Meistgelesen 2022Schutz vor Blackout – Wann in Köln kontrolliert der Strom abgeschaltet wird

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Köln in der Nacht

Köln bei Nacht - Dom und Hohenzollernbrücke sind nicht angeleuchtet (Archivbild).

  • Dieser Text ist zuerst am 4. November erschienen

Im kommenden Winter könnte nicht nur das Gas knapp werden. Auch beim Strom drohen Engpässe. Städte wie Köln spielen vorsorglich Blackout-Szenarien durch, damit sie etwa auf einen plötzlichen Stromausfall vorbereitet sind.

Damit es erst gar nicht so weit kommt, sind auch kontrollierte Stromabschaltungen in Teilen der Stadt denkbar – wenn auch nur als „Ultima Ratio“, wie es heißt.

Blackout-Plan für Köln: So bereitet sich die Stadt auf einen Stromausfall vor

„Es darf weder zu viel noch zu wenig Strom im Netz sein, sonst gerät das System aus der Balance“, sagt Christoph Preuß, Sprecher der Rhein-Energie. Wenn etwa weniger Strom lieferbar ist als benötigt, entsteht ein solches Ungleichgewicht, das dann nicht nur Köln, sondern die ganze Bundesrepublik betreffen kann.

Das kann zum Beispiel der Fall sein, wenn Kraftwerke ausfallen, Talsperren leer sind – was sie im Sommer waren, inzwischen aber nicht mehr -, es eine extreme Kältewelle gibt oder die Versorgung von Gaskraftwerken einbricht. Nachdem Russland kein Gas mehr nach Deutschland liefert, ist gerade die Sorge vor einem Gasmangel bei nicht wenigen Bürgerinnen und Bürgern groß.

Köln: Kollaps des gesamten Stromnetzes vermeiden

Sollte also nicht ausreichend Strom zur Verfügung stehen, haben Netzbetreiber und Energieversorger eine Reihe von Möglichkeiten auf die Lage zu reagieren, bevor sie tatsächlich kontrolliert in Teilen der Stadt den Strom abstellen, um so den Kollaps des gesamten Netzes zu verhindern. Indem etwa Talsperren geöffnet werden, könnten Pumpspeicherkraftwerke innerhalb weniger Minuten mehr Strom liefern, erklärt Preuß.

Genauso schnell könnten Gasturbinenkraftwerke wie die in Köln-Niehl ihre Stromerzeugung hochfahren, „bei Kohlekraftwerken dauert es mit mehreren Stunden etwas länger“, sagt Preuß. Zudem werden weitere Kraftwerke für Notfälle vorgehalten. Solche „Reserven“ würden als erstes aktiviert.

Blackout Köln: Zuerst wäre die Industrie betroffen

Wenn die Reserven den Strommangel jedoch nicht ausgleichen können, wird es kniffelig. Dann muss der Stromverbrauch schnell sinken, um das Netz nicht zu überlasten. Hier kommen nun die kontrollierten Abschaltungen ins Spiel, die dann in verschiedenen Bereichen im gesamten Bundesgebiet erfolgen – also auch in Köln. Zunächst müssten diejenigen Industriebetriebe für einige Stunden vom Netz, die besonders viel Strom verbrauchen, erläutert Preuß. Der Eingriff wird den Firmen vorher angekündigt.

Sollte auch das nicht helfen, geht es „als Ultima Ratio“ an die Privathaushalte, sagt Preuß. In Köln würde zunächst für 20 bis 30 Prozent der Stadtfläche – ebenfalls nach vorheriger Ankündigung – der Strom „für zwei bis drei Stunden“ abgestellt. Sollte dieser Eingriff das Stromnetz nicht stabilisieren, wird der Strom bei diesen Wohnungen wieder angestellt und ein anderer Teil Kölns nicht mehr versorgt. Welche Bereiche der Stadt als erstes ohne Elektrizität dastehen, könne man nicht sagen, erklärt Preuß, es würden jene Stadtteile abgeschaltet, die es in der Situation „technisch erforderlich machen.“

Kölner Krankenhäuser haben Notstrom-Aggregate

„Kaskadierend“ nennt man dieses Vorgehen, bei dem reihum immer nur ein Bereich betroffen ist. Auch Krankenhäuser oder Pflegeeinrichtungen bekämen dann keinen Strom, jedoch seien diese Häuser mit Notaggregaten ausgestattet und könnten die zwei bis drei Stunden überbrücken. Dass tatsächlich Privathaushalte wegen Strommangels zeitweise ohne Elektrizität dastehen, hält Preuß für „einen extrem unwahrscheinlichen Fall.“ Es sei ein Eingriff in allerhöchster Not, „um einen flächendeckenden Blackout zu verhindern“, also einen großräumigen unkontrollierten kompletten Stromausfall. Und vorher stünden eben noch andere Mittel zur Verfügung.

Mit solch einem Blackout, sagt Solveig Wright, Sprecherin vom Amprion, „rechnen wir im Winter nicht.“ Amprion ist einer von vier Höchstspannungsnetzbetreibern in Deutschland. Über die Stromtrassen von Amprion wird auch die Rhein-Energie versorgt, die die Elektrizität dann an ihre Kunden weitergibt. Sollte das deutsche Stromnetz aus der Balance geraten, würde Amprion die Rhein-Energie anweisen, Maßnahmen wie notfalls eine kontrollierte Abschaltung zu ergreifen.

Auch wenn sie, wie Preuß, solche Abschaltungen für „sehr unwahrscheinlich“ hält, sei die Stromversorgungslage in ganz Europa angespannt. „Wir sind jetzt soweit, dass wir sagen: Wir können es nicht vollständig ausschließen“, sagt Wright. Unvorhersehbare Ereignisse wie extreme Wetterlagen oder Kraftwerksausfälle wie es sie derzeit in Frankreich gebe, würden immer ein „gewisses Restrisiko“ bergen – und zwar schon immer, auch ohne Russlands Krieg in der Ukraine. Dennoch sei auch jetzt „das Risiko größer, dass ein Bagger eine Stromleitung durchtrennt“, als dass es einen Blackout oder kontrollierte Abschaltungen von Privathaushalten gebe, formuliert Wright.

„Für Köln hat sich seit Kriegsbeginn primär nichts geändert“, bewertet Preuß die aktuelle Stromsituation. Anders wäre es, wenn eine Gasmangellage entstünde. „Und die ist zurzeit nicht in Sicht“, sagt Preuß.

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