rechtsradikale aber leider auch.“