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Rechnungsprüfer mahnenWas würde Olympia Köln kosten?

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Erst Olympia und dann ein neues Veedel? Das Kreuzfeld-Gelände im Kölner Norden.

Erst Olympia und dann ein neues Veedel? Das Kreuzfeld-Gelände im Kölner Norden.

Der Rat beschließt die geplante Bürgerbefragung am 19. Mai 2026, dafür muss die Stadt rund 370.000 Euro aufbringen. 

Erstmal geht es um knapp 2,5 Millionen Euro. So viel wird der Ratsbürgerentscheid nach Ansicht der Verwaltung kosten, bei dem die Bürgerinnen und Bürger der Stadt am 19. April 2026 darüber entscheiden, ob sich Köln weiterhin um die Ausrichtung Olympischer und Paralympischer Spiele bemühen soll. Inzwischen als „Leading City“ und damit Namensgeberin der seit vielen Jahren schwelenden Rhein-Ruhr-Ambitionen.

Der Durchführung dieser Öffentlichkeitsbeteiligung und damit den entsprechenden Kosten hat der Stadtrat in seiner letzten Sitzung des Jahres am Dienstag, 16. Dezember, zugestimmt. Demnach übernimmt das Land NRW 85 Prozent des Betrages. Aus dem ohnehin klammen Kölner Haushalt ist somit ein Eigenteil von 373.000 Euro zu bestreiten.   

Und dann? Was wird Köln der Traum von Olympia im weiteren Bewerbungsverlauf kosten? Was, wenn der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) sich im kommenden Herbst für Köln und nicht für München, Berlin oder Hamburg entscheidet? Wie teuer wird es, sollte das Internationale Olympische Komitee (IOC) die Spiele 2036, 2040 oder 2044 tatsächlich an den Rhein geben? Kann die Stadt sich das überhaupt leisten? Und wird der Nutzen so groß sein, wie ihn Olympiabefürworter sich erhoffen? 

Kölnerinnen und Kölner sollen eine fundierte Entscheidung zur Olympiabewerbung treffen können

Fragen über Fragen, die schwer zu beantworten sind. Kölns Rechnungsprüfer weisen in ihrer Stellungnahme zum Ratsbürgerentscheid darauf hin, dass der Stadtrat in seinem ursprünglichen Olympia-Beschluss vom vergangenen April gefordert hat, dass transparent darzustellen sei, welche Chancen und Kosten durch Olympia auf die Stadt zukommen könnten.

Dazu zählen „erwartete Mehrwerte für die Gesellschaft sowie der volkswirtschaftliche Nutzen, die Kosten für die Durchführung der Spiele einschließlich Sicherheitsmaßnahmen städtischerseits, eventuelle Anteile an Bewerbungskosten, die Kosten für den Neu- und Umbau von Sportstätten und weiterer Infrastruktur, abzüglich Fördermittel“. Die Rechnungsprüfer betonen, dass eine entsprechende Übersicht zeitnah erstellt werden sollte, „sodass hinsichtlich der Olympischen und Paralympischen Spiele eine fundierte Entscheidung getroffen werden kann“. 

Welche Freude und Vielfalt, welche Begeisterung und was für großartigen Sport Olympia einer Stadt bescheren kann, hat die Ausgabe 2024 in Frankreichs Hauptstadt Paris gezeigt. Beim Beachvolleyball unter Eifelturm hat sich der Kölner natürlich ein entsprechendes Szenario im Schatten des Doms vorgestellt. Und wenn schon die Pariser so wunderbar weltoffen und gastfreundlich sein konnten, was wäre dann erst in Köln möglich?

Die Olympischen Spiele 2024 in Paris haben 6,6 Milliarden Euro gekostet – vorgesehen waren 2,44 Milliarden Euro

Aber: Olympia gibt es nicht ohne Beigeschmack. Schließlich ist es das Produkt eines durch und durch intransparenten und streng auf seine Vermarktungshoheit achtenden IOC, das am Ende immer der Gewinner ist. In so mancher Ausrichterstadt sind nach dem Abzug der Spiele große Finanzlöcher und im Nachgang überflüssige Bauten geblieben.

Auch die Pariser Bilanz war finanziell betrachtet nicht rundum zufriedenstellend: Der französische Rechnungshof bezifferte die Kosten für Olympia mit 6,6 Milliarden Euro – 3,02 Milliarden für die Organisation (davon 1,44 Milliarden für Sicherheit) und 3,63 Milliarden für Infrastruktur. 2023 hatte man noch mit Kosten von 2,44 Milliarden Euro gerechnet.  

Köln und die Region Rhein-Ruhr werben damit, auf besonders viele bestehende Sportstätten zurückgreifen und damit ein besonders nachhaltiger Olympia-Ausrichter sein zu können. Noch fehlen allerdings Herz und Lunge Olympischer Spiele – das Leichtathletik-Stadion und das Olympische Dorf.

Beides würde bei einem positiven Bescheid durch das IOC, von dem im Moment niemand genau zu wissen scheint, wann er kommen könnte, in Köln gebaut werden. In Kreuzfeld im Kölner Norden. 

Kreuzfeld wirkt wie der perfekte Ort für so ein Olympia-Projekt. Erst großer Sport, dann dringend benötigter Wohnraum. Aber: Die Pläne für den neuen Stadtteil sind schon weit fortgeschritten. Es liegen ein städtebaulicher Entwurf und eine technische Masterplanung vor.

Wenn nun zunächst ein Olympisches Dorf und ein Olympiastadion gebraucht würden, müssten die Pläne geändert werden. Und die Wohnungen würden möglicherweise später fertig als geplant. Die Linken-Fraktion im Kölner Stadtrat hat der Verwaltung zur Sitzung am Dienstag daher einige Fragen zu Kreuzfeld und Olympia vorgelegt.

Der neue Kölner Stadtteil Kreuzfeld soll nach bisherigen Planungen zwischen 2032 und 2040 entstehen

In ihren Antworten beziffert die Stadt die bisherigen Planungskosten für den neuen Stadtteil im Norden mit rund zwei Millionen Euro. Der Entwurf eines temporären Olympiastadions des Darmstädter Büros Planquadrat sei von der Staatskanzlei NRW beauftragt worden und bisher schematisch und standortunabhängig.

Erst „mit Verstetigung der Olympia-Planungen“ könnten „konkrete, qualifizierte und angepasste konzeptionelle Planungen“ angestoßen werden, heißt es in den Antworten der Verwaltung. Die Kreuzfeld-Planung sei „in sich konsistent und kann auch mit einer möglichen Ausarbeitung im Kontext von Olympia-Bedarfen fortgeführt werden“.   

Nach bisherigen Planungen, die sich bereits nach hinten verschoben haben, soll der neue Stadtteil Kreuzfeld zwischen 2032 und 2040 entstehen. Somit käme es wohl nur bei einer Ausrichtung Olympischer Spiele 2036 zu keiner nennenswerten Verzögerung.

Die Verwaltung gibt sich allerdings überzeugt, dass die Bewerbung für 2036/40/44 „einen Katalysator der Entwicklung“ darstellt, „allem voran zur Priorisierung, Finanzierung und Verbesserung der Leistungsfähigkeit übergeordneter infrastruktureller Bedarfe im Kölner Norden“.

Heißt: Die Stadt Köln glaubt, dass Olympia das Land NRW und die Deutschen Bahn zu mehr Tempo animieren würde. Sie sind verantwortlich für den Ausbau des Blumenbergswegs und der zu ertüchtigenden S-Bahn-Station Blumenberg.  

Olympia als Infrastruktur-Booster? Das Ringe-Event, das neue (oder modernisierte) Sportstätten, Straßen und Schienen bringt? Das ist ein vielfach vorgetragenes Argument von Befürwortern des Sport-Spektakels. Oliver Holtemöller vom Leibniz-Institut für Wirtschaftsforschung Halle (IWH) hatte zuletzt im Gespräch mit dem „Kölner Stadt-Anzeiger“ gesagt: „Olympia ist kein Instrument der Wirtschaftsförderung. Da gibt es 1000 Instrumente, die besser sind.“ Man wisse aus der Analyse vorheriger Olympischer Spiele, „dass die Kosten im Vorfeld in der Regel dramatisch unterschätzt werden“.