Schimmel und keine HeizungMieter in Chorweiler protestieren gegen Wohnungsgesellschaft

Lesezeit 4 Minuten
Michaela Zingen schilderte als Betroffene ihre Erfahrungen.

Mieterin Michaela Zingen schildert auf dem Pariser Platz ihre Erfahrungen.

In Chorweiler und Seeberg häufen sich Klagen über die vom Unternehmen ZBVV betriebenen Mietshäuser.  Mieter trafen sich nun zum gemeinsamen Protest.

Bereits zu Beginn des Jahres hatten sich die Mitarbeitenden der Mieterkontaktstelle Chorweiler an die Öffentlichkeit gewandt, um auf die unhaltbaren Zustände in Wohnungen in Chorweiler und Seeberg aufmerksam zu machen. Diese gehören dem Unternehmen Zentral Boden Vermietung und Verwaltung GmbH (ZBVV). Nun neigt sich das Jahr dem Ende zu, aber: „Es hat sich nichts verändert“, sagt Julia Ecker, Leiterin des Büros für Gemeinwesenarbeit Chorweiler, das die Mieterkontaktstelle unterhält. „Es liegen die gleichen Probleme vor wie vor einem Jahr: Heizungen fallen aus, Warm- und Kaltwasser fällt aus, Wohnungen sind feucht, Schäden werden erst nach Wochen oder Monaten halbherzig behoben. Es bleibt Flickschusterei.“

Darum hatten sie und ihre Mitarbeitenden gemeinsam mit den betroffenen Mietern nun eine Protestaktion auf dem Pariser Platz organisiert: Exakt fünf Minuten vor 12 Uhr hatten sich dort gut 50 Personen versammelt, um mit Trillerpfeifen auf ihre Situation aufmerksam zu machen.

Die Wohnung von Familie Omari ist stark von Schimmel befallen.

Die Wohnung von Familie Omari ist stark von Schimmel befallen.

„Wir haben Advent, alles ist beschaulich, aber Schimmel ist es nicht“, sagte Michael Oschmann, Diakon der katholischen Kirchengemeinde Chorweiler, zu der das Büro für Gemeinwesenarbeit gehört. „Wir wollen daher unserem Ärger Luft machen.“ Die betroffenen Mieter waren anschließend eingeladen, der Vermietergesellschaft Postkarten mit ihren Beschwerden zu schreiben – vor dem Pavillon der Mieterkontaktstelle bildete sich eine lange Schlange.

Bei Starkregen läuft Wasser vom Balkon ins Schlafzimmer

Viele Betroffene berichteten von ihren Erfahrungen, so etwa Michaela Zingen. Seit 27 Jahren bewohnt sie ein Mietshaus in Seeberg. „Mein Schlafzimmer liegt unter der Terrasse der Wohnung über mir. Wenn es regnet, läuft bei mir das Wasser die Wand herunter. Bei jedem Starkregen kriege ich es mit der Angst zu tun“, sagt sie. Steht sie nachts noch einmal auf, tritt sie auch schon mal in eine Pfütze auf dem Teppichboden. Ihre Nachbarin Vanessa Steffens kann ihre Wut kaum zügeln: „Bis gestern habe ich acht Tage lang keine Heizung gehabt. Es ist jedes Jahr das gleiche: Von Oktober an bis März haben wir immer wieder Heizungsausfälle, immer wieder kein warmes Wasser. Es passiert einfach nichts.“

Natascha Gaschina, die bei der Mieterkontaktstelle Ansprechpartnerin für die russischsprachige Gemeinschaft ist, zählt ebenfalls Haarsträubendes auf. „Die Leute erzählen mir, dass nichts funktioniert: nicht die Heizung, nicht die Sprechanlage, nicht die Türklingel. Sie melden die Schäden, dann kommt jemand ohne Werkzeug, macht ein Foto und geht wieder – die Reparatur erfolgt dann Wochen bis Monate später.“

Die Vernachlässigung ist den betroffenen Häusern oft auch von außen anzusehen.

Die Vernachlässigung ist den Häusern auch von außen anzusehen.

Für die Mieter ist die ZBVV kaum zu erreichen. Eine Sprechstunde vor Ort gibt es nicht, für die Meldung von Schäden ist ein Callcenter als Subunternehmer zuständig. „Wir als Mieterkontaktstelle stehen zwar mit der Standortleitung in Kontakt“, sagt Ecker, „aber dahinter steht ein riesiger Konzern. Eigentümer ist ein Fond der Union Investment Bank, der Hauptsitz ist in Luxemburg. Es ist extrem schwierig, jemanden zu fassen zu bekommen, der wirklich Verantwortung trägt.“ Viele betroffene Mieter müssen obendrein für ihre Abbruchbuden tief in die Tasche greifen, wie Michaela Zingen sagt: „Viele Wohnungen sind seit einigen Jahren keine Sozialwohnungen mehr. Wir zahlen hohe Mieten, die die Wohnungen einfach nicht wert sind.“

So auch Faridullah Omari, der mit seiner fünfköpfigen Familie eine Wohnung im elften Stock eines Hochhauses in der Osloer Straße in Chorweiler bewohnt: Für die fünf Räume, an deren Wänden Schimmel blüht, deren Tapeten sich aufgrund von Feuchtigkeit lösen und deren Fenster undicht sind, zahlt er 1400 Euro Miete. „Und dann bekommen wir noch regelmäßig Nebenkostenabrechnungen von 500, 700 Euro. Für eine Heizung, die nicht funktioniert“, sagt er. Für die Betroffenen ist das Maß nun jedenfalls voll. „Wir haben ein Recht darauf, in trockenen und warmen Wohnungen zu leben“, sagt Zingen, „wir fordern eine Grundsanierung.“

Bei größeren Schäden in den Wohnungen könne es in Einzelfällen zu Verzögerungen kommen, da hier externe Instanzen wie Gutachter, Versicherungen etc. mit einbezogen werden müssten, teilte ein ZBVV-Sprecher zuletzt auf Anfrage mit. „Wir können versichern, dass jede Schadensmeldung registriert und auch der jeweilige Status der Bearbeitung dokumentiert wird.“

KStA abonnieren